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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel
Autoren: Umberto Eco
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den Ausdruck einer Computerdatei, nach dem Datum zu schließen offenbar eines der ersten Experimente mit dem Word Processor, der filename war in der Tat
    »Abu«. Ich erinnerte mich an die Zeit, als Abulafia seinen Einzug in den Verlag gehalten hatte, an Belbos fast kindli-chen Enthusiasmus, an Gudruns Gebrumm und Diotallevis ironische Reden.
    Daß er ihn »Abu« nannte, war sicher Belbos private Reaktion auf seine Verleumder gewesen, eine Art Studentenspaß, typisch für den Neuling, aber es sagte viel über den kombi-natorischen Eifer, mit dem er sich auf die Maschine gestürzt hatte. Er, der immer mit seinem blassen Lächeln behauptete, seit er entdeckt habe, daß er kein Protagonist sein könne, habe er beschlossen, ein intelligenter Zuschauer zu sein —
    wozu schreiben, wenn man keine ernsthafte Motivation dazu habe, lieber die Bücher der anderen umschreiben, das sei die Arbeit des guten Verlagslektors —, er hatte in der Maschine eine Art Droge gefunden, hatte die Finger über die Tastatur gleiten lassen, als variiere er auf dem alten Haus-32
    klavier über den Flohwalzer, ohne Furcht, von anderen beurteilt zu werden. Nicht daß er glaubte, damit »kreativ« zu sein — er, der solche Angst vor dem Schreiben hatte, er wußte sehr wohl, daß dies keine Kreation war, sondern Er-probung der elektronischen Effizienz, gymnastische Übung.
    Aber während er seine vertrauten Gespenster darüber vergaß, fand er vermutlich in diesem Spiel die Formel zum Aus-leben der charakteristischen zweiten Jugend eines Fünfzig-jährigen. Jedenfalls, sein angebotenen Pessimismus und seine schwierige Abrechnung mit der Vergangenheit hatten sich irgendwie abgeschwächt und verflüchtigt im Dialog mit einem mineralischen, objektiven, gehorsamen, unverant-wortlichen, transistorisierten Gedächtnis, dessen Un-menschlichkeit so menschlich war, daß sie ihm erlaubte, sein gewohntes mal de vivre nicht zu empfinden.
    Filename: Abu
    Oh, welch klarer spätherbstlicher Morgen Ende November, im Anfang war das Wort, singe mir Muse den Zorn des Peliden, habe nun ach, die Frauen die Ritter die Waffen die Lieben, in alten Maeren wunders viel geseit. Punkt und Absatz geht von allein.
    Probieren geht über Studieren, parakaló parakaló, mit dem richtigen Programm machst du auch Anagramme, und angenommen, du hast einen ganzen Roman geschrieben über einen Südstaatler namens Rhett Buttler und ein launisches Mädchen mit Namen Scarlett, und dann tut’s dir leid, dann brauchst du bloß einen Befehl zu geben, und Abu verwandelt dir alle Rhett Butlers in Fürsten Andrej und alle Scarletts in Nataschas, Atlanta wird Moskau, und du hast Krieg und Frieden geschrieben.
    Jetzt wollen wir mal sehen, was Abu für Sachen machen kann.
    Ich schreibe diesen Satz, gebe Abu den Befehl, alle »a« mit »akschuf« und alle »e« mit »üftal« zu ersetzen, und herauskommt etwas quasi fast Türkisches.
    Jüftaltzt wollüftaln wir makschufl süftalhüftaln, wakschufs Akschufbu für Sakschufchüftain makschufchüftain kakschufnn: ich schrüftalibüftal diüftalsüftaln Sakschuftz, güftalbüftal Akschufbu sodakschufnn düftaln Büftalfüftalhl, akschufilüftal »akschuf« mit »ak-schufkschuf« und akschufilüftal »üftal« mit »üftakschufl« zu üftalr-süftaltzüftain, und hptalrakschufus kommt üftaltwakschufs quak-schufsi fakschufst Türkischüftals.
    33
    O Freude, schöner Götterfunken, o Schwindel der Difference, o mein idealer Leser/Schreiber, affected by an ideal insomnia, o Finnegans Wache, o anmutiges und holdes Tier. Der Computer hilft einem nicht denken, aber er hilft einem für ihn denken. Total spirituelle Maschine. Wenn man mit dem Gänsekiel schreibt, zerkratzt man das feuchte Papier und muß dauernd die Feder ins Tintenfaß tunken, die Gedanken überlagern sich, und die Hand kommt nicht nach, wenn man mit der Klappermaschine schreibt, verhaken sich die Typen, man kann nicht im Tempo der eignen Synapsen schreiben, nur im plumpen Rhythmus der Mechanik.
    Hier dagegen, mit ihm (ihr?) phantasieren die Finger, der Geist streift die Tastatur, die Gedanken fliegen auf goldenen Schwingen, endlich meditiert die strenge Kritische Vernunft über das Glück des ersten Anhiebs.
    Un sie hmal wasich jetz mache, ich nehem diesn bolck vn ortogrfhischen Tetralogien und b fehle dr maschien, ihn zu codif-fernzieren und in irrem gedachtnis z spei echern, und dannsoll sies wider Rausholen aus Irhem innnern und auf dem Minitor rprodu-zieren, las Strafe für irhe
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