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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)
Autoren: Tereza Vanek
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verliehen, ihre Häupter
mit türkisfarbenen und gelben Farbtönen bemalt. Sie waren
durch einen Reif aus Korallenperlen miteinander verwachsen. Etwas
Fremdes ging von ihnen aus. Viktorias sonstiger Schmuck war von einer
verschnörkelteren, verspielteren Art.
         »Herr
Salomon hat diesen Reif aus Shanghai mitgebracht«, erklärte
Viktorias Vater das fremde Schmuckstück. »Ich hatte ihn
losgeschickt, um dort Kunstgegenstände einzukaufen.«
         Viktoria
hörte den schicksalsergebenen Seufzer, mit dem ihre Mutter
dieses unsinnige Verhalten kommentierte.
         »Mir
schien, das Türkis passt zu deinen Augen, Vicki«,
begründete der Vater sein Geschenk. Sie streifte den Reif
sogleich über ihren Handschuh aus weißer Seide, wo er
weiterhin fremd wirkte, aber eben durch diese Fremdartigkeit das Auge
fesselte. Er glich einer Botschaft aus einer anderen, geheimnisvollen
Welt.
         »Dieser
Reif passt nicht zu deinem Collier«, nörgelte die Mutter
im Hintergrund. »Das Material und vor allem der Stil ist ganz
anders. Du solltest ihn bei einer anderen Gelegenheit tragen.«
         Viktoria
fuhr aufgebracht herum. Warum musste ihre Mutter alles schlecht
machen?
         »Der
türkise Farbton harmoniert mit meinem Kleid. Ich finde, dieser
Reif passt gerade heute Abend hervorragend!«, erklärte sie
an alle Gäste gewandt. Das Gesicht ihrer Mutter glich
zerknülltem Papier. Viktoria bemerkte plötzliches
Stillschweigen in der Menge und begriff, dass sie lauter als
notwendig gesprochen hatte. Ein Räuspern lenkte ihren Blick zu
den von Scharpenbergs, die sich in ihrem Rücken versammelt
hatten. Antons Mutter versuchte gerade, durch ein dezentes Hochziehen
ihrer Augenbrauen anzudeuten, wie Damen wahrhaft Missmut auszudrücken
hatten. Eine Hitzewelle zog durch Viktorias Körper, doch sie
schüttelte sie mit einem Schulterzucken ab. Selbst wenn die
Baronin von Scharpenberg ihren Töchtern beigebracht hatte, ihr
niemals in der Öffentlichkeit zu widersprechen, würde sie
dennoch eine aufmüpfigere Schwiegertochter hinnehmen müssen,
da nur deren Erbe es ermöglichte, marode Landgüter wieder
in Schwung zu bringen. Um von dem peinlichen Moment abzulenken,
ergriff Viktoria eines der anderen Pakete. Während sie eine
rosafarbene Schleife löste, schoben sich die Drachenköpfe
immer wieder in ihr Blickfeld, wie um sie in jene Welt zu locken, aus
der sie stammten.

Erstes Buch

1. Kapitel

    »Hier
gehe ich gern angeln«, meinte Anton, als er sich aus dem Sattel
schwang. Viktoria fragte sich, ob er bei diesen Angelausflügen
immer bunte Westen und samtene Kniehosen trug, so wie jetzt. Sie
musterte eine von Büschen umsäumte Grasfläche an der
Außenalster. Das Wasser floss ruhig dahin, war im Moment sogar
frei von Schiffen. Nur Enten tummelten sich auf dem hellen Blau, und
der Anblick von zerzausten Küken weckte in ihr den Wunsch, sie
mit Nahrung zu versorgen. Sogleich packte sie das Bündel mit
belegten Broten aus ihrer Satteltasche, überreichte Anton eine
der mitgebrachten Servietten und die Flasche Champagner. Er entkorkte
sie mit professionellem Geschick. Bald schon perlte kostbare
Flüssigkeit in robusten Holzbechern.
         »So
habe ich Schampus noch nie getrunken. Das verspricht ein
einzigartiger Ausflug zu werden«, meinte Anton, als er mit ihr
anstoßen wollte.
         Viktoria
hockte sich an seine Seite. An ihrem dunklen, schlichten Reitkleid
würde niemand Grasflecken erkennen können und ihr Korsett
war nun so locker geschnürt, dass sie auch im Sitzen unbehindert
atmen, ja mit Appetit essen konnte. Hinter ihnen grasten die Pferde,
scheinbar ebenfalls zufrieden, dem Trubel der großen Stadt
wieder entkommen zu sein. Viktoria gab ihnen Äpfel, dann
zerkrümelte sie eine Brotscheibe, um die Enten nicht leer
ausgehen zu lassen.
         »Welch
ein fürsorglich mütterliches Herz meine Zukünftige
doch hat!«, witzelte Anton, als Krümel über die
Büsche aufs Wasser fielen, und füllte ihren Becher erneut
mit Champagner, obwohl sie den gesamten Proviant für das
Picknick schon verzehrt hatten. Viktoria fühlte den Rausch
bereits durch ihre Adern kreisen. Sie war es nicht gewöhnt,
tagsüber Alkohol zu trinken, doch vermochte sie Antons Angebot
nicht abzulehnen. Seit der Bekanntgabe ihrer Verlobung fühlte
sie sich leichter und beschwingter als jemals zuvor in ihrem Leben.
Ein Holzbecher mehr konnte nicht schaden, auch wenn ihr schon ein
wenig schwindelig war.
         »Dieser
Ausflug war
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