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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter
Autoren: Susan Wiggs
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feilschte er – wer oder was auch immer zuhören mochte: Lass sie nicht dort drin gewesen sein. Bitte, lass sie unversehrt sein, und ich werde für immer auf sie aufpassen und dich nie wieder um etwas bitten.
    Er musste hineingehen. Die vordere Treppe war weg. Er rannte zur Hintertür, rutschte auf dem Schnee aus, fing sich gerade noch. Jemand rief ihm etwas hinterher, aber er lief weiter. Die Rückseite des Hauses stand ebenfalls in Flammen, aber die Tür war weg, von der Axt eines Feuerwehrmannes herausgehackt. Mehr Rufe, mehr Männer in voller Montur, die auf ihn zuliefen, mit den Armen winkten. Mist, dachte Rourke. Es war dumm, aber es war nicht das Dümmste, was er je getan hatte – lange nicht. Er zog seinen Mantel über Nase und Mund und lief ins Haus.
    Er war so oft in dieser Küche gewesen, doch jetzt war sie nur ein gelber Wirbel, in dem er nichts erkannte. Und es gab keine Luft zum Atmen. Er spürte, wie das Feuer ihm die Luft aus den Lungen saugte. Er versuchte, nach Jenny zu rufen, doch es kam kein Ton heraus. Der Linoleumfußboden schlug Blasen und schmolz unter seinen Füßen. Die Tür, die zu der Treppe nach oben führte, war ein flammendes Rechteck, aber er lief trotzdem geradewegs darauf zu.
    Eine starke Hand zerrte ihn an der Schulter zurück. Rourke versuchte, sich dagegen zu wehren, aber eine Sekunde später fiel etwas – vermutlich das Treppengeländer – von oben herunter und ließ Flammen und Putz auf ihn herabregnen. Der Feuerwehrmann schubste ihn aus der Hintertür. „Was zum Teufel tun Sie hier?“, schrie er. „Chief, Sie müssen sich fernhalten, das Haus ist nicht sicher.“
    Rourkes Kehle brannte, als er nach Luft schnappte. Er hustete. „Mir egal. Wenn ihr niemanden reinschickt, gehe ich selber.“
    Der Feuerwehrmann – ein Deputy Chief, den Rourke vage kannte – stellte sich ihm in den Weg. „Das kann ich nicht zulassen.“
    Wut stieg in ihm auf. Er wusste, dass sie unvernünftig war, aber er konnte nichts gegen sie tun. Ehe er sich versah, holte Rourke aus und schob den Mann aus dem Weg. „Treten Sie beiseite“, bellte er.
    Der Feuerwehrmann sagte nichts, sondern trat nur mit erhobenen Händen einen Schritt zurück. Durch seinen durchsichtigen Gesichtsschild schaute er Rourke mit ernstem Ausdruck an. „Hören Sie, wir stehen doch beide auf der gleichen Seite. Sie haben gesehen, wie es darin aussieht. Das würden Sie keine dreißig Sekunden durchhalten. Wir glauben nicht, dass die Bewohnerin zu Hause ist, wirklich. Wenn Sie hier wäre, hätten wir sie herausgeholt.“
    Rourke löste seine zu Fäusten geballten Hände. Verdammt. Er hatte kurz davor gestanden, den Mann niederzuschlagen. Was hatte er sich nur dabei gedacht?
    Er hatte gar nicht gedacht, das war sein Problem. War es schon immer gewesen. Er musste herausfinden, wo Jenny war. Die verschiedensten Möglichkeiten schossen ihm durch den Kopf. Vielleicht war sie bei ihrer besten Freundin Nina. Aber um diese Uhrzeit? Oder bei Olivia Bellamy? Nein. Auch wenn sie verwandt waren, standen die beiden Frauen sich nicht nahe. Mist, traf sie sich etwa mit irgendeinem Kerl, von dem Rourke nichts wusste?
    Dann traf ihn die Erkenntnis wie ein Blitz. „Verdammt“, sagte er und rannte zu seinem Auto.
    Jenny stand immer noch hinter der Bäckerei und wartete auf die Morgendämmerung, als ein blauweißer Blitz die Nacht erhellte. Das grelle Licht war mitten im Winter seltsam fehl am Platz. Dann hörte sie das kurze Aufheulen einer Sirene und merkte, dass es sich um Blaulichter handelte. Die Fahrzeuge klangen nah, als wären sie nur eine Straße weiter. Geschäftige Nacht, dachte sie und kehrte in die Bäckerei zurück. Sie ging durch die Backstube, wo Zach gerade den Teig aus der Garkammer schob.
    Sie wollte sich wieder an die Arbeit machen, als sie ein stürmisches Klopfen an der Vordertür hörte. „Ich sehe mal nach, wer das ist“, rief sie Laura und Zach zu und ging durch das Café, das um diese Uhrzeit nur schwach von dem Neonschild einer Kaffeetasse, aus der verschnörkelte Rauchschwaden aufstiegen, beleuchtet wurde.
    Das Blaulicht eines Streifenwagens durchschnitt die Dunkelheit des leeren Cafés. Jenny beeilte sich, die Tür aufzuschließen. Das Glöckchen über der Eingangstür klingelte, dann stürmte auch schon Rourke McKnight herein. Sein langer Mantel wehte hinter ihm her.
    Avalons Polizeichef sah auch aus wie einer. Sein kantiges Gesicht war frisch rasiert, seine Schultern breit und kräftig. Auch wenn er blonde
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