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Das Geheimnis der Wellen

Das Geheimnis der Wellen

Titel: Das Geheimnis der Wellen
Autoren: Nora Roberts
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es tut mir gut. Ich hatte ganz vergessen, wie gut es mir immer getan hat. Das tut mir leid. Bitte sag nicht, dass ich aufhören soll, mich zu entschuldigen. Es tut mir leid, Gran, dass ich nicht häufiger zu Besuch gekommen bin. Inzwischen nicht nur deinet-, sondern auch meinetwegen.
    Wäre ich zu dir nach Bluff House gekommen, hätte ich vielleicht vieles klarer gesehen und anders gehandelt. Wäre dann auch alles dermaßen schiefgegangen?
    Das werde ich nie erfahren. Ich weiß nur, dass es guttut, wieder hier zu sein. Ich werde mich ums Haus kümmern, bis du zurückkommst. Ich werde Strandspaziergänge machen und anschließend Feuer im Kamin, damit ich das Haus genießen kann, wenn es draußen schneit.
    In Liebe
    dein Eli
    PS: Ich bin übrigens Abra Walsh begegnet. Sie ist interessant. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich ihr schon dafür gedankt habe, dass sie die Liebe meines Lebens gerettet hat. Aber ich werde es nachholen, wenn ich sie das nächste Mal sehe.
    Nachdem er die E-Mail abgeschickt hatte, fiel ihm etwas ein. Er konnte sich zwar nicht mehr daran erinnern, ihr gedankt zu haben, wusste aber sehr wohl, dass er die Lebensmittel nicht bezahlt hatte.
    Er machte sich einen Vermerk auf dem Block mit Haftnotizen, den er in der Schreibtischschublade gefunden hatte, und klebte ihn auf den Bildschirm. In letzter Zeit war er sehr vergesslich.
    Das Kofferauspacken ließ sich nicht länger hinausschieben. Er musste dringend etwas anderes anziehen und durfte sich nicht mehr so gehen lassen.
    Er nutzte den Energieschub vom Schreiben und holte seine Koffer.
    Beim Auspacken stellte er fest, dass er nicht sehr intelligent gepackt hatte. Er brauchte weder drei Anzüge noch vier Paar Ausgehschuhe und erst recht keine fünfzehn Krawatten.
    Die Macht der Gewohnheit, sagte er sich. Er hatte gepackt, ohne nachzudenken.
    Kaum hatte er alles verstaut, stellte er fest, dass er sich heimischer fühlte.
    Als Nächstes würde er einen Spaziergang machen, sich etwas die Beine vertreten und frische Luft schnappen. Das war gesund und produktiv. Von nun an würde er jeden Tag vor die Tür gehen, und sei es nur für einen Strandspazier gang, statt in Selbstmitleid zu zerfließen und trüben Gedan ken nachzuhängen. Er zog seinen Parka an, steckte die Schlüssel ein und stemmte sich gegen den starken Wind.
    Eine Viertelstunde, beschloss er, während er mit gesenktem Kopf und hochgezogenen Schultern die Stufen zum Strand ansteuerte. Er würde siebeneinhalb Minuten in die eine Richtung gehen und dann umkehren.
    Anschließend würde er Feuer im Kamin machen, sich davorsetzen und nachdenken, eventuell mit einem Glas Whiskey in der Hand.
    Dünensand wirbelte auf, während der vom Meer kom mende Wind dem Strandhafer zusetzte. Die »weißen Pferde«, von denen er seiner Großmutter berichtet hatte, gingen auf die Hinterbeine und galoppierten über das eisgraue Wasser. Der Sturm verschlug ihm förmlich den Atem.
    Der Winter hatte Whiskey Beach fest im Griff und erinnerte ihn daran, dass er vergessen hatte, Handschuhe und Mütze mitzunehmen.
    Morgen könnte er eine halbe Stunde spazieren gehen. Oder einmal die Woche eine Stunde. Wer sagt denn, dass es jeden Tag sein muss? Wer bestimmt denn die Regeln?, dachte er. Es war verdammt kalt, und jeder Idiot konnte sehen, dass es bald schneien würde. Und nur Idioten gehen bei Schneesturm am Strand spazieren.
    Nachdem er die mit Sand bedeckten Stufen genommen hatte, wurde er von Wasser und Wind schier überwältigt. Das hat keinen Sinn, dachte er und wollte bereits kehrtmachen, als er den Kopf hob.
    Wellen brandeten wütend an den Strand und ließen bei jedem Vorstoß tosenden Donner ertönen. Die zerklüfteten Felsen trotzten ihnen tapfer in einem Krieg, den keine Seite je gewinnen würde. Und über all dem spannte sich ein dunkler Himmel, der zu überlegen schien, wann er seine Waffen einsetzen sollte.
    Eli war wie hypnotisiert von diesem Naturschauspiel. Und während der Krieg weitertobte, marschierte er los.
    Am Strand konnte er keine Menschenseele entdecken und hörte nichts als den Sturm und die Brandung. Die Fenster der Häuser und Cottages oberhalb der Dünen waren verriegelt, um die Kälte abzuhalten. Niemand stand auf den Klip pen, und niemand schaute vom wellenumtosten Pier aus aufs Meer.
    Im Moment war er so allein wie Robinson Crusoe. Aber nicht einsam. Es war unmöglich, sich hier einsam zu fühlen, in direktem Kontakt mit den Naturgewalten. Dieses Gefühl musste er sich merken, wenn er das
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