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Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)

Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)

Titel: Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
Autoren: Scott Mariani
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angstvoll auf, als sie hinter einer Biegung verschwand. Ihre Blicke begegneten sich ein letztes Mal. Dann war sie weg.
    Plötzlich waren überall andere große Männer in weißen Gewändern. Sie hatten schwarze Bärte und drängten sich um ihn. Sie überragten ihn, blockierten seinen Weg und seine Sicht und redeten in einer Sprache auf ihn ein, die er nicht verstand. Die Augen in ihren mahagonifarbenen Gesichtern waren rund und weiß, und schwarze Zahnlücken klafften in ihren Mündern. Plötzlich packten sie ihn mit kräftigen Händen an Armen und Schultern und hielten ihn fest. Er schrie und kämpfte und wehrte sich, doch es waren mehr und mehr und mehr, und er konnte sich nicht mehr rühren …
     
    Er hielt das Glas fest in der Hand und spürte das Brennen des Whiskeys auf der Zunge. In der Ferne, jenseits des schwarzen, wogenden, rauschenden Meeres, wurde der Horizont allmählich heller und färbte sich rot im ersten Licht der Morgendämmerung.
    Er wandte sich vom Fenster ab, als er hörte, wie sich hinter ihm die Tür öffnete. «Morgen, Win», sagte er und lächelte gezwungen. «Wieso bist du schon so früh auf?»
    Sie sah ihn sorgenvoll an. Ihr Blick huschte zu dem Glas in seiner Hand und der leeren Flasche auf dem Tisch hinter ihm. «Ich dachte, ich hätte Stimmen gehört. Ist alles in Ordnung, Ben?»
    «Ich konnte nicht mehr schlafen.»
    «Wieder die Albträume?», fragte sie mitfühlend.
    Er nickte.
    Winnie stieß einen Seufzer aus und nahm das alte, abgegriffene Foto hoch, das er angesehen und neben der Whiskeyflasche auf dem Tisch hatte liegenlassen. «War sie nicht wunderschön?», flüsterte die alte Haushälterin. Sie schüttelte den Kopf und biss sich auf die Lippe.
    «Ich vermisse sie so sehr, Winnie. Nach all den Jahren vermisse ich sie immer noch.»
    «Und du meinst, das wüsste ich nicht, Junge?», erklärte sie und sah zu ihm hoch. «Ich vermisse sie alle.» Sie legte das Foto vorsichtig wieder zurück.
    Er hob das Glas an die Lippen und leerte es in einem Zug.
    Winnie runzelte die Stirn. «Ben, diese Trinkerei …»
    «Keine Vorträge, Winnie.»
    «Ich habe noch nie ein Wort gesagt, Ben», erwiderte sie mit fester Stimme. «Aber es wird immer schlimmer. Was ist los, Ben? Seit du zurückgekommen bist von diesem Mann, bist du rastlos. Du isst nicht mehr, du hast in den vergangenen drei Nächten kaum ein Auge zugetan. Ich mache mir Sorgen um dich. Sieh dich doch an – du bist blass. Und ich weiß, dass du diese Flasche erst gestern Abend aufgemacht hast.»
    Er lächelte schwach, beugte sich vor und küsste sie auf die Stirn. «Tut mir leid, wenn ich aufgebracht reagiert habe. Ich wollte dich nicht verletzen, Win. Ich weiß, wie schwierig es sein muss, mit mir zu leben.»
    «Was wollte dieser Mann überhaupt von dir?»
    «Fairfax?» Ben drehte sich zum Fenster, blickte hinaus auf das Meer und beobachtete, wie die aufgehende Sonne die Unterseite der Wolken mit ihrem goldenen Licht anstrahlte. «Er wollte … Er wollte, dass ich Ruth rette», sagte er und wünschte, sein Glas wäre nicht leer.
     
    Er wartete bis kurz vor neun, dann griff er nach seinem Telefon.
    «Haben Sie sich mein Angebot noch einmal überlegt?», fragte Fairfax.
    «Sie haben niemand anderen gefunden?»
    «Nein.»
    «In diesem Fall nehme ich an.»

Kapitel 6
Oxford
     
    Ben war zu früh für seine Verabredung in der Oxford Union Society. Wie viele andere ehemalige Studenten der Universität war er ein lebenslanges Mitglied der ehrwürdigen Institution in der Nähe von Cornmarket, die nur Mitgliedern offensteht und diesen seit Jahrhunderten als Treffpunkt und Debattierclub dient. Wie in seinen Studententagen mied er den prunkvollen Haupteingang und betrat das Gebäude von hinten. Er ging an einem McDonald’s-Restaurant vorbei und durch eine schmale Seitengasse. Am Eingang zeigte er seinen abgenutzten alten Mitgliedsausweis; danach wanderte er zum ersten Mal seit nahezu zwanzig Jahren durch die geheiligten Hallen.
    Was für ein merkwürdiges Gefühl, wieder hier zu sein. Er hätte nie geglaubt, dass er je wieder den Fuß an diesen Ort setzen würde – oder auch nur in diese Stadt – angesichts all der dunklen Erinnerungen, die hier begraben lagen. Erinnerungen an einen Lebensplan und an das, was das Schicksal stattdessen für ihn auserkoren hatte.
    Professor Rose war noch nicht eingetroffen, als Ben die alte Bibliothek der Oxford Union betrat. Nichts hatte sich verändert. Er blickte sich um, musterte die dunkle
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