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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter
Autoren: Susan Wiggs
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ihr und zog sie an sich. Ihr Rücken drückte sich an seine Brust, seine Arme umschlossen sie von hinten, als wenn er sie vor weiterem Schaden beschützen wollte.
    Mit einem seltsamen Gefühl der Kapitulation lehnte sie sich gegen ihn, als wäre ihr eigenes Gewicht zu viel für sie. Sie schloss kurz die Augen, versteckte sich vor dem grellen Schein der Flammen und dem Geruch nach Rauch. Sie spürte die Wärme des Feuers auf ihrem Gesicht. Aber von dem beißenden Geruch wurde ihr übel, und vor ihrem inneren Auge sah sie alles, was in ihrem Haus den Flammen neue Nahrung gab. Sie öffnete die Augen und schaute wieder hin.
    „Es ist völlig zerstört“, sagte sie. Sie drehte den Kopf und sah Rourke an. „Alles ist weg.“
    Ein Mann mit einem Fotoapparat, vermutlich von irgendeiner Zeitung, stand auf der Ladefläche seines Trucks und richtete sein langes Objektiv auf die Szene.
    Rourkes Arme schlossen sich fester um sie. „Es tut mir leid, Jenny. Ich wünschte, ich könnte sagen, dass du falschliegst.“
    „Wie geht es jetzt weiter?“
    „Als Nächstes wird eine Untersuchung erfolgen, um die Ursache des Brandes zu bestimmen“, erklärte er. „Dann kommen die Gespräche mit der Versicherung, Aufstellung des Eigentums und so weiter.“
    „Ich meine jetzt, in den nächsten zwanzig Minuten. Der nächsten Stunde. Irgendwann wird das Feuer ausgehen, aber dann? Gehe ich zurück zur Bäckerei und schlafe unter meinem Tisch?“
    Er senkte den Kopf. Sein Mund war direkt an ihrem Ohr, sodass sie ihn auch über den Lärm hören konnte, und sein Körper umfing sie beschützend. „Mach dir darüber keine Gedanken“, sagte er. „Ich kümmere mich um dich.“
    Sie glaubte ihm. Dazu hatte sie auch allen Grund. Sie kannte Rourke McKnight mehr als ihr halbes Leben lang. Trotz ihrer schwierigen gemeinsamen Vergangenheit, trotz der Schuldgefühle und der Herzschmerzen, die sie einander zugefügt hatten, trotz der tiefen Kluft, die sich zwischen ihnen auftat, hatte sie immer gewusst, dass sie sich auf ihn verlassen konnte.

3. KAPITEL
    J  enny riss die Augen auf, als sie aus einem tiefen, erschöpften Schlaf aufwachte. Ihr Herz klopfte, ihre Lungen schrien nach Luft, und ihr mentaler Zustand war verwirrt, um es milde auszudrücken. Ihr Kopf war erfüllt von einem düsteren Traum, in dem der Lektor eines Buchverlages den großen Spiralmixer der Bäckerei mit den Seiten von Jennys Geschichte fütterte.
    Sie lag flach auf dem Rücken, Arme und Beine von sich gestreckt, als wäre das Bett ein Floß und sie die Überlebende eines Schiffsunglücks. Sie starrte wie blind an die Decke und auf die unbekannte Lampe. Dann drückte sie sich vorsichtig in eine sitzende Position.
    Sie trug ein grau gestreiftes, viel zu großes Yankee-T-Shirt, das ihr ständig von der Schulter rutschte. Dazu ein Paar dicke Tennissocken, die ebenfalls zu groß waren. Und – sie hob den Saum des T-Shirts, um nachzugucken – eine Boxershorts, die eindeutig einem Mann gehörte.
    Sie saß tatsächlich mitten in Rourke McKnights gigantischem Doppelbett, das mit erstaunlich luxuriösen Laken bedeckt war. Sie schaute auf dem Schild des Kopfkissenbezuges nach – Fadenzahl 600. Wer hätte das gedacht, dachte sie. Der Mann war ein Genussmensch.
    Es ertönte ein leichtes Klopfen an der Tür, dann trat er ein, ohne auf ihre Aufforderung zu warten. Er trug in jeder Hand einen Kaffeebecher und hatte sich die Morgenzeitung unter den Arm geklemmt. Er trug ausgeblichene Levi’s und ein enges T-Shirt mit der Aufschrift NYPD. Drei verwahrlost aussehende Hunde wuselten um seine Beine herum.
    „Wir haben es auf die Titelseite geschafft“, sagte er und stellte die Kaffeebecher auf den Nachttisch. Dann schlug er den Avalon Troubadour auf. Sie sah nicht hin. Zumindest anfangs nicht. Sie war immer noch verwirrt und in dem Traum gefangen und fragte sich, was sie so schnell hatte aufwachen lassen. „Wie spät ist es?“
    „Kurz nach sieben. Ich habe versucht, leise zu sein und dich schlafen zu lassen.“
    „Ich bin überrascht, dass ich überhaupt geschlafen habe.“
    „Ich nicht. Das war ein ganz schön langer Tag gestern.“
    Das war mal eine Untertreibung. Sie hatte den halben Tag an ihrem Grundstück herumgelungert und zugesehen, wie die Feuerwehrmänner das Feuer so lange bekämpften, bis nirgendwo mehr das kleinste Glühen zu sehen war. Unter dem schweren grauen Winterhimmel hatte sie gesehen, wie sich das ihr so vertraute zweistöckige Haus zu einem Haufen aus
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