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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)
Autoren: Peter Tremayne
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Flüchtenden tötet oder auch nur verletzt, wird das als Straftat geahndet; er hat das Schutzrecht,
díguin
, mißachtet. Die Formen, wie er zur Rechenschaft gezogen wird, sind ausdrücklich festgelegt. In den ausgewiesenen Gebieten darf ein Flüchtling weder gefangengenommen werden noch sonst irgendwie Schaden nehmen …«
    »Es sei denn …«, half Brehon Morann ein, als sie zögerte.
    »… dass drei Bedingungen erfüllt sind«, fuhr sie fort. »Der Hausherr des
maigen
, ob weltlich oder geistlich, muss dem Schutzsuchenden die ausdrückliche Erlaubnis erteilt haben, nachdem ihm der einen wahrheitsgetreuen Bericht über den Verlauf der Dinge gegeben hat. Damit ist der Schirmherr des
maigen
laut Gesetz befugt, für den Flüchtling zu handeln. Die zweite Bedingung ist die, dass der Schirmherr jedweden Verfolger eindeutig darüber informieren muss, dass das betreffende Gebiet eine Freistatt ist. Und die dritte Bedingung besagt, dass der Flüchtling, solange er von dem Asylrecht Gebrauch macht, die Freistatt nicht nutzen darf, um von dort aus Sträfliches zu tun, sich zum Beispiel fortstehlen, Leute überfallen und dann erneut um Schutz ersuchen wollen.«
    Brehon Morann begleitete Fidelmas Erklärungen mit Kopfnicken und wandte sich Faichen Glas zu.
    »Ich darf doch davon ausgehen, dass in der von dir vorgebrachten Angelegenheit die genannten drei Bedingungen erfüllt sind?«
    Der Adlige aus dem Norden schaute bekümmert drein. »Mit eurer Gesetzgebung bin ich nicht vertraut. Soviel aber steht fest, als ich mich der Kirche näherte, kam Bruder Mongan heraus und verwehrte mir ein Nähertreten und seine Gastfreundschaft mit der Begründung, dass es sich um eine Freistatt handelte … oder wie ihr es nanntet … ein
maigen dígona
. Deshalb bin ich ja hergekommen, um mir Rat zu holen.«
    Fidelma beugte sich zu Brehon Morann. »Natürlich darf nicht allen Straftätern, zum Beispiel Mördern, für immer und ewig Asyl gewährt werden, dazu hat selbst ein Geistlicher kein Recht.«
    Brehon Morann wiegte nachdenklich das Haupt. »Was meine junge Kollegin sagt, stimmt. Aber der
snádud
, der rechtliche Schutz, darf so lange gewährt werden, bis die Frage von Schuld oder Unschuld geklärt ist.«
    Ratlos sah Faichen Glas von einem zum anderen.
    »Was bleibt mir dann aber zu tun übrig? Wie soll seine Schuld bewiesen werden, wenn ich ihn nicht vor Gericht bringen kann? Ulam Fionn hält sich in der Kirche verborgen, und ich bin machtlos. Am besten, ich nehme meine Männer und hole ihn mit Gewalt dort heraus.«
    »Wenn du das tust, bist du derjenige, der vor Gericht gestellt wird«, warnte ihn Fidelma. »Der Flüchtling, egal welchen Verbrechens er bezichtigt wird, steht unter dem Schutz des Gesetzes.«
    »Wir müssen uns an das Gesetz halten, Faichen Glas«, bekräftigte Brehon Morann entschieden.
    Er schwieg eine Weile und erhob sich dann freundlich lächelnd.
    »Du sollst die Gastfreundschaft unserer Hohen Schule erfahren, Faichen Glas. Wir werden uns der Sache annehmen, und du bleibst mit deinen Männern derweil bei uns.« Er griff nach einer Glocke auf dem Nebentisch und läutete.
    Unmittelbar darauf trat Adnaí, der alte Verwalter der Schule ein, als hätte er draußen vor der Tür nur darauf gewartet, gerufen zu werden.
    Brehon Morann wies ihn an, sich um die Gäste vom Stamme der Uí Echach Cobo zu kümmern, sie mit Essen zu versorgen und ihnen Schlafstätten zuzuweisen.
    Als Faichen Glas und der alte Verwalter gegangen waren, stand Fidelma etwas unschlüssig herum und war sich nicht recht sicher, ob sie nicht auch gehen sollte. Aber Brehon Morann bedeutete ihr, sich wieder zu setzen.
    »Der vorliegende Fall stellt sich relativ einfach dar«, meinte er nachdenklich. »Vorausgesetzt, die Freistatt wurde nach Recht und Gesetz gewährt, dann wird unser Freund Faichen Glas in sein Land der Uí Echach Cobo zurückkehren müssen. Er muss mit seiner Zeugin und seinem eigenen Brehon vor dem Abt erscheinen, zu dessen Sprengel die Kirche St. Benignus gehört. Der Zufall will es, dass ich Abt Sionna kenne, er ist ein Mann ohne Fehl und Tadel. Vermag Faichen Glas überzeugend darzustellen, warum der genossene Schutz zurückgezogen werden sollte, kann der Abt dafür Sorge tragen, dass Ulam Fionn vor Gericht gestellt wird.«
    Fidelma wartete höflich. Das Gesagte war ihr nichts Neues; sie wusste das alles von ihrem jüngsten Seminar zum Asylrecht.
    »Bevor ich aber Faichen Glas sagen kann, dass er so und nicht anders vorgehen soll, müssen
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