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Das Gesamtwerk

Das Gesamtwerk

Titel: Das Gesamtwerk
Autoren: Wolfgang Borchert
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kurzlebig, erschienen auf dem Markt. Neue Verlage wurden gegründet und verschwanden wieder; alte Verlagshäuser kehrten zurück. An dem neu erwachenden literarischen Leben konnte Borchert nicht teilnehmen, dies ließ sein Gesundheitszustand nicht zu. Selbst von einem ihm gewidmeten Abend bei einer Dichterwoche im Juni 1947 musste er sich berichten lassen. Verleger Richard Hermes schrieb vom Erfolg der Veranstaltung und der Abschlussfeier, bei der der Senat den Teilnehmern «ein markenfreies Abendessen, das aus Erbssuppe, Cognac und Rotwein bestand», spendierte. Als es dann noch eine gute Zigarre gab, sei die Stimmung sehr animiert gewesen.
    Im Hause Borchert dagegen laborierten die Ärzte ratlosan dem Schwerkranken und wussten zumindest, dass der Patient hochwertige Kost brauchte, «also Schokolade, Feigen u. andere Südfrüchte, reines Fett, Zucker, Nüsse – kurz, alles das, was es hier nicht gibt», teilte Borchert mit. Einem schwedischen Freund schrieb er, hier gebe es für ihn keine Heilungsmöglichkeiten. «Sie können sich denken, daß man in Deutschland
heute
nicht gesund werden kann.» Die katastrophal schlechte Versorgung mit Lebensmitteln, die unhaltbare Situation in der feuchten, kalten Wohnung: Gemeinsam bemühten sich Borcherts Freunde, den bettlägerigen Dichter aus dem Hamburger Nachkriegselend herauszuholen und zur Genesung in die Schweiz zu schicken. Da die Grenzen noch geschlossen waren, gab es zahlreiche, bürokratische wie finanzielle, Hindernisse zu überwinden. Deutsches Geld durfte nicht in die Schweiz transferiert werden, man war also auf die Hilfe der dort ansässigen Verleger Emil Oprecht und Henry Goverts angewiesen. Die Aktion wäre fast gescheitert: Nachdem deutlich wurde, wie schwer krank Borchert in Wahrheit war und dass kein einfacher Erholungsaufenthalt ausreichen würde, machte Goverts einen Rückzieher und schlug den Schwarzwald als Alternative vor. Die Vorbereitungen liefen seit Monaten, das Visum für die Schweiz sowie die Genehmigungen für die Fahrt durch die verschiedenen Besatzungszonen lagen vor. Ernst Rowohlt blies die Reise nicht ab, er überrumpelte Goverts, indem er den Kranken in die Bahn setzte und sich nachträglich entschuldigte: Unmöglich hätte er Borchert diese Enttäuschung bereiten können. Gleich hinter der Grenze musste der Schwerkranke sofort ins Spital eingeliefert werden: Eine Weiterreise wie geplant war unmöglich, Borchert war nicht transportfähig.
    In Basel übermannte ihn die Verzweiflung: Sein Zustand verschlechterte sich, neue literarische Texte entstandennicht, nur ein eindrucksvoller Appell, geschrieben als Prolog zu einem Hörspiel von Axel Eggebrecht, der als Vermächtnis des Autors gilt: «Dann gibt es nur eins: Sag nein!» Mit Lektoratsarbeiten für Goverts versuchte Borchert, seinen Teil zu den Spitalkosten beizutragen. Er wusste, dass «Draußen vor der Tür» von den Hamburger Kammerspielen zur Uraufführung angenommen wurde, und kommentierte sarkastisch: «Die Premiere meines Stückes ist am Totensonntag im November – das paßt sehr schön. Liebeneiner, inzwischen entbräunt, bringt es.» Dass mehrere namhafte Theater es nachspielen würden, stand ebenfalls bereits fest. Zur Realisierung auf der Bühne äußerte sich der Autor nur einmal (in einem Brief an Jolles): Das Stück müsse «ohne Pause durchgespielt werden. Den schnellen Szenenwechsel, der Beckmann immer plötzlich allein auf der Straße stehen läßt, den kann man durch Licht und Schattenwirkung sehr gut herausholen. Natürlich darf es kein Bühnenbild geben und es dürfen immer nur die jeweiligen Möbel auf der Bühne stehen.» Einen Tag vor der Uraufführung, am 20. November um 9.00 Uhr morgens, starb Wolfgang Borchert im St. Clara-Spital zu Basel.
    «Selten hat ein Theaterstück die Zuschauer so erschüttert wie Wolfgang Borcherts ‹Draußen vor der Tür›», berichtete «Der Spiegel» von der Uraufführung, in der Hans Quest Beckmann spielte. «Die Wirklichkeit dieser Rollengestaltung, der Dichtung, der Aufführung ist unerbittlich nackt. Das Publikum verläßt stumm den Zuschauerraum.» Das Stück blieb monatelang auf dem Spielplan. Im darauffolgenden Jahr folgten über 30 Inszenierungen an deutschen Bühnen, zunächst lediglich in den Westzonen. Zu den ersten ausländischen Premieren gehörte Erwin Piscators Inszenierung von «Outside the Door» im Februar 1949 in New York. Die Theaterkritik beurteilte das Stück durchausnicht uneingeschränkt positiv. Anlässlich
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