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Das Glueck einer einzigen Nacht

Das Glueck einer einzigen Nacht

Titel: Das Glueck einer einzigen Nacht
Autoren: Eileen Bryan
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großartige Naturschauspiel machte ihr wieder einmal klar, wie unwichtig doch im Grunde genommen sie und ihre Probleme waren. Seufzend versuchte sie, ihre trüben Gedanken zu verscheuchen.
    Dieses Tal war ihr Zuhause, der feste Bezugspunkt, den sie im Moment mehr denn je brauchte. Obwohl ihre Erinnerung von traurigen Ereignissen überschattet wurde, gab es jedoch auch eine ganze Reihe Dinge, an die sie gern zurückdachte.
    Da war zum Beispiel das Land selbst mit seinen endlosen grünen Hügelketten, den braunen Äckern und den satten Wiesen seiner Täler. Da war der Wind, der ihr durch die roten Haare fuhr, und da war vor allen Dingen Grandma Logan. Wie sehr hatte sie sich all die Jahre nach ihrer Großmutter gesehnt.
    Während sie sich streckte, schaute sie in die Richtung, in der sie Grandma und Danny vermutete. Nicht allzuweit vom Haus entfernt gab es einige Stellen, wo wilde Brombeeren wuchsen. Dorthin gingen die beiden immer.
    Ein Lächeln spielte um ihren vollen Mund, ein zärtliches Lächeln, das sie denen schenkte, die sie liebte. Zum Beispiel Danny und Grandma. Sie wußte, daß Grandma ihrem Urenkel die gleichen Märchen erzählte, denen Barbara als Kind schon so aufmerksam lauschte. Ihr Lächeln vertiefte sich, Danny glich ihr so sehr. Sie wußte, daß für ihn diese Sommertage, die er jetzt als Kind mit seiner Urgroßmutter hier in den Bergen verbringen durfte, unvergeßlich bleiben würden.

    Grandma konnte ihre Kraft, ihre Lebensweisheit an ihn weitergeben. Werte, von denen Danny ein Leben lang würde zehren können.
    Barbara stellte einen Fuß auf das Terrassengeländer, legte die Arme um das angezogene Knie und lehnte sich an den Pfeiler aus rauhem Zedernholz zurück.
    Danny! Wie sehr sie ihr Kind liebte. Es war ja schon fast eine Sünde, wenn eine Mutter ihren Sohn dermaßen anbetete. Die Liebe zu ihm ließ kaum Raum für andere Gefühle. Jess hatte sie verstanden, so wie er immer für alles Verständnis gehabt hatte. Sie vermißte ihn schrecklich, seine Gesellschaft, seine Kraft und Stärke fehlten ihr. Mit der Zeit war aus ihrer Zuneigung zu ihm Liebe geworden, eine stille, wohltuende Liebe. Wie oft wünschte sie sich, sie hätte mit ihm über ihre Gefühle, ihre wachsende Zuneigung gesprochen. Dennoch war sie sicher, daß Jess ihre Liebe bis zuletzt spürte, er glücklich war.
    Die Sirene drüben im Bergwerk kündigte den Feierabend an. Ihr schriller Ton durchzuckte Barbara ebenso schmerzlich wie die Erinnerung an Marvin Farrett, die sie nachts so oft quälte, wenn sie allein in ihrem Bett lag. Als Jess noch lebte, war es ihr gelungen, die Gedanken an die Vergangenheit zu verdrängen. Sie wollte nicht zulassen, daß Marvin sich zwischen sie und Jess schob. Natürlich hatte Jess von Marvins Existenz gewußt, Barbara hatte ihm nichts verschwiegen.
    Von Anfang an hatte in ihrer Ehe Offenheit geherrscht. Auf Ehrlichkeit und gegenseitigem Vertrauen hatten sie ihre Verbindung aufgebaut und damit eine Beziehung geschaffen, die nichts und niemand zerstören konnte.
    Unwillkürlich schweifte ihr Blick zu der fernen Anhöhe, auf der das Haus der Farretts stand. Ein wehmütiger Ausdruck lag in ihren Augen. Impulsiv stand sie auf und schlang einen Arm um den hölzernen Terrassenpfosten, während ihre Gedanken zurückwanderten zu jenen Tagen, da die Beziehung zwischen ihr und Marvin Farrett ganz anders ausgesehen hatte. Es war eine kurze, aber unvergeßliche Zeit gewesen. Sie hatten sich leidenschaftlich geliebt, ohne dabei an die Konsequenzen zu denken. Ihre Gefühle waren natürlich und rein gewesen, so wie der Abendwind der Berge, der über ihre Haut strich, so wie die fruchtbare Erde dieses Landes. Aber dann waren sie sich mit einem Schlag der Wirklichkeit bewußt geworden. Marvin hatte sich zurückgezogen, ihre Liebe fand ein verhängnisvolles Ende.
    Doch Barbara hatte im Laufe der Jahre eingesehen, wie sinnlos es war, über Vergangenes nachzugrübeln. Damit erneuerte sie nur immer wieder den Schmerz über den Verlust ihrer Liebe, änderte jedoch nichts an ihrer jetzigen Situation.
    Aus dem attraktiven Jüngling, den sie in jenem Frühjahr angebetet hatte, war ein rachsüchtiger Mann geworden, der über die Jahre hinweg seinen ungerechten Haß genährt hatte und nur danach trachtete, sie zu bestrafen. Es war derselbe Mann, mit dem sie jetzt in Geschäftsverbindung treten wollte und der vielleicht –
    so hoffte sie tief im Innern ihres Herzens – seine Anschuldigung zurücknehmen würde. Nur dann könnte
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