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Das Fräulein von Scuderi

Das Fräulein von Scuderi

Titel: Das Fräulein von Scuderi
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Anzeige mich, wo nicht geradezu ins Verderben, doch in den abscheulichen Prozeß verwickeln konnte. Hätte la Regnie, überall Verbrechen witternd, mir's denn geradehin geglaubt, wenn ich den rechtschaffenen Cardillac, das Muster aller Frömmigkeit und Tugend, des versuchten Mordes angeklagt? Wie, wenn das Schwert der Gerechtigkeit seine Spitze wider mich selbst gewandt? Das war nicht möglich, rief die Scuderi. Eure Geburt – Euer Stand – O, fuhr Miossens fort, denkt doch an den Marschall von Luxemburg, den der Einfall, sich von le Sage das Horoskop stellen zu lassen, in den Verdacht des Giftmordes und in die Bastille brachte. Nein, beim St. Dionys, nicht eine Stunde Freiheit, nicht meinen Ohrzipfel geh' ich preis dem rasenden la Regnie, der sein Messer gern an unser aller Kehlen setzte. Aber so bringt Ihr ja den unschuldigen Bru-
    ßon aufs Schaffott? fiel die Scuderi ins Wort. Unschuldig, erwiderte Miossens, unschuldig, mein Fräulein, nennt Ihr des versuchten Cardillacs Spießgesellen? – der ihm bei-stand in seinen Taten? der den Tod hundertmal verdient 72
    hat? – Nein in der Tat, der blutet mit Recht, und daß ich Euch, mein hochverehrtes Fräulein, den wahren Zusammenhang der Sache entdeckte, geschah in der Vorausset-zung, daß Ihr, ohne mich in die Hände der Chambre ardente zu liefern, doch mein Geheimnis auf irgend eine Weise für Euren Schützling zu nützen verstehen würdet.
    Die Scuderi, im Innersten entzückt, ihre Überzeugung von Brußons Unschuld auf solch entscheidende Weise bestä-
    tigt zu sehen, nahm gar keinen Anstand, dem Grafen, der Cardillacs Verbrechen ja schon kannte, alles zu entdecken und ihn aufzufordern, sich mit ihr zu d'Andilly zu begeben.
    Dem sollte unter dem Siegel der Verschwiegenheit alles entdeckt werden, der sollte dann Rat erteilen, was nun zu beginnen.
    D'Andilly, nachdem die Scuderi ihm alles auf das genaueste erzählt hatte, erkundigte sich nochmals nach den geringfügigsten Umständen. Insbesondere fragte er den Grafen Miossens, ob er auch die feste Überzeugung habe, daß er von Cardillac angefallen, und ob er Olivier Brußon als denjenigen würde wieder erkennen können, der den Leichnam fortgetragen. Außerdem, erwiderte Miossens, daß ich in der mondhellen Nacht den Goldschmied recht gut erkannte, habe ich auch bei la Regnie selbst den Dolch gesehen, mit dem Cardillac niedergestoßen wurde.
    Es ist der meinige, ausgezeichnet durch die zierliche Arbeit des Griffs. Nur einen Schritt von ihm stehend, gewahrte ich alle Züge des Jünglings, dem der Hut vom Kopf gefallen, und würde ihn allerdings wieder erkennen können.
    D'Andilly sah schweigend einige Augenblicke vor sich nieder, dann sprach er: Auf gewöhnlichem Wege ist Brußon aus den Händen der Justiz nun ganz und gar nicht zu retten. Er will Madelons halber Cardillac nicht als Mordräuber nennen. Das mag er tun, denn selbst, wenn es ihm gelingen würde, durch Entdeckung des heimlichen Ausgangs, 73
    des zusammengeraubten Schatzes dies nachzuweisen,
    müßte ihn doch als Mitverbundenen der Tod treffen. Dasselbe Verhältnis bleibt stehen, wenn der Graf Miossens die Begebenheit mit dem Goldschmied, wie sie wirklich sich zutrug, den Richtern entdecken sollte. Aufschub ist das einzige, wonach getrachtet werden muß. Graf Miossens begibt sich nach der Conciergerie, läßt sich Olivier Brußon vorstellen und erkennt ihn für den, der den Leichnam Cardillacs fortschaffte. Er eilt zu la Regnie und sagt: In der Straße St. Honoré sah ich einen Menschen niederstoßen, ich stand dicht neben dem Leichnam, als ein anderer hin-zusprang, sich zum Leichnam niederbückte, ihn, da er noch Leben spürte, auf die Schultern lud und forttrug. In Olivier Brußon habe ich diesen Menschen erkannt. Diese Aussage veranlaßt Brußons nochmalige Vernehmung, Zu-sammenstellung mit dem Grafen Miossens. Genug, die Tortur unterbleibt und man forscht weiter nach. Dann ist es Zeit, sich an den König selbst zu wenden. Euerm Scharfsinn, mein Fräulein! bleibt es überlassen, dies auf die geschickteste Weise zu tun. Nach meinem Dafürhalten würd'
    es gut sein, dem Könige das ganze Geheimnis zu entdek-ken. Durch diese Aussage des Grafen Miossens werden Brußons Geständnisse unterstützt. Dasselbe geschieht vielleicht durch geheime Nachforschungen in Cardillacs Hause. Kein Rechtsspruch, aber des Königs Entschei-dung, auf inneres Gefühl, das da, wo der Richter strafen muß, Gnade ausspricht, gestützt, kann das alles begründen. – Graf
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