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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter
Autoren: Susan Wiggs
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Gegenteil, das veranlasste sie noch nicht einmal, sich zu wünschen, ihre Gefühle ändern zu können. Wie sehr unterschied sie sich doch von der alten Jenny, die mit ihren Gefühlen immer so vorsichtig umgegangen war. Eine Waffe auf sich gerichtet zu sehen hatte sicherlich nicht viele gute Seiten, aber vielleicht war das wenigstens eine davon.
    Der Polizist, der sie begleitete – ein Neffe von Nina –, schien ihr Zögern zu bemerken und blieb geduldig neben ihr stehen. Sie schloss kurz die Augen, atmete tief ein, ließ dann die Tabletten in der Verpackung und ging weiter.
    Als sie aus dem Fahrstuhl ausstiegen, sah sie, dass sich mindestens das halbe Polizeirevier im Wartezimmer versammelt hatte. Sie standen herum, tranken Kaffee und sprachen in gedämpftem Ton. Als sie eintrat, verstummten alle.
    Nein, dachte sie, als sich eine eiskalte Klammer um ihr Herz legte. Wagt es nicht, mich anzuschweigen. „Welches Zimmer?“, fragte sie. „Wo ist er?“
    „Intensivstation“, sagte jemand und zeigte auf eine verglaste Reihe Zimmer. „Gerade aus dem OP hochgekommen. Aber es darf nur die Familie …“
    „Was wollt ihr tun?“, fragte sie und machte sich auf in Richtung Glastür. „Mich verhaften?“
    Das mussten sie nicht. Die Tür hatte ein Magnetschloss, das nur von der diensthabenden Schwester geöffnet werden konnte. Jenny konnte also nicht mehr tun, als wie alle anderen draußen stehen und in demütiger Verzweiflung warten. Durch die Scheibe sah sie geschäftiges Krankenhauspersonal und ein von so vielen Maschinen umgebenes Bett, dass es beinahe unmöglich war, Rourke darin auszumachen.
    Einer von Rourkes Deputys trat zu ihr. „Er kam hier rein wie ein Champion. Er ist stabil. Sie geben uns sofort Bescheid, sobald wir zu ihm reindürfen.“
    Jenny nickte. Sie spürte, wie ihr Hals eng wurde, als die Erschöpfung sich in ihr breitmachte. All die Angst der vergangenen Stunden forderte nun ihren Tribut. Sie wusste nicht, wie spät es war, nur, dass es bereits dunkel war. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie zuletzt was gegessen oder geschlafen hatte. Ihre Hand schmerzte und war geschwollen, obwohl ihr jemand ein Kühlkissen dafür gegeben hatte. Sie wankte leicht hin und her.
    „Hey, ganz ruhig“, sagte eine weiche Stimme, und ein Arm legte sich liebevoll um ihre Schulter.
    Es war Olivia. Sie hatte sich einen Parka übergeworfen, ihr blondes Haar war zu einem zerzausten Pferdeschwanz gebunden. Neben ihr stand Philip Bellamy. Jenny erinnerte sich, dass er Anfang der Woche hergekommen war. „Wir haben es gerade erst erfahren“, sagte Olivia.
    Philip räusperte sich. „Daisy hat uns von … Mariska erzählt.“
    Jenny merkte, dass sie nicht sprechen konnte, also nickte sie nur. Sie war überwältigt – von der Gefahr, die sie überlebt hatte, von der Sorge um Rourke, von dem Schock, die Wahrheit über ihre Mutter zu erfahren. Dennoch erkannte sie nun, dass sie sich diesen Dingen nicht alleine stellen musste. Ihre Schwester und ihr Vater standen ihr mit einer Solidarität zur Seite, die sie nicht erwartet hätte.
    Olivia reichte ihr eine Tasse mit starkem Tee.
    „Danke.“ Jenny fand endlich ihre Sprache wieder. „Ich bin froh, dass ihr hier seid. Es war … die letzten Stunden waren einfach unglaublich.“
    „Ich weiß.“ Philip tätschelte ihre Schulter. Anders als bisher fühlte es sich nicht komisch, sondern tröstlich an. Er sagte: „Es tut mir leid zu hören, was mit deiner Mutter passiert ist. Sehr leid.“
    Jenny nippte an dem Tee. Immer wieder schaute sie zur Krankenstation hinüber. „Danke. Ich … es war nicht wirklich ein Schock. Ich meine, sie war so lange weg, ohne ein Wort, irgendwann kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass sie tot sein musste. Dennoch, ohne echten Beweis konnte ich mir immer vorstellen, sie wäre irgendwo da draußen.“
    „Das habe ich auch immer gedacht“, gestand Philip mit rauer Stimme, was Jenny daran erinnerte, dass er Mariska einst auch geliebt hatte. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Ich verstehe die ganze Sache nur nicht.“
    Olivia und Jenny tauschten einen Blick. „Es hatte nichts mit dir zu tun, Dad.“
    „Sie … meine Mutter hat die Gelegenheit erkannt und ergriffen“, sagte Jenny. „Ich kann ihr Tun nicht verteidigen, aber unter den Umständen kann ich sie, glaube ich, verstehen. Sie hat mit Mr und Mrs Lightsey eine Vereinbarung getroffen, und ich nehme an, dass sie nicht absehen konnte, wie kompliziert alles werden würde oder
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