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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman
Autoren: Tanja Heitmann
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Ruben, »ist unglücklich gestürzt. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was an ihm kaputtgegangen ist, aber er ist hinüber, auch wenn sein Herz vielleicht noch schlägt. Im Krieg habe ich genug Verletzte und Tote gesehen, ich weiß Bescheid.«
    »Du irrst dich, Ruben kann nicht tot sein. Auf keinen Fall, nicht er. Das ist vollkommen unmöglich!«
    Das Dröhnen schwoll immer stärker in Arjen an, presste von innen gegen seine Ohren, drohte seine Stirn zu sprengen, bis er kaum begriff, was um ihn herum geschah, selbst Haro wurde trotz der im Zenit stehenden Sonne zu einem Schatten. Ohne die geringste Hemmung verpasste Arjen dem Mann, der ihn festhielt, einen Schlag ins Gesicht, hörte ein Knacken und schlug erneut zu, als der Griff um seinen Arm sich nicht sofort löste. Dann sank er vor Ruben auf die Knie und streckte eine zitternde Hand aus, die jedoch in der Luft verharrte. Rubens Augen waren einen Spalt geöffnet, aber nicht weit genug, als dass man das Blau in ihnen sehen konnte. Sandkörner hatten sich in seinen Augenwinkeln angesammelt. Arjen wollte sie fortwischen, doch es gelang ihm nicht.
    Berühr ihn. Nun mach schon! Spür, wie das Blut unter seiner Haut fließt, die Wärme, die von seinem Körper ausgeht, den leichten, vielleicht kaum merklichen Rhythmus seines Atems. Er lebt, er braucht dich …
    Nie zuvor war Arjen eine größere Anstrengung abverlangt worden. Seine Hand bewegte sich lediglich einen Hauch.
    Und wenn ich nichts von alldem spüre? Wenn ich mich irre?
    Ehe Arjen eine Entscheidung fällen konnte, wurde er am Schopf in die Höhe gerissen. Fingerknöchel trafen mit voller Wucht seinen Nierenbereich und lösten einen Schmerz aus, der ihn schwanken ließ. Er wurde herumgeschleudert, und ein heißer Stich explodierte auf seiner rechten Gesichtshälfte, als ihn der nächste Schlag traf. Arjen taumelte einige Schritte, schaffte es, sich aufzurichten, nur um einen weiteren Hieb abzubekommen, der ihn zu Boden schickte. War es Ruben genauso ergangen? Würde auch er unglücklich fallen und nie wieder aufstehen? Halb betäubt vor Schmerz stemmte Arjen sich auf alle viere, während er aus den Augenwinkeln einen nahenden Angreifer wahrnahm. Ruben lag nur einige Meter von ihm entfernt. Das einzige Ziel, das Arjen in diesem Moment kannte.
    »Der hat genug eingesteckt!«, rief Haro dem Angreifer zu. »Sieh lieber zu, dass du das Pastorensöhnchen wieder auf die Beine bekommst. Außerdem will ich, dass er begreift, was ich ihm zu sagen habe. Deine Fäuste setzt du jetzt also nur noch ein, falls es sich nicht vermeiden lässt.«
    Ohne viel dagegen ausrichten zu können, wurde Arjen unter den Achseln gepackt und hochgerissen. Sein schmerzender Körper protestierte, und er glaubte für einen Moment, das Bewusstsein zu verlieren. Doch so viel Glück hatte er nicht. Haro baute sich vor ihm auf und hob sein Kinn an, damit Arjen sich ihm nicht entziehen konnte. Nachdenklich musterte er ihn, als wöge er ab, ob Arjen überhaupt imstande war zuzuhören.
    »Diese Rangelei hättest du dir besser sparen sollen, Rosenboom. Jeder im Dorf wird verstehen, dass wir uns nicht gern provozieren lassen an einem so schönen Sommertag, an dem wir eigentlich nur unsere Ruhe haben wollten und deshalb extra bis zum Kap rausgelaufen sind.«
    »Provoziert? So ein Unsinn! Ole Ennenhof hat euch geschickt, weil er nicht Manns genug ist, seine Angelegenheiten selbst zu bewältigen. Ihr habt Ruben auf dem Gewissen, ihn einfach erschlagen, ihr Schweine!«
    In Haros Gesicht regte sich trotz dieser Anschuldigungen nicht der kleinste Muskel. Stattdessen musterte er Arjen weiterhin, dessen Schmerz sich in Kraft verwandelte. »Wir haben niemanden erschlagen«, erklärte Haro gelassen. »Was deinem Freund passiert ist, war ein Unglück – wie ich bereits gesagt habe. Das war nicht mehr als ein kleines Kräftemessen, weil er uns nicht erzählen wollte, wo diese verdammten Negative versteckt sind. Mehr wollten wir gar nicht von ihm. Erschlagen … Meine Herrn, was du da redest. Warum hätten wir den Burschen denn erschlagen sollen? War die Sache gar nicht wert. Denk darüber nach, bevor du wilde Spekulationen rausposaunst. Wir sind drei, während du allein bist.«
    Arjen ballte die Hände zu Fäusten, als ihm das Ausmaß dieser Ungerechtigkeit bewusst wurde. »Ruben ist auch noch da.«
    Haro sah zu Ruben hinüber, an dessen Haltung sich nichts geändert hatte. Unter seinem Haar verfärbte sich der Sand dunkel, eine stetig anwachsende Lache, die
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