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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis
Autoren: Starhawk
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Vater.«
    Leise schlüpfte Maya hinter den Baum, um die anderen nicht zu stören. Sie lehnte das Glas gegen den schlanken Baumstamm. Um den Stamm war ein Kupfergürtel mit englischen und jüdischen Inschriften gelegt. »Lebensbaum für alle, die an mir festhalten.«
    »Belauerst du deine Beute, du alte Ketzerin!« raunte eine rostige Stimme gut gelaunt hinter ihrem Rücken. Sie wandte sich um und erkannte Doktor Sam, einen Kollegen Madrones aus dem Krankenhaus. Seine weiße Haarmähne und seine buschigen Augenbrauen erinnerten sie an ihren Vater. Sie musterte Sam. Kein schöner, aber ein interessanter Mann, dachte sie und schenkte ihm ein Lächeln.
    »Ich ehre meine Ahnen«, erklärte Maya.
    »Und, sind die Ahnen beeindruckt?«
    »Wer weiß? Wenn ich den Geist meines Vaters wirklich besänftigen wollte, müßte ich vermutlich Weihrauch vor einem Bild von Karl Marx verbrennen.«
    Sam lachte: »Du bist wirklich eine Ketzerin.«
    »Und wie steht es mit dir? Behauptest du nicht, Atheist zu sein?«
    »Mir geht es um die Argumente. Ist die Zerstörung der Umwelt die neue Form der Tempelzerstörung? An welchem Lebensbaum sollen wir festhalten, Torah oder Asherah, der Erdgöttin?«
    »Und, bist du zu einem Entschluß gekommen?«
    »Nein, es geht nicht um Entscheidungen. Das solltest du doch am besten von allen wissen. Wo bliebe unser Spaß am Diskutieren, wenn wir uns festlegten.«
    Plötzlich spürte Maya einen Funken zwischen ihnen. Dieser Sam, er gefiel ihr. Konnte es sein, daß sie das Bild ihres Vaters auf einen 20 Jahre jüngeren Mann übertrug? Die Gebete endeten, und die Thora-Rolle wurde in den Schrein zurückgelegt, als das Schneckenhorn zum vierten Mal ertönte.
    »Es wird Zeit«, sagte Sam und bot ihr seinen Arm an. »Gestattest du?«
    Yemayas Schrein war an der Westseite des Hügels, Richtung Ozean, obwohl der Ausblick auf das Wasser durch Twin Peaks blockiert wurde. Madrone verweilte einen Moment unter der Statue der schwangeren Meerjungfrau, der großen Mutter, der Göttin der Meere. Sie legte ihre letzte Gabe nieder, einen perfekten Sanddollar, den sie vor langer Zeit gefunden hatte. Er erinnerte sie an den Stein, den Bird ihr geschenkt hatte. Versteinerte Sanddollars gab es viele, aber heutzutage waren die verlassenen Hüllen der noch Lebenden rar geworden. Er stellte eine würdige Opfergabe dar. Sie trennte sich nur sehr schwer von diesem Sanddollar, er war eine Verbindung zu ihren Erinnerungen. Da war dieser Spaziergang mit Bird am Strand unterhalb der Deiche, die die äußeren Bezirke der City vor den steigenden Wassern des Ozeans schützten, wie schön hatte doch das Licht auf den Wellen gespielt... Und immer noch klangen ihr seine Lieder im Ohr, immer noch spürte sie, wie seine Hände ihr windzerzaustes Haar gebändigt hatten.
    Der letzte, mahnende Ton des Schneckenhorns drang über den Hügel. Es wurde Zeit, die Geister der Verstorbenen zu verlassen und die Zeremonie zu beenden. »Große Mutter allen Lebens, erste Ahnin, nimm diese Gabe an«, murmelte sie zu Yemaya. »Bewahre die Leben der Lebenden. Schenke mir Stärke. Und ja, Iya, Mama, ich bin traurig, ich habe meine Liebhaber und Compañeros verloren, alte und neue. Ich bin einsam. Dreh' das Rad für mich.«
    Die Sonne brannte heiß auf Madrones Nacken, als sie zum Sammelplatz zurück ging. Im Osten flirrten Hitzewellen über den von der Sonne versengten Tälern, und Staub wirbelte durch die Luft. Westlich des Berges lagen blaue Nebelbänke über Twin Peaks.
    Auf dem Gipfel war ein rundes Amphitheater geschaffen worden. Es war bereits gefüllt mit Menschen, alle in froher Erwartung. Madrone erspähte Maya ganz unten, im untersten Rang, wo alle versammelt waren, die etwas zur Zeremonie beitrugen. Sam stand neben ihr, und Madrone seufzte leicht. Er würde wissen wollen, wie die Geburt verlaufen war, und sie würde wieder darüber sprechen müssen. Sie legte die mitgebrachten Eßwaren auf die gemeinsame Tafel und gesellte sich dann zu den anderen. Sie begrüßten einander, während die vier Concheros mit hoch erhobenen Schilden stolz in die Mitte einzogen. Sie begrüßten zunächst die vier Himmelsrichtungen und dann die Erde, den Himmel und das Zentrum.
    Die Musiker begannen zu spielen und alle sangen, als das Ritualfeuer von vier Maskierten angezündet wurde. Sie stellten Vogel, Fisch, Koyote und Hirsch dar und symbolisierten die vier Himmelsrichtungen und die vier Heiligen Elemente.
    Es folgten Tänze, Gesänge und Anrufungen der vier Heiligen
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