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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford
Autoren: Agatha Christie
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zu halten», sagte Burnaby unwirsch. «Er redet zu viel… Wie das Wetter wohl wird?»
    Seine Verlegenheit ignorierend, folgte Violet ihm zum Fenster, zog den Vorhang beiseite und blickte mit ihm gemeinsam auf das trostlose Bild.
    «Es kommt noch mehr Schnee!», meinte der Major. «Und das Gestöber ist meines Erachtens noch dichter geworden.»
    «Herrlich, herrlich!» jubelte Violet Willett. «Schnee ist so romantisch. Ich sehe ihn überhaupt zum ersten Mal.»
    «Es ist durchaus nicht romantisch, wenn die Rohre einfrieren, du Kindskopf», ließ Mrs Willett sich vernehmen.
    «Haben Sie Ihr ganzes bisheriges Leben in Südafrika zugebracht, Miss Willett?»
    Es schien, als dämpfe diese Frage Violets Freude, und beinahe gezwungen klang die Antwort.
    «Ja… das ganze Leben. Noch nie war ich fort. Es ist alles schrecklich aufregend.»
    Aufregend, in einem entlegenen Moordörfchen zu sitzen? Komische Vorstellung! Es war schwierig, aus diesen Leuten klug zu werden…
    Die Tür öffnete sich, und das Hausmädchen meldete: «Mr Rycroft und Mr Garfield.»
    Ein älterer, etwas altmodisch gekleideter Herr trat ins Zimmer, und hinter ihm kam ein frischer junger Mann herein. Letzterer sprach zuerst.
    «Ich habe ihn mitgeschleift, Mrs Willett, habe ihm geschworen, dass ich ihn nicht in den Schneemassen stecken lassen würde! Ha, Ha! Wundervoll hier… diese prächtigen Klötze im Kamin!»
    «Ja, mein junger Freund hatte die Güte, mich ungefährdet hierher zu geleiten», sagte Mr Rycroft, als er ein wenig feierlich den Damen die Hand schüttelte. «Wie geht es Ihnen, Miss Violet? Ein sehr zur Jahreszeit passendes Wetter, wie? Beinahe allzu passend, fürchte ich.»
    Während er sich neben Mrs Willett am Kamin niederließ, nahm Ronald Garfield gleich das junge Mädchen in Beschlag. «Können wir denn nicht irgendwo Schlittschuh laufen? Gibt’s keine Teiche hier in der Nähe?»
    «Ich fürchte, Schneeschaufeln wird unser einziger Sport bleiben.»
    «Na, dem habe ich mich schon den ganzen Vormittag gewidmet!»
    «Tüchtig, tüchtig!»
    «Lachen Sie nicht! Ich habe beide Hände voll Blasen.»
    «Wie fühlt sich Ihre Tante heute?»
    «Oh, immer dasselbe. Mal behauptet sie, es sei besser, dann wieder, es sei schlimmer. Ich habe ein grässliches Leben. Jedes Jahr überlege ich, ob ich mich nicht drücken soll. Aber wenn man sich zu Weihnachten nicht bei der alten Jungfer einstellt, ist sie fähig, ihr Geld einem Katzenheim zu vermachen. Fünf dieser Biester laufen jetzt schon bei ihr herum, und ich streichle ihnen das Fell und heuchle Entzücken.»
    «Ich mag Hunde lieber als Katzen.»
    «Ich auch. Überhaupt gar nicht zu vergleichen. Ein Hund ist… ja, wie soll ich sagen? Nun, eben ein Hund.»
    «Mr Duke», meldete das Hausmädchen.
    Der große, breitschultrige, sehr ruhige Mr Duke hatte das Letzte der sechs Häuschen gekauft, und zwar erst im September. Er widmete seine ganze Zeit der Pflege seines Gartens. Mr Rycroft, sein nächster Nachbar, dessen Interesse den Vögeln galt, war sehr von ihm eingenommen und ließ sich darin auch nicht beirren, als besonders Vorsichtige raunten, dass Mr Duke zwar ein recht netter Mann sei, bescheiden, aber… aber was wusste man schließlich von ihm?
    Und doch wagte niemand, ihn zu fragen – weil man es ratsamer fand, nichts Genaueres zu wissen.
    «Gehen Sie heute nicht nach Exhampton?», wandte Mr Duke sich an den Major.
    «Nein. Trevelyan wird mich bei dem Wetter wohl auch nicht erwarten.»
    «Grauenhaft», sagte Mrs Willett mit einem Schaudern. «Hier Jahr für Jahr begraben zu sein – nicht auszudenken!»
    Mr Duke streifte sie mit einem raschen Blick, und auch Major Burnaby starrte sie neugierig an.
    Aber in diesem Augenblick wurde der Tee hereingebracht.

2
     
    N ach dem Tee schlug Mrs Willett eine Partie Bridge vor.
    «Wir sind zwar sechs. Aber zwei können ja abwechselnd zuschauen.»
    Ronalds Augen strahlten.
    «Miss Willett und ich werden zuschauen», meinte er.
    Aber Mr Duke erklärte, dass er nicht Bridge spielen könne.
    «Wie wäre es dann mit einem Gesellschaftsspiel?»
    «Oder Tischrücken», schlug Ronald Garfield vor. «Heute ist gerade der richtige Abend dafür, stürmisch und unheimlich. Als Mr Rycroft und ich hierherkamen, unterhielten wir uns zufällig über solche Dinge.»
    «Ich bin Mitglied der Society of Psychical Research», erklärte Mr Rycroft in seiner pedantischen Art, «und vermochte daher die Ansichten meines jungen Freundes in ein oder zwei Punkten zu
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