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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin
Autoren: Johanna Marie Jakob
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schmerzende Stelle.«
    Judith sah ihn nervös an. »Kannst du nicht hier in der Nähe bleiben?«
    »Nein. Sie wird schlafen. Geht auch Ihr zu Bett. Morgen früh entscheiden wir, was weiter zu tun ist.«
    Katharina ließ alles mit sich geschehen. Gerlind hatte ihr gesagt, die Kräuter würden aus der Vorratskammer stammen. Das war durchaus glaubwürdig, denn ein gewisser Bestand an Heilkräutern war immer vorhanden. Bald fiel die Amme in einen unruhigen Schlummer. Gerlind versprach, in der Kemenate zu bleiben, und Judith kroch beruhigt wieder zu Beringar unter die Decke.
    Am nächsten Morgen lag Katharina schwach und bleich wie das Linnen auf ihrem Lager. Gerlind war nirgends zu sehen.
    »Wie fühlst du dich?«, flüsterte Judith. Sie wollte ihren Bruder nicht wecken, denn heute würde sie sich um ihn kümmern müssen.
    »Besser. Aber Gerlind hat darauf bestanden, die weise Frau vom Straußberg zu holen.« Katharina schüttelte missbilligend den Kopf und schnüffelte an dem leeren Becher. »Es hätte doch gereicht, die Kräuter von gestern Nacht noch einmal aufzubrühen. Welche habt ihr genommen? Es riecht sehr ungewöhnlich.«
    »Oh, ich weiß nicht. Pfefferminze glaube ich.« Judith überlegte fieberhaft. Was hatte der Maure gemurmelt? Lavendula? »Und Lavendel. Die Kräuter sind nicht mehr so frisch, da schmecken sie anders. Es ist besser, wenn Sigena kommt und die Vorräte überprüft.«
    Beringar setzte sich auf und rieb sich die Augen. »Ist Ludwig wieder gesund?«, fragte er.
    »Es geht mir gut«, kam die Antwort vom Lager des Bruders.
    Geschwind schlug der Kleine die Decke zurück, sprang aus dem Bett und lief zu ihm hinüber. Judith vertrat ihm den Weg.
    »Halt, kleiner Ritter! Du musst aufpassen! Du darfst auf keinen Fall auf sein Lager klettern, hörst du?«
    Er nickte ernsthaft, wand sich um sie herum und strich Ludwig vorsichtig über die Hand. »Tut das weh?«, fragte er.
    »Nein. Der Kopf tut mir weh und das Bein ein bisschen. Aber das kann ich aushalten.«
    Judith erinnerte sich an den Sirup aus Hundszunge, von dem Silas gesprochen hatte. Sie musste unbedingt zu Sigena reiten. Doch wer sollte auf Beringar achtgeben?
    »Komm, kleiner Ritter. Wir kleiden dich an, und dann suchen wir Gerlind.«
    Sie fand ihren Vater beim Waffenschmied, wo er das Säubern und Einölen seiner Rüstung überwachte. »Sieh noch mal nach dem Kettenhemd, Sigmar. Etliche Glieder sind beschädigt worden. Und lass nicht wieder den Jungen an den Brustpanzer, erledige das diesmal selbst. Er war zu teuer, um in deiner Kammer zu verrosten.«
    Er schüttelte skeptisch den Kopf, als Judith ihm von ihrem Vorhaben erzählte.
    »Vater, die Tante weiß bestimmt, wo wir die richtigen Kräuter finden können. Ludwig braucht sie gegen seine Schmerzen. Außerdem ist Katharina krank. Es wäre ohnehin besser, sie käme selbst nach ihr sehen. Katharina traut dem Heiler nicht.«
    »Warum schicken wir nicht einfach einen Boten zum Straußberg?«
    »Wir könnten uns gleich die Hundszunge zeigen lassen, wenn Ihr Silas und mich als Boten schickt. Bitte, Vater.«
    »Aber du solltest dich mit Isabella um die Prinzessin kümmern, sie ist unser Gast und ganz allein.«
    »Gestern habt Ihr noch gesagt, sie hätte Gesinde genug.«
    »Judith!« Seine Stirn umwölkte sich, sie war zu weit gegangen.
    »Verzeiht.« Kleinmütig stand sie vor ihm. Was konnte sie jetzt noch tun?
    »Lasst sie reiten, Herr. Beringar und ich, wir werden die Prinzessin unterhalten.« Gerlinds sanfte Stimme kam ihr zu Hilfe. Sie war mit dem Jungen an der Hand über den Hof gekommen, als hätte sie geahnt, dass Beistand nötig war. »Und Isabella ist auch noch da.«
    Graf Ludwigs Blick wurde weich. »Also gut, in Gottes Namen, reitet. Überbringt Johannes vom Straußberg meine Grüße.«
    Judith rannte über den Hof zum Pferdestall, wo sie nach Silas rief. Sie ging vorbei an den vorderen Boxen und fand ihn schließlich ganz hinten. Die letzte Box war blitzsauber, frisches Stroh duftete unter einem blank geschrubbten Hafertrog. In der rechten Ecke lag eine zusammengerollte Decke neben der Holzkiste, die sie bereits kannte. Hier war also sein Lager. Silas striegelte ein schwarzes Pferd, das neugierig über seine Schulter blickte.
    Er hatte sie wohl nicht gehört, denn er redete leise auf das Tier ein. »Mein schöner Nawar, das gefällt dir, nicht wahr? Halt still, da ist eine Klette in deiner Mähne.«
    Judith blieb staunend am offenen Verschlag stehen. Ein solches Pferd hatte sie noch nie
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