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Das Geheimnis von Winterset

Das Geheimnis von Winterset

Titel: Das Geheimnis von Winterset
Autoren: Candace Camp
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Regeln des Anstands nicht mehr erlaubten, aber diese Momente in seinen Armen waren der Himmel auf Erden. Nie würde sie sein Gesicht vergessen, während er sie lächelnd angeblickt hatte - seine grauen Augen, die ganz sanft und zärtlich wurden, wenn er sie ansah, die dunklen Brauen, die sich darüber wölbten, und die markanten Züge seines Gesichts, die ihr so vertraut und lieb geworden waren, als hätte sie ihn schon ihr ganzes Leben gekannt und nicht erst seit einem Monat. Die Musik, die anderen Gäste, selbst die Worte, die sie und Reed gewechselt hatten, waren an diesem Abend weniger von Bedeutung gewesen, als vielmehr seinen Arm um ihre Taille zu spüren und ihre Hand in die seine zu legen.
    Später, nach dem Mitternachtsessen, war er mit ihr auf die Terrasse gegangen, wo sie den neugierigen Blicken der anderen entkommen konnten. Sie schlenderten die Steintreppe hinunter in den Garten. Obwohl der Abend recht kühl war, empfanden sie die frische Luft nach der Hitze des Ballsaals als wohltuend. Während sie durch den Garten spazierten, hielt Reed ihre Hand, und Anna spürte, wie ihr das Herz bis zum Halse schlug. Schließlich blieb er stehen und wandte sich ihr zu, und Anna hatte zu ihm aufgeblickt und genau gewusst, was nun geschehen würde, und auch, dass sie es von ganzem Herzen wollte.
    Sobald er sich zu ihr beugte und sie küsste, meinte sie, dass etwas in ihr bersten würde. Verlangen und Sehnsucht, eine ungeahnte, wilde Freude, die sie nie zuvor empfunden hatte, stürmten auf sie ein. Sie hatte sich an ihn geschmiegt, und außer Reed und dem Vergnügen, das seine Lippen ihr bereiteten, schien nichts mehr zu existieren.
    In diesem Moment war ihr bewusst geworden, dass sie den Mann gefunden hatte, der wie für sie geschaffen war, und dass ihre Liebe ein Leben lang andauern würde.
    Auch jetzt musste sie sich nur jenen Abend in Erinnerung rufen und spürte sofort, wie ein scharfer Schmerz ihr so gewaltig durch die Brust fuhr, dass sie fast keuchend nach Atem gerungen hätte. Anna schloss kurz die Augen und versuchte, den qualvollen Erinnerungen Einhalt zu gebieten, die auf sie einstürmten. Nichts war ihr in ihrem Leben so schwergefallen, wie Reed Moreland aufzugeben. Sie hatte drei lange Jahre gebraucht, um an einen Punkt zu gelangen, an dem sie wieder ... nun, nicht unbedingt glücklich, aber doch zumindest zufrieden mit ihrem Leben war.
    Es kam ihr wie eine grausame Ironie des Schicksals vor, dass Reed ausgerechnet jetzt beschlossen hatte, hierher zurückzukehren. Sie wagte kaum daran zu denken, was geschehen würde, wenn sie ihn wiedersehen sollte. Würde sein bloßer Anblick ihren mühsam errungenen inneren Frieden mit einem Schlag zunichte machen?
    Anna fing an zu zittern und ballte entschlossen die Fäuste, um ihre Aufgewühltheit in den Griff zu bekommen. Sie musste von hier fort, denn sie wollte allein sein, um in Ruhe über alles nachdenken zu können und sich keine Sorgen darüber machen zu müssen, was die anderen wohl dachten. Hoffentlich war sie lange genug geblieben, um ihren Aufbruch nicht unhöflich erscheinen zu lassen! Trotz dieser Bedenken nutzte sie die erste Gesprächspause, um zu sagen, dass sie jetzt nach Hause müsse, um Kit von den Neuigkeiten zu berichten.
    Zunächst lenkte sie ihr Pferd in die Richtung, die nach Hol-comb Manor führte, doch dann schlug sie den Weg ein, der nach links abzweigte und auf dem man nach Winterset gelangte. Sie fuhr die lange Auffahrt hinauf, die zu beiden Seiten von alten Lindenbäumen gesäumt war. Die Zügel entglitten mehr und mehr ihren Fingern, und das Pferd fiel in einen langsamen Schritt. Zwischen den Bäumen taten sich immer wieder Lücken auf, weil einige der Linden im Laufe der Jahre abgestorben waren und gefällt werden mussten. Dafür wuchsen die Sträucher am Wegesrand umso wilder und überwucherten fast schon die Auffahrt. Trotz der Spuren der Verwahrlosung war Anna alles noch so vertraut, dass ihr ganz beklommen ums Herz wurde. Das Anwesen von Winterset grenzte an die Ländereien von Holcomb Manor, und doch war sie diesen Weg seit nunmehr drei Jahren nicht mehr entlanggefahren.
    Am Ende der Lindenallee erstreckte sich eine weitläufige Rasenfläche, die zum Haus hinaufführte. Wie ein kostbares Juwel in seiner Fassung lag Winterset auf einer leichten Anhöhe. Die Zufahrt führte in einer sanft geschwungenen Kurve bis zu dem auf eine niedrige Steinmauer aufgesetzten schmiedeeisernen Zaun, der das Anwesen umschloss.
    In der Mitte der Mauer
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