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Das Geheimnis von Digmore Park

Das Geheimnis von Digmore Park

Titel: Das Geheimnis von Digmore Park
Autoren: Sophia Farago
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Ehrenzeichen heimgekehrt. Er war der beste Herr, den er sich je hätte vorstellen können. Und hier wusste Charlie Bescheid. Er war schon in Diensten anderer Männer gestanden, die keinen Deut gaben auf das Wohlbefinden ihrer Dienerschaft. Major Dewary war anders. Er war anständig, man konnte sich stets auf ihn verlassen, und der Lohn war ebenso großzügig bemessen, wie er pünktlich ausgezahlt wurde. Und dieser Mann sollte ein Verbrechen begangen haben? Das war ausgeschlossen! Natürlich musste ein Irrtum vorliegen. Die Frage war nur, ob Major Dewary genügend Zeit blieb, um diesen Irrtum aufzuklären, oder würden ihm seine Widersacher den Strick drehen, bevor er seine Unschuld beweisen konnte?
    Er schob den Teller beiseite und begann die Uniform ordentlich zusammenzulegen, wie er es in den letzten zwei Jahren tagaus, tagein getan hatte. Und wie er es in Zukunft nicht mehr tun würde, denn sein Herr hatte den Militärdienst quittiert. Noch immer schweigend blickte er zu Major Dewary hinüber. Er ahnte, dass dessen Gedanken den seinen glichen.

    Als sie schließlich zu Bett gingen, konnten sie trotz der bleiernen Müdigkeit nicht sofort einschlafen. Major Dewarys Gedanken kreisten immer wieder um einen Tag. Um jenen sonnigen 3. Juni 1812, als Andrew McPherson kreidebleich vor ihm gestanden hatte, um ihm die schreckliche, schier unglaubliche Nachricht zu verkünden. Obwohl seither mehrere Wochen vergangen waren, sah er die Szene noch in allen Einzelheiten vor sich. Er war soeben von einer Inspektion der Truppen zurückgekommen, die im spanischen Salamanca ihr Lager aufgeschlagen hatten. Er hatte das Pferd dem Stallburschen übergeben und war auf dem Weg zu seinem Zelt gewesen, um sich zu erfrischen, als ihm Andrew mit großen Schritten entgegenkam, ein gefaltetes Blatt Papier in seiner Rechten. Das sonst so fröhliche Gesicht war todernst, seine Hände zitterten, als er ihm zuraunte: „Du musst von hier verschwinden, Freddy, auf der Stelle!“
    Seinem Freund war es sichtlich schwergefallen, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. Es schien fast, als hätte er ihm diese Worte am liebsten entgegengeschrien. Frederick Dewary hatte ihn nicht ernst genommen.
    „Was ist denn mit dir passiert? Welchem hübschen Mädchen habe ich schöne Augen gemacht, dessen Gunst du für dich beanspruchen wolltest?“
    Natürlich war das ein Scherz gewesen. Frederick Dewary lag nichts ferner, als einem Mädchen schöne Augen zu machen. Er war hier, um mit seiner Truppe Siege für König und Vaterland zu erringen. Wenn er an ein schönes Mädchen denken wollte, dann dachte er an Vivian, die junge Dame, mit der er verlobt war.
    Doch Andrew war nicht zum Scherzen aufgelegt. „Es ist etwas Schreckliches geschehen, Freddy. Auch wenn ich wollte, es wäre anders, meine Worte sind bitterer Ernst. Lies selbst. Dieser Brief meines Vaters hat mich heute Morgen erreicht, und ich warte nun schon seit zweieinhalb Stunden voller Ungeduld auf deine Rückkehr.“
    Frederick hatte sich das Blatt Papier geschnappt, und je mehr er las, desto ungläubiger weiteten sich seine Augen.
    „Lieber Sohn“, stand da geschrieben, „wie ich dir in meinem letzten Brief angekündigt habe, habe ich nun auch deinem Cousin George das Offizierspatent besorgt, um das er mich gebeten hatte. Um den jungen Heißsporn unter Kontrolle zu halten, habe ich jedoch zur Bedingung gemacht, dass er in deinem Regiment, unter deinem Kommando dient. Fast möchte ich es eine göttliche Fügung nennen, dass er gerade jetzt zu dir nach Spanien reist, denn es gibt mir die Möglichkeit, ihm diesen Brief für dich mitzugeben. Etwas Schreckliches ist geschehen, mein Sohn, und ich sehe es als meine dringlichste Pflicht an, dich davon in Kenntnis zu setzen. Ich weiß, dass du mit Major Dewary eng befreundet bist. Doch wie mich der Friedensrichter Lord Streighton, ein Mann, den ich, wie du weißt, meinen Freund nennen darf, heute Morgen unterrichtete, hat Major Dewary ein schreckliches Verbrechen begangen. Der Friedensrichter ist bekanntlich ein verschlossener Mann, und so waren keine näheren Einzelheiten aus seinem Mund zu erfahren. Dennoch trat eines offen zutage: Major Frederick Dewary ist gefährlich. Ich bitte dich daher inständig, nein, ich erwarte es von dir, dass du dich von diesem Mann in Zukunft fernhältst. Sprich mit niemandem über diesen Brief. Wie mir der Friedensrichter mitteilte, ist bereits eine öffentliche Depesche an den General unterwegs. Dewary wird unehrenhaft aus der
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