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Das Geheimnis von Digmore Park

Das Geheimnis von Digmore Park

Titel: Das Geheimnis von Digmore Park
Autoren: Sophia Farago
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Armee entlassen und von zwei Soldaten nach England eskortiert, wo ihn der Prozess und damit der sichere Tod erwarten.“

    Unruhig wälzte sich der Major auf dem harten Strohsack seines Bettes hin und her. Er war sich nicht der geringsten Schuld bewusst. Wer um Gottes willen wollte ihm ein Verbrechen in die Schuhe schieben? Und worum mochte es sich dabei handeln? Bezichtigte man ihn der Spionage? Hielt man ihn für einen Verräter? Seufzend drehte er sich wieder auf die andere Seite. Wie gut, dass Andrew sich nicht an den Befehl seines Vaters gehalten, sondern ihm den Brief gezeigt hatte. So konnte er behaupten, sein Vater sei krank geworden, und dies zum Anlass nehmen, den Dienst zu quittieren. Seine Entscheidung wurde mit Bedauern, aber doch auch Verständnis entgegengenommen.
    Charlie und er hatten das nächste Schiff nach England bestiegen, und erst, als sich die Küste der Heimat am Horizont abzeichnete, wurde ihm auf einmal bewusst, wie vorsichtig er sein musste. Der Sitz seiner Väter südwestlich von Winchester war nicht weit vom Hafen von Southampton entfernt. Wusste er denn, ob nicht seine Feinde längst Bescheid erhalten hatten, dass er auf dem Weg nach Hause war? Wer sagte denn, dass ihn nicht schon Gehilfen des Friedensrichters am Hafen erwarteten? Wenn er nur wüsste, wer seine Feinde waren! Wenn er nur wüsste, wer diesen unglaublichen Verdacht gegen ihn aufgebracht hatte. Dann hätte er auch einschätzen können, wie groß die Gefahr tatsächlich war. So jedoch tappte er völlig im Dunkeln. Für einen Soldaten war es oberstes Gebot, sich stets Klarheit zu verschaffen. Zu wissen, wer der Feind war, wo der Feind lauerte, welche Taktik der Feind verfolgte. Es war eine unzumutbare Qual, im Ungewissen zu sein. Hatten seine Widersacher bereits sein Aussehen an die Männer des Friedensrichters in Southampton weitergegeben? Gab es vielleicht schon Steckbriefe? Man würde einen außergewöhnlich großen Offizier erwarten, im roten Rock der Lifeguards mit glänzendem Helm. Einen glatt rasierten Mann mit braunen Locken und blauen Augen. Mit tiefblauen Augen, wie seine verstorbene Mama zu sagen pflegte, Gott habe sie selig! In der letzten Nacht an Bord fasste der Major den Plan, seinen Verfolgern einen Strich durch die Rechnung zu machen! Und so kam es, dass ein kleiner, etwas untersetzter Major das Schiff verlassen hatte. Gefolgt von seinem außergewöhnlich großen Diener, der ihm in respektvollem Abstand folgte. Die Tatsache, dass sie die Kneipe ohne Zwischenfälle erreicht hatten, gab seinen Überlegungen recht. Der erste Schritt war getan. Nun hieß es, den zweiten folgen zu lassen.
    Doch wem konnte er noch trauen? Mit wem konnte er in Verbindung treten, ohne Gefahr zu laufen, den Häschern ausgeliefert zu werden? Es gab nur drei Männer, die sein volles Vertrauen genossen. Sein bester Freund Andrew McPherson war in Spanien. Sein Vater, den er über alles liebte, war alt. Bei seinem letzten Besuch hatte er müde und traurig gewirkt. Ob er wohl noch um Mama trauerte? Sie war vor vier Jahren von einem unerklärlichen Fieber befallen worden und binnen einer Woche gestorben. Was war das für ein Schock für die ganze Familie gewesen! Major Dewary setzte sich in seinem Bett auf. Charlie schlief friedlich, das Gesicht zur Wand gedreht, und gab regelmäßige, kaum hörbare Schnarchgeräusche von sich. Der Bursche hatte gut schlafen! Schließlich schwebte auch kein Damoklesschwert drohend über seinem Kopf. Dewary trommelte mit beiden Fäusten auf das Matratzenstroh. Die Ungewissheit war kaum auszuhalten. Sicher hatte Vater von den Vorwürfen gehört, und ebenso sicher erwarteten alle, dass er seinem Sohn zur Seite stehen würde. Das gute Verhältnis zwischen Vater und ihm war allerorts bekannt. Nein, Vater in die Sache hineinzuziehen hieße, ihm zu schaden. Das wollte er keineswegs. Also blieb nur einer: Simon Bishop, sein alter Freund aus Collegetagen. Frederick Dewary seufzte und streckte sich wieder auf seinem harten Bett aus. Er hätte viel darum gegeben, sich nicht gerade dem strengen Urteil dieses Mannes stellen zu müssen. Dem Urteil des hoch ehrenwerten Pfarrers von St. Ann in Winchester. Jede Verfehlung, die er je begangen hatte, und mochte sie noch so klein sein, war in den Augen dieses braven, biederen Geistlichen eine Sünde. Niemand hielt Moral und Anstand so hoch wie er. Was mochte er da erst zu dem ungeheuerlichen Vorwurf sagen, der im Raum stand? Dewary wollte gar nicht daran denken. Dennoch, Simon
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