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Das Geheimnis von Melody House

Das Geheimnis von Melody House

Titel: Das Geheimnis von Melody House
Autoren: Heather Graham
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ebenfalls aus der Spur kam, klammerte sie sich verzweifelt an ihrem Sitz fest. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Hunter neben ihnen versuchte, sich des Steuers zu bemächtigen.
    Gleich darauf geriet alles außer Kontrolle. Der Chevy beschleunigte rasant, kam von der Fahrbahn ab, raste kurz darauf wieder auf die Straße, drehte sich einmal um die eigene Achse, überschlug sich dann und blieb fünfzig Meter vor dem Volvo auf dem Dach liegen. Josh trat mehrmals hintereinander hart auf die Bremse, aber auch dadurch ließ sich nicht mehr verhindern, dass sie mit voller Wucht in den Unfallwagen fuhren.
    Bevor sich der Airbag in ihr Gesicht drückte, fühlte sich Darcy für einen Moment schwerelos. Eine Sekunde später verspürte sie den härtesten Stoß ihres Lebens. Sterne tänzelten in einem Bett aus schwarzen Samt vor ihren Augen, die einer nach dem anderen erloschen. Was blieb, war rabenschwarze Finsternis.
    Asche zu Asche.
    Staub zu Staub.
    Darcy nahm mit Blutergüssen und Schürfwunden an Joshs Beerdigung teil. Dass sie noch am Leben war, verdankte sie nach Meinung der Ärzte allein dem funktionierenden Sicherheitssystem des Volvo.
    Mike sollte in zwei Tagen beerdigt werden, während Hunter wie durch ein Wunder ebenfalls überlebt hatte. Darcy, die von ihren Eltern gestützt neben Joshs Grab stand, fand es seltsam, Hunter unter diesen Umständen überhaupt ansehen zu können, aber vielleicht stand sie ja noch unter Schock und hatte noch nicht wirklich begriffen, was passiert war. Im Grunde fand Darcy es sogar ziemlich mutig von ihm, zu dem Begräbnis zu kommen und haltlos zu weinen.
    Der Unfall hatte die ganze Schule in Aufruhr versetzt, besonders aber diejenigen, die Josh jahrelang gehänselt hatten. Wenn Josh das wüsste, würde er sich am Ende noch darüber amüsieren, überlegte sie. Auf den einst so gehässigen Gesichtern spiegelte sich jetzt nur Entsetzen und Trauer. Diejenigen, die sich für unverwundbar gehalten hatten, mussten erkennen, dass es auf nichts eine Gewähr gab im Leben und der Tod jederzeit zuschlagen konnte. Wer denkt auch schon an ein tragisches Ende, wenn man doch bloß einem Dummkopf einen Streich spielen will?
    Joshs Vater, groß und ernst, beugte sich zu dem Sarg hinunter, um ihn zärtlich zu küssen und eine Blume darauf zu legen. Seine Trauer schien so allumfassend zu sein, dass er nicht einmal weinen konnte. Ungeachtet dessen kam er auf Darcy zu, nachdem die letzten Worte des Priesters verhallt waren. Er bemühte sich um ein tröstliches Lächeln, fast so, als ob ihr Schmerz ebenso tief wäre wie sein eigener, und ergriff ihre Hand. Sie ließ sich von ihm zu dem Sarg führen, wo er ihr eine Blume reichte, die sie behutsam auf den Deckel legte.
    Es war ein seltsamer Moment. Die Trauergäste hatten sich bereits angeschickt, Joshs Vater ihr Beileid auszusprechen. Doch als sie sahen, wie die beiden in ihrer eigenen kleinen Welt verharrten, hielten auch sie inne und überließen das Mädchen und den Vater ihrer stummen Andacht.
    Minutenlang standen die beiden reglos da. In der tiefen Stille hörte sich das fröhliche Zwitschern eines Vogels, der sich in einen fast unwirklich blauen Himmel emporschwang, regelrecht laut an. Als Darcy schließlich das Wort ergriff, war ihre Stimme brüchig und zitterte, aber sie schaffte es, das zu sagen, was sie sagen wollte. “Es tut mir unendlich Leid. Ich … fühle mich für seinen Tod verantwortlich, obwohl ich weiß, dass Ihnen das nicht hilft. Er war mein bester und treuester Freund, er war immer für mich da und, oh Gott, ich weiß gar nicht, wie … ich …”
    “Bitte, Darcy”, sagte Joshs Vater leise. “Sie trifft keine Schuld. Sie waren ihm eine ebenso gute und treue Freundin und haben sich nichts vorzuwerfen. Ich weiß, dass er Sie geliebt hat, wenn auch nur platonisch, und er wusste, dass Sie diese Liebe auf dieselbe Art erwidern. Sie waren etwas Besonderes für ihn. Etwas ganz Besonderes.”
    Sie schaute zu dem alten Mann auf, der trotz seines Kummers so freundlich zu ihr war, und lächelte ihn mit tränenverschleiertem Blick an. “Bitte, versuchen Sie nicht, mich zu trösten. Sie haben gerade Ihr einziges Kind verloren.”
    Er sah ihr lange in die Augen. “Ich wusste immer, dass es früher oder später passieren würde”, erwiderte er schließlich ruhig. “Und dennoch, was für ein sensibler, intelligenter Junge! Ich werde ihn immer lieben. Vergessen Sie nie, dass diejenigen, die wir lieben, für immer in unserem Herzen sind. Sie werden
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