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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter
Autoren: Susan Wiggs
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Wange? Sogar in diesem zerzausten Zustand sah sie glücklicher aus als jemals zuvor. Lächelnd nahm sie Rourkes Hemd. Sein Geruch machte sie schwindelig vor erneuter Sehnsucht nach ihm. Aus einem Impuls heraus zog sie sich das weiche Baumwollhemd über den Kopf. Sie berührte andere Dinge – den Stoff seines Jacketts, das Leder am Griff seiner Waffe, die sicher in ihrem Holster steckte.
    Der Wind frischte auf, heulte mit beinahe menschlicher Stimme über den See und durch die Bäume. Jenny wünschte, dass Rourke sich beeilen würde. Er war vielleicht fünfzehn Minuten weg, aber sie vermisste ihn schon fürchterlich.
    Glück ist so eine einfache Sache, dachte Rourke und stemmte sich gegen den Wind, als er den Schlitten zum Holzschuppen zog. Warum hatte er das nicht schon früher herausgefunden? Es bestand einfach darin, zu wissen, wohin man in der Welt gehörte – und zu wem man gehörte. Die Ironie war, dass er es von dem Augenblick an gewusst hatte, als er sie das erste Mal gesehen hatte mit ihren Rattenschwänzen und den offenen Turnschuhen. Aber es zu wissen und es zu bekommen waren zwei verschiedene Dinge.
    Es zu bekommen erforderte, sich einigen harten Wahrheiten zu stellen, wie zum Beispiel der Tatsache, dass er die Vergangenheit nicht ändern konnte. Oder dass das Ausleben einer selbst auferlegten Strafe nur dazu gut war, seine eigene bittere Enttäuschung zu füttern. Doch jetzt hatte er es endlich begriffen. Der richtige Weg, um mit Joeys Tod zurechtzukommen, war nicht, vor dem Glück davon-, sondern mit ausgebreiteten Armen darauf zuzulaufen. Er war Jenny ausgewichen, weil er dachte, ein Happy End, das eigentlich Joeys hätte sein sollen, nicht zu verdienen. Doch nach der letzten Nacht wusste er nun, dass man es auch auf andere Art betrachten konnte. Mit Jenny glücklich zu sein würde nichts von dem ändern, was passiert war. Aber es eröffnete den Weg in eine Zukunft, die mit einem Mal strahlend und voller Möglichkeiten vor ihm lag. Er musste sie heiraten. Der Gedanke war auf einmal da, und er stand nicht zur Debatte. Es war die einfache Wahrheit, die er zu lange vor sich selber verborgen hatte. Er fragte sich, ob sie es zu überstürzt finden oder ob sie es verstehen würde. Er wollte sie nicht verschrecken.
    Das Kaminholz lagerte unter dem Dachüberstand eines alten Schuppens. Die großen Stücke waren voller Spinnweben und noch nicht auf die richtige Größe gehackt worden. Großartig, dachte er. Er hoffte, dass es im Schuppen eine Axt oder ein Beil gab.
    Rufus wollte spielen. Der Schnee machte ihn ausgelassen, und er hüpfte und sprang und bellte sein Herrchen einladend an. Rourke lachte und jagte ihn ein wenig herum, wobei ihm trotz des Wetters der Schweiß ausbrach.
    Später fand er ein Beil und machte sich an die Arbeit, Holz zu hacken. Er war nicht sicher, wie viel sie brauchen würden, aber wenn sich herausstellen sollte, dass Jenny und er hier für immer eingeschneit wären, wäre das für ihn vollkommen in Ordnung.
    Rufus bellte erneut, aber dieses Mal hatte es nichts Spielerisches. Rourke kannte den Unterschied. Er stellte das Beil beiseite und ging los, den Hund zu suchen. Der große Malamute sprang in weiten Sätzen auf den Eingang des Camps zu, so sah es zumindest aus. Dank des immer noch fallenden Schnees war die Sicht beinahe bei null.
    Rourke blinzelte und beschirmte seine Augen mit der Hand. Da kam jemand. Erst dachte er, es wäre Connor oder Greg, um nach dem Rechten zu sehen. Aber warum sollte einer von ihnen sich mitten im stärksten Schnee des Jahres auf den Weg machen?
    Der Besucher war nur ein dunkler Fleck, der sich schnell bewegte, beinahe über den Schnee zu schweben schien. Ein erfahrener Schneeschuhgeher. Rufus bellte immer noch wie verrückt, vermutlich machten ihn die Bewegungen des Mannes auf den Schneeschuhen wild.
    Rourke winkte mit den Armen, um die Aufmerksamkeit des Fremden zu erregen. „Hey“, rief er. „Hier bin ich.“
    Der Besucher hielt inne, und Rourke konnte seine übergroße Jagdjacke erkennen. Dann hörte er ein Geräusch – es wurde beinahe vom Wind geschluckt, aber Rourke erkannte es dennoch: einen Schuss. Der Hund gab ein schmerzerfülltes Fiepen von sich und stürmte in den Wald.
    Und Rourke fühlte ein heißes Brennen in seiner Brust. Er befahl seinen Füßen, sich zu bewegen, aber sie gehorchten nicht. Der Schnee war eisig weich, als er mit dem Gesicht voran darauf landete.
    Ich bin ein Idiot, dachte er.
    Jenny hörte ein ploppendes Geräusch –
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