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Das Finale

Das Finale

Titel: Das Finale
Autoren: Hannes Nygaard
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Centers, die sich in der Nähe
aufhielten, die Aktion erst nach dem Abschluss registrierten.
    Auch der Mann, auf
den sie gewartet hatten, benötigte Zeit, bis er sich umdrehte und in Richtung
Ausgang aufbrach. Madsack war aufgestanden und hatte sich ihm in den Weg
gestellt. Dann war Frauke hinzugetreten, verfolgt von den beiden Verkäuferinnen
des Ladens, in dem sie Deckung gesucht hatte.
    Endlich stand sie
ihm gegenüber, dem Mann im Hintergrund, der die Fäden gezogen hatte, dessen
Hirn die teuflischen Pläne entsprungen waren und der zahlreiche Menschenleben
auf dem Gewissen hatte.
    »Guten Morgen«,
sagte sie.
    Er nickte müde.
    Frauke zeigte auf
ein paar schwarze Ledersessel, die um eine in einen Trog gepflanzte Palme
gruppiert waren. »Wollen wir uns nicht setzen?«
    »Wie immer, wenn wir
miteinander geplaudert haben?«
    Der Pate war nicht
aufgeregt, er wirkte in keiner Weise angespannt. Frauke war überrascht, wie
äußerlich unberührt er sich der Situation stellte. Überhaupt schien ihr das
Ganze irreal. Wie oft hatte sie an den Moment gedacht, in dem sie dem
Verbrecherhirn gegenübertreten würde, dem Mann, der kaltblütig Mörder auf sie
angesetzt hatte, der sie vernichten wollte. Jetzt überkam sie keine kalte Wut,
kein unkontrollierbarer Zorn. Nüchtern und emotionslos begleitete sie ihn zu
einem der Sessel.
    Er rückte einen zweiten
so zurecht, dass sie dicht nebeneinanderstanden.
    »Irgendwann musste
es so kommen«, sagte er und legte seine Hand auf ihre. Es war eine vertrauliche
Geste. Im ersten Moment wollte Frauke sie zurückweisen, dann gestattete sie es,
obwohl ihr ein kalter Schauder den Rücken hinunterlief. Wie oft hatte sie diese
Hand berührt, ohne zu ahnen, dass es die des Teufels war.
    »Kein Leugnen? Kein
Bestreiten?«, fragte sie.
    »Beweise?«, fragte
er im Gegenzug.
    »Die SMS von Richter war ein Fehler. Ein anderer die Liebe.«
Merkwürdig, dachte sie, dass ein solcher Mensch Liebe empfinden konnte. Man
mochte es nicht glauben.
    »Ja, von tiefer
Liebe kann sich niemand befreien. Auch keiner wie ich.«
    Es war seltsam,
diese Worte aus seinem Mund zu hören.
    »Und wie verträgt es
sich, mit diesem Gefühl im Herzen solche Verbrechen zu begehen?«
    »Verbrechen?« Er
lachte bitter auf. »Wenn man nicht den Normen folgt, die die Gesellschaft
willkürlich formuliert hat, gilt es als Verbrechen. Wer definiert, dass zum
Beispiel Prostitution oder der Genuss von Betäubungsmitteln ein Verbrechen
ist?«
    »Das verstehe ich
nicht«, sagte Frauke. »Der Kopf einer Verbrecherorganisation hat auf der
bürgerlichen Seite einen ehrenwerten Beruf, der dem Wohl der Menschen dienen
soll, in dem er der Ethik verpflichtet ist.«
    Er nickte. »Du hast
recht, mein Mädchen.«
    Erneut erschauderte
Frauke, dass er sie »mein Mädchen« nannte. Ihr war die Vertraulichkeit in
dieser Situation unheimlich. Doch wenn sie dagegen aufbegehren würde, würde er
möglicherweise schweigen. Frauke spürte, dass er sprechen wollte. Was hatte
Georg gesagt, als er mit seiner Arzttasche neben dem angeschossenen Mörder
Özden hockte und ihr erklärte, dass sie und nicht er
im Fokus der Täter stand? »Wie ich darauf komme? Logik, meine
Liebe .«
    »Wir haben ein umfangreiches
Register von Straftaten. Muss ich die jetzt alle aufzählen?«
    Er schüttelte müde
den Kopf. »Nein. Ich weiß, wann es zu Ende ist.« Er tätschelte leicht ihren
Handrücken. Frauke schien es, als würde jemand glühend heißes Eisen auf ihre
Haut gießen. Sie duldete es trotzdem. »Ich habe nicht viele Fehler gemacht. Es
war das Faszinierende daran, auf eine ganz besondere Weise Macht auszuüben,
Menschen zu manipulieren und zu wissen, dass die da«, dabei beschrieb seine
Hand einen Halbkreis, als würde sie die ahnungslos vorbeigehenden Passanten
einfangen wollen, »Angst haben, wenn ich es gewollt habe.«
    »Richter –«
    Er unterbrach
Frauke. »Mein größter Coup. Ein Polizist, der ernsthaft an seine Aufgabe
geglaubt hat, der dem Recht dienen wollte. Für mich war es eine persönliche
Herausforderung, Richter für unsere Zwecke zu gewinnen, ihn abhängig zu machen
von Geld und seine Gier nach Dingen zu wecken, von denen er als Beamter nur
hatte träumen können. Ich war selbst erstaunt, wie Richter in den Armen von
Frauen alle guten Vorsätze vergaß. Geld! Das war nur ein Nebeneffekt. Er war
süchtig nach den weiblichen Wesen, die wir ihm zuspielten. Für mich gab es
nichts Größeres, als zu sehen, wie ein Mensch seine Seele verkauft. Das
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