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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman
Autoren: Heyne
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war es das Einzige, womit sie ihre Schwester verwöhnte. Nur widerstrebend strich sie im Geiste das Wort »Schokolade« durch. Außerdem könnte sie noch an der Seife sparen. Es musste nicht die mit dem Rosenduft sein. Und ihre alten Strümpfe waren sicherlich noch zu flicken. Aber selbst nach Abzug all dessen fehlte ihr immer noch mehr als die Hälfte des erforderlichen Betrags.

    Die plötzliche Stille um sie herum riss Wemke aus ihren Überlegungen. Jetzt erst bemerkte sie die gespannten Mienen der anderen.
    »Habe ich was verpasst? Es tut mir leid, ich muss wohl geträumt haben.« Verlegen blickte sie um sich.
    Der Knecht biss in sein Brot. »Wie ich schon sagte«, bemerkte er mit vollem Mund und einem Kopfnicken in Richtung der Zeitungsseite, »Wemke wäre genau die Richtige.«
    »Sie traut sich das sowieso nicht«, schniefte das jüngste Küchenmädchen, dem die Zwiebeln immer noch die Tränen in die Augen trieben. »Außerdem würden die da«, sie wies mit dem Messer auf die Anzeige, »wohl dankend ablehnen. Ich mein, wegen dem Kind.«
    Wemke wurde hellhörig. »Was ist mit Freya?«
    »Gar nichts.« Hanne, die Wäscherin, fühlte sich beflissen, eine Erklärung abzugeben. »Es geht um diese Anzeige hier, mein Mädchen.« Sie schob ihr das Wochenblatt zu und wandte sich an die anderen. »Das ist nichts für unsere Wemke. Es wäre so, als ob sich ein Schäfchen in eine Löwengrube wagt.«
    Der Knecht sah Wemke spöttisch an. »Wie war eigentlich am letzten Sonntag dein Spaziergang mit dem jungen Herrn?«
    »Sehr schön!« Ihre Augen begannen zu leuchten. »Es war sehr nett von ihm, dass er mich näher kennenlernen wollte. Nicht viele Arbeitgeber kümmern sich so um ihre Beschäftigten. Und er hat so viel gefragt. Wir haben sogar einen Kaffee zusammen getrunken.« Sie lächelte bei der Erinnerung daran. »Der junge Herr ist wirklich ein sehr freundlicher Mensch.«
    Die anderen prusteten vor Lachen, während die Wäscherin Wemke mit offenem Mund anstarrte. »Da brat mir doch einer einen Storch! Weißt du denn nicht, dass die Freundlichkeit dazu diente, dich zu ganz anderem zu bewegen? Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, seinen gierigen Fingern zu entkommen. Aber offensichtlich ist es so.«

    Der Knecht nickte grinsend. »Man erzählt, selbst er sei nicht Schuft genug gewesen, um dieses holde Kind aus dem Dornröschenschlaf zu wecken.«
    »Was soll das heißen?« Wemke blickte verwirrt um sich. »Wollt ihr damit etwa andeuten …« Schamesröte stieg ihr ins Gesicht.
    »Lass nur, mein Kind.« Luise tätschelte ihr die Schulter. »Es ist nur der Neid. Kaum eine kann wohl von sich behaupten, dem Schürzenjäger ablehnend begegnet zu sein und trotzdem seine Stellung behalten zu haben? Dir dagegen ist es gelungen. Vielleicht solltest du doch einen Blick auf diese Anzeige hier werfen.« Mit diesen Worten riss sie die Seite heraus und schob sie Wemke zu. Dann wandte sie sich an den Knecht. »Georg, wir brauchen noch Holz für den Herd. Aber achte darauf, dass es nicht wieder feucht ist. Beim letzten Mal hatte ich alles voller Ruß.«
    »Zu Befehl!« Georg tippte sich an die Schläfe und eilte nach draußen.
    Durch die geöffnete Tür fiel helles Frühlingslicht ins Zimmer. Wemke atmete den süßen Duft der Narzissen und Krokusse ein, der wie ein sanftes Parfüm in der Luft hing.
    Das Dienstpersonal stob auseinander, als die Frau Justizrätin hereinschwebte. Sie ignorierte die Küchenmädchen und wandte sich sofort Luise zu, um das Essen für den nächsten Tag mit ihr zu besprechen.
    Wemke faltete hastig die Zeitungsseite zusammen, schob sie in ihre Schürzentasche und ging hinaus. Sie war nur während der Mahlzeiten mit dem anderen Personal zusammen. Ihre Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass außerhalb der Küche alles wie am Schnürchen lief. Wemkes Tage waren mit Flick- und Stopfarbeiten, Tisch decken, Betten machen, Fußböden schrubben, Fenster putzen, Staub wischen und vielen anderen Alltagsdingen ausgefüllt. Niemals nahm die Arbeit
ein Ende, obwohl sie wie ein Wirbelwind durch das Haus stob.
    Läutete es an der Tür, dann war sie es, die öffnen musste. Und egal, ob ihre Arme gerade in Seifenlauge steckten oder sie Silber putzte - an der Tür musste es so wirken, als habe Wemke nur auf diesen einen Gast gewartet. Sie hatte stets adrett und frisch auszusehen. Durfte sich nicht erhitzen beim Scheuern des Fußbodens. Auch Schmutzflecken auf der Kleidung nahm die Frau Justizrätin übel. Wemke hatte
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