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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin
Autoren: Julie Klassen
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richtigen Namen eingravieren zu lassen, entsprach auch meinem Wunsch. Rosamond Haswell war verschwunden, Rosa Wells war gefunden worden. Aber auch wenn Rosa Wells sich ein Armengrab wünschte, so würden wir ihr diesen Wunsch nicht erfüllen. Friedhöfe und Grabsteine sind für die Lebenden gedacht. Für die, die sich einen Ort wünschen, den sie aufsuchen, an dem sie trauern und sich zurückerinnern können.
    Wir hielten einen kurzen Gedenkgottesdienst in London, an dem nur wenige Leute teilnahmen. Jonathan und Ruth Elliott, Charles und Charlie Haswell, Maude Mimpurse, Francis und ich. In der Times erschien eine kurze Ankündigung, aber kein Unbekannter – namens Quinn oder Wells oder Dugan – tauchte auf. Am Ende zählten nur Blut und Liebe.
    So war es schon immer.
    Nach der Feier führte Onkel Elliott mich in die Bibliothek, drückte mir etwas in die Hand und schloss meine Finger darum. Er sagte nur: »Ich habe es unter den Sachen deiner Mutter gefunden.« Als er mich allein ließ, öffnete ich meine Hand. Mein Herz tat einen Sprung beim Anblick meines Namens, geschrieben in einer vertrauten, wenngleich zittrigen Handschrift, auf einem dreimal gefalteten Stückchen Papier. Ich faltete es auseinander und sah, dass es von einem größeren Papier abgerissen worden war. Die verschmierte Tinte verschwamm vor meinen Augen.
    Es ist zu spät, um ungeschehen zu machen, was ich getan habe.
Zu spät, um Vergebung zu erbitten oder dir zu sagen, dass ich dich liebe.
Aber ich bitte dich: Geh nicht den gleichen Weg, den ich gegangen bin.

Und bitte, sag Charlie, dass es mir leid tut, dass ich nicht zurückgekommen bin, wie ich es ihm versprochen habe.
    Ich schloss die Augen, drückte das Papier an mein Herz und hielt es dort lange Zeit fest. Erst als ich es wieder anschaute, unter Tränen, die wie ein Vergrößerungsglas wirkten, erkannte ich das Papier wieder – das dicke, zerknitterte, gelbliche Papier. Die gebogene Linie eines Breiten- oder Längengrads. Abgerissen …
    Die Erinnerung an meine Mutter verschwand und ich konzentrierte mich auf das Grab in Bedsley Priors, vor dem ich stand. Der wuchtige Grabstein, den mein Vater bezahlt hatte und der sehr teuer gewesen war – und noch teurer die Inschrift. So viele Wörter und Blumen und Rankenwerk hatten auf diesem Friedhof keinen Grabstein mehr geschmückt seit dem der ersten Lady Marlow. Wir hatten befürchtet, dass Mrs Mimpurse etwas dagegen haben würde. Aber sie schien mein Bedürfnis, auf unsere Verwandtschaft hinzuweisen, und Vaters Wunsch nach Versöhnung zu verstehen, denn so lieb er Mary auch gehabt hatte, er hatte sie nie öffentlich als seine Tochter anerkannt.
    Ich zog mit behandschuhten Fingern die Lebensdaten meiner Schwester nach. 1795 bis 1815 . Kurz, viel zu kurz. Weinend kniete ich mich vor dem sonnenwarmen Grabstein hin. Tränen liefen mir über das Gesicht, als ich die Worte las, die in einem bittersüßen Schwall von Schmerz, Freude und Erleichterung kündeten:
    Hier liegt
Mary Helen Mimpurse
Die Tochter des Apothekers
    Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und blickte hoch. Francis war gekommen. Er streckte mir die Hand hin und half mir aufzustehen. Seine geliebten braunen Augen sahen mich voller Liebe und Mitleid an. Er küsste mich zärtlich und nahm mich dann in die Arme. Einen Augenblick lang standen wir eng aneinandergeschmiegt und dachten zurück. Dann gingen wir Hand in Hand zurück in unseren Laden, zurück zu den nie endenden Pflichten und Freuden eines Apothekers und seiner Frau.

Nachwort

    Die meisten Menschen, die London besuchen, schauen sich das London Eye oder den Buckingham Palast an, ich hingegen schleppte meinen leidgeprüften Mann an weit weniger besuchte Stätten wie zur Ehrwürdigen Apothekergesellschaft und in ein Pharmaziemuseum. Während andere Touristen Fotos von der Wachablösung vor dem Buckingham Palast machten, fotografierte er unermüdlich alte Mörser und Blutegelgefäße. Ich bin ihm für seine Hilfe unendlich dankbar. Bedsley Priors haben wir nicht besucht, denn das Dorf gibt es nur in meiner Fantasie. Dort liegt es ganz in der Nähe der realen Orte Honeystreet und Alton Barnes in Wiltshire.
    Zu großem Dank verpflichtet bin ich auch John Williams, Pedell der Apothecaries' Hall, für seine charmante und informative Einführung und seine Darstellung einer Traditionsgeschichte, auf die er zu Recht stolz ist. Er hat sogar eigens für mich seine Galauniform mit den großen goldenen Quasten angezogen, mit denen die
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