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Das Fräulein von Scuderi

Das Fräulein von Scuderi

Titel: Das Fräulein von Scuderi
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Untenstehende bei diesen Worten vor tiefem Schmerz stöhnte und schluchzte; dabei war der Ton von seiner Stimme der eines Jünglings, sanft und eindringend tief in die Brust. Sie fühlte sich im Innersten bewegt, ohne sich weiter lange zu besinnen, holte sie die Schlüssel herbei.
    Sowie sie die Türe kaum geöffnet, drängte sich ungestüm die in den Mantel gehüllte Gestalt hinein und rief, an der Martiniere vorbeischreitend in den Flur, mit wilder Stimme: Führt mich zu Eurem Fräulein! Erschrocken hob die Martiniere den Leuchter in die Höhe, und der Kerzenschimmer fiel in ein todbleiches, furchtbar entstelltes Jünglingsantlitz.
    Vor Schrecken hätte die Martiniere zu Boden sinken mö-
    gen, als nun der Mensch den Mantel auseinanderschlug und der blanke Griff eines Stiletts aus dem Brustlatz her-vorragte. Es blitzte der Mensch sie an mit funkelnden Augen und rief noch wilder als zuvor: Führt mich zu Eurem Fräulein, sage ich Euch! Nun sah die Martiniere ihr Fräulein in der dringendsten Gefahr, alle Liebe zu der teuren Herrschaft, in der sie zugleich die fromme, treue Mutter ehrte, flammte stärker auf im Innern und erzeugte einen Mut, dessen sie wohl selbst sich nicht fähig geglaubt hätte.
    Sie warf die Türe ihres Gemachs, die sie offen gelassen, schnell zu, trat vor dieselbe und sprach stark und fest: In 4
    der Tat, Euer tolles Betragen hier im Hause paßt schlecht zu Euren kläglichen Worten da draußen, die, wie ich nun wohl merke, mein Mitleiden sehr zu unrechter Zeit erweckt haben. Mein Fräulein sollt und werdet Ihr jetzt nicht sprechen. Habt Ihr nichts Böses im Sinn, dürft Ihr den Tag nicht scheuen, so kommt morgen wieder und bringt Eure Sache an! – Jetzt schert Euch aus dem Hause! Der
    Mensch stieß einen dumpfen Seufzer aus, blickte die Martiniere starr an mit entsetzlichem Blick und griff nach dem Stilett. Die Martiniere befahl im stillen ihre Seele dem Herrn, doch blieb sie standhaft, und sah dem Menschen keck ins Auge, indem sie sich fester an die Türe des Gemachs drückte, durch welches der Mensch gehen mußte, um zu dem Fräulein zu gelangen. Laßt mich zu Eurem Fräulein, sage ich Euch, rief der Mensch nochmals. Tut was Ihr wollt, erwiderte die Martiniere, ich weiche nicht von diesem Platz, vollendet nur die böse Tat, die Ihr begonnen, auch Ihr werdet den schmachvollen Tod finden auf dem Greveplatz, wie Eure verruchten Spießgesellen. Ha, schrie der Mensch auf, Ihr habt recht, la Martiniere! ich se-he aus, ich bin bewaffnet wie ein verruchter Räuber und Mörder, aber meine Spießgesellen sind nicht gerichtet, sind nicht gerichtet! – Und damit zog er, giftige Blicke schießend auf die zum Tode geängstigte Frau, das Stilett heraus. Jesus! rief sie, den Todesstoß erwartend, aber in dem Augenblick ließ sich auf der Straße das Geklirr von Waffen, der Huftritt von Pferden hören. Die Marechaussee
    – die Marechaussee. Hilfe, Hilfe! schrie die Martiniere.
    Entsetzliches Weib, du willst mein Verderben – nun ist alles aus, alles aus! – nimm! – nimm; gib das dem Fräulein heute noch – morgen wenn du willst – dies leise murmelnd hatte der Mensch der Martiniere den Leuchter weggeris-sen, die Kerzen verlöscht und ihr ein Kästchen in die Hän-de gedrückt. Um deiner Seligkeit willen, gib das Kästchen 5
    dem Fräulein, rief der Mensch und sprang zum Hause hinaus. Die Martiniere war zu Boden gesunken, mit Mühe stand sie auf und tappte sich in der Finsternis zurück in ihr Gemach, wo sie ganz erschöpft, keines Lautes mächtig, in den Lehnstuhl sank. Nun hörte sie die Schlüssel klirren, die sie im Schloß der Haustüre hatte stecken lassen. Das Haus wurde zugeschlossen und leise unsichere Tritte nah-ten sich dem Gemach. Fest gebannt, ohne Kraft sich zu regen, erwartete sie das Gräßliche; doch wie geschah ihr; als die Türe aufging und sie bei dem Scheine der Nacht-lampe auf den ersten Blick den ehrlichen Baptiste erkannte; der sah leichenblaß aus und ganz verstört. Um aller Heiligen willen, fing er an, um aller Heiligen willen, sagt mir Frau Martiniere, was ist geschehen? Ach die Angst, die Angst! – Ich weiß nicht was es war, aber fortgetrieben hat es mich von der Hochzeit gestern Abend mit Gewalt! –
    Und nun komme ich in die Straße. Frau Martiniere, denk'
    ich, hat einen leisen Schlaf, die wird's wohl hören, wenn ich leise und säuberlich anpoche an die Haustüre, und mich hineinlassen. Da kommt mir eine starke Patrouille entgegen, Reiter, Fußvolk bis an die Zähne
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