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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus
Autoren: Sophie Hannah
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Frau nicht mehr da war, als Kit sich das Video ansah. Ich kann es nicht erklären, aber das bedeutet ja nicht, dass es keine Erklärung gibt. Es muss eine geben.«
    Sam K. nickt. Seine Miene ist undurchdringlich. Vielleicht hat er es sich zum Prinzip gemacht, Verrückte nicht zu entmutigen. Wenn er mich für verrückt hält, wünschte ich, er würde es klar und deutlich sagen: Sie spinnen ja, Mrs Bowskill . Ich habe ihm angeboten, mich Connie zu nennen, aber ich glaube, das will er nicht. Seitdem hat er mich gar nicht mehr mit Namen angeredet.
    »Wo ist Simon?«, frage ich. Als ich ihn gestern auf dem Handy anrief, teilte seine aufgezeichnete Stimme mir mit, dass er nicht ans Telefon gehen könne. Er verriet weder warum noch wie lange, nannte aber eine Nummer, die man im Notfall anrufen könne: Sam K.s Nummer, wie sich herausstellte.
    »Er ist auf Hochzeitsreise.«
    »Oh.« Er hat mir nicht gesagt, dass er heiraten wird. Bestand vermutlich auch kein Anlass dazu. »Wann kommt er zurück?«
    »Er ist vierzehn Tage fort.«
    »Es tut mir leid, dass ich Sie um zwei Uhr nachts angerufen habe«, entschuldige ich mich. »Ich hätte bis zum Morgen warten sollen, aber … Kit war wieder ins Bett gegangen, und ich konnte einfach nicht nichts tun. Ich musste jemandem sagen, was ich gesehen hatte.«
    Vierzehn Tage. Natürlich – so lange dauern Flitterwochen. Kit und ich haben sogar noch länger geflittert: drei Wochen Sri Lanka. Ich erinnere mich, dass meine Mutter wissen wollte, ob die dritte Woche »auch wirklich nötig« sei. Kit erwiderte höflich, aber entschieden, ja, das sei sie. Er hatte alles arrangiert und schätzte es gar nicht, wenn jemand daran herumkrittelte. Die Hotels, die er ausgesucht hatte, waren so schön, dass ich kaum glauben konnte, dass es Wirklichkeit war und kein Traum. Wir blieben jeweils eine Woche in einem Hotel. Kit nannte das letzte ›das wirklich nötig Hotel‹.
    Simon Waterhouse hat ein Recht auf seine Flitterwochen, genau wie Kit ein Recht auf seinen Schlaf hat. Genau wie Sam K. das Recht hat, rasch und so früh wie möglich mit meinen Problemen fertig zu werden, damit er den Rest seines freien Samstags genießen kann. Es kann unmöglich sein, dass jeder Mensch, den ich kenne, mich im Stich lässt. Es muss an mir liegen.
    »In der Voicemail-Nachricht hat er Ihren Namen nicht erwähnt, nur die Nummer«, sage ich. »Ich dachte, es wäre vielleicht irgendein Bereitschaftsdienst, wie Ärzte ihn haben.«
    »Machen Sie sich keine Gedanken deswegen. Ehrlich. Es war eine angenehme Abwechslung, mal einen Notfall-Anruf von jemand anderem als Simons Mutter zu bekommen.«
    »Geht es ihr gut?«, frage ich. Ich spüre, dass das von mir erwartet wird.
    »Das ist Ansichtssache.« Sam K. lächelt. »Simon ist gestern gefahren, und seitdem hat sie bereits zwei Mal angerufen, weinend. Sie beteuerte, dass sie mit ihm sprechen müsse. Er hat ihr gesagt, dass Charlie und er ihre Handys nicht mitnehmen würden, aber ich denke, sie hat ihm nicht geglaubt. Und jetzt glaubt sie mir nicht, wenn ich sage, dass ich nicht weiß, wo er ist – obwohl es stimmt.«
    Ich überlege, ob Charlie, mit der oder dem Simon Waterhouse in die Flitterwochen gefahren ist, ein Mann oder eine Frau ist. Auch wenn das überhaupt keine Rolle spielt.
    Kit kommt mit dem Tee und einem Teller mit Schokoladenkeksen auf einem Holztablett. »Bedienen Sie sich«, sagt er zu Sam K. »Also, wie sieht’s aus?« Er will Fortschritte, Lösungen. Er will hören, dass seine Frau während seines zehnminütigen Aufenthalts in der Küche durch den Experten von ihrem Wahn kuriert wurde.
    Sam K. setzt sich gerader hin. »Ich habe auf Sie gewartet. Lassen Sie mich etwas erklären …« Er wendet sich von Kit ab und mir zu. »Ich helfe Ihnen gerne, so gut ich kann, und ich werde den Kontakt mit den zuständigen Stellen herstellen, wenn Sie die Sache weiterverfolgen wollen, aber … ich selbst kann in der Sache nichts unternehmen. Das könnte auch Simon Waterhouse nicht, wenn er hier wäre, wenn er nicht auf Hochzeitsreise wäre, und selbst wenn …« Er verstummt und beißt sich auf die Lippen.
    Selbst wenn das nicht die unwahrscheinlichste Geschichte wäre, die ich je gehört habe, und eigentlich unmöglich etwas dran sein kann . Das war es, was ihm auf der Zunge gelegen hat.
    »Wenn eine Frau verletzt oder tot in einem Haus in Cambridge liegt, dann müssen Sie mit den Kollegen in Cambridge sprechen«, schließt er seine Ausführungen.
    »Sie war nicht
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