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Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Titel: Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Autoren: Tad Williams
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am Ende alles vernichtete.
    Jetzt aber musste er mit dem Grübeln aufhören. Es war Zeit. Die Nacht würde ihn vor neugierigen Augen schützen, das Tageslicht ihn in Sankt Sutrins Obhut finden. Er musste fort.
    Doch gerade, als er den Gang hinuntergehen wollte, spürte er etwas Federleichtes an seiner Seite – einen Atem, einen Seufzer, das unbestimmte Gefühl, dass jemand da war. Er fuhr herum, seine Hand stieß vor. Wollte man ihn doch aufhalten?
    »Wer …?«
    Niemand. Oder wenn doch jemand da stand, so rührte er sich nicht und verspottete Guthwulf in seiner Blindheit. Der Graf empfand eine sonderbare, jähe Unsicherheit, als hebe sich der Boden unter seinen Füßen. Er machte einen weiteren Schritt und spürte plötzlich ganz deutlich die Anwesenheit des grauen Schwertes, als umgebe ihn auf allen Seiten seine eigenartige Macht. Es kam ihm vor, als seien die Mauern ringsum verschwunden. Ein rauher Wind fegte über ihn hinweg und durch ihn hindurch und war fort.
    Was war das für ein Wahnsinn?
    Blind und ohnmächtig. Fast hätte er geweint. Verflucht
    Guthwulf nahm sich zusammen und löste sich von der Sicherheit seiner Zimmertür. Aber das merkwürdige Gefühl – der Raum selbst schien in Bewegung geraten zu sein – begleitete ihn auf dem Weg durch die langen Gänge des Hochhorstes. Seine Finger streiften ungewohnte Gegenstände, zierliche Möbelstücke und glattpolierte, dabei aber kompliziert verschlungene Geländer, die ganz anders waren als alles, woran er sich erinnerte: Die Tür zu den einst von den Kammerfrauen bewohnten Räumen stand offen und schwang hin und her, und obwohl er wusste, dass die Unterkünfte leer standen – die Oberste der Kammerfrauen hatte vor ihrem Anschlag auf Pryrates alle ihre Schützlinge aus der Burg herausgeschmuggelt –, hörte er tief drinnen das Gewisper von Stimmen. Guthwulf schauderte, aber er ging weiter. Der Graf kannte die neuerdings so wechselhafte, unzuverlässige Beschaffenheit des Hochhorstes schon. Längst bevor er das Augenlicht verloren hatte, war die Burg zu einem unheimlichen Ort geworden, der sich ständig veränderte.
    Guthwulf fuhr fort, seine Schritte zu zählen. Er hatte den Weg in den letzten Wochen mehrfach probeweise zurückgelegt: fünfunddreißig Schritte, bis der Gang die Richtung änderte, zwei Dutzend weitere bis zum Haupttreppenabgang, dann hinaus in den schmalen,windigkalten Rebengarten. Noch einmal ein halbes Hundert Schritte, und er war wieder unter einem Dach und würde durch die Wandelhalle des Burgkaplans gehen.
    Die Wand unter seinen Fingern wurde warm, dann jäh sengend heiß. Der Graf riss die Hand weg. Er keuchte vor Schreck und Schmerz. Ein dünner Schrei schwebte durch den Korridor.
    »… T’si e-isi’ha as-irigú …!«
    Wieder tastete er mit bebender Hand nach der Mauer und fühlte nur Stein, feucht und nasskalt. Der Wind ließ seine Kleider flattern – der Wind oder etwas Murmelndes, Körperloses, das nach ihm griff. Er fühlte das graue Schwert in seiner Nähe.
    Guthwulf eilte durch die Gänge der Burg und streifte dabei die erschreckend wandelbaren Wände nur ganz leicht mit den Fingern. Soweit er wusste, war er das einzige Wesen weit und breit, das wirklich lebte. Die merkwürdigen Laute und die Berührungen, so sacht wie Rauch und Schmetterlingsflügel, waren nur Trugbilder, versicherte er sich selbst, sie konnten ihm nichts anhaben. Sie waren nur die Schatten von Pryrates’ Hexenkünsten. Er würde sich von ihnen nicht an der Flucht hindern, sich nicht an diesem unheiligen Ort einsperren lassen.
    Der Graf berührte das rauhe Holz einer Tür und freute sich unbändig, dass er richtig gezählt hatte. Er unterdrückte mühsam einen Schrei des Triumphs und der überwältigenden Erleichterung. Er hatte die kleine Pforte neben dem großen Südtor erreicht. Dahinter musste offenes Gelände mit dem zum Inneren Zwinger gehörenden Anger liegen.
    Aber als er die Pforte aufgestoßen hatte und hindurchgeschritten war, fühlte er anstatt der bitterkalten Nachtluft das Wehen eines heißen Windes und die Hitze eines großen Feuers auf der Haut. Schmerzliche, angstvolle Stimmen murmelten.
    Mutter Gottes! Brennt der Hochhorst?
    Guthwulf trat zurück, konnte aber die Tür nicht mehr finden. Stattdessen kratzten seine Finger über Stein, der unter seiner Berührung immer heißer wurde. Das Gemurmel steigerte sich allmählich zum Dröhnen vieler erregter Stimmen, sanft und doch durchdringend wie das Summen eines Bienenstocks. Wahnsinn,
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