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Das Finale

Das Finale

Titel: Das Finale
Autoren: Hannes Nygaard
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Herz.«
Frauke erinnerte sich an die begeisterte Zustimmung der beiden älteren
Angestellten in der Wolfenbüttler Lucky Holding, die sich lobend über ihren
Vorgesetzten ausgesprochen hatten.
    »Gasparone gehörte
nicht zur Organisation.«
    »Was ist mit Herbert
L’Arronge?«
    »Ein
Immobilienfachmann. Der hat vielleicht etwas geahnt, hat dann aber Angst
bekommen und ist untergetaucht.«
    »Ich verstehe nicht,
weshalb Sie mir hier in dieser Offenheit alles beichten?«, sagte Frauke.
    Er sah sie lange an.
»Ich hatte doch alles. Ein erfülltes Leben. Ich war eine anerkannte
Persönlichkeit, ein Ehrenmann. Ich durfte meinen Traum leben. Kann man sich
mehr wünschen? Wer von denen …«, erneut ließ er seinen Arm im Halbkreis
herumwandern und zeigte auf die Passanten, »hat ein solches Glück haben
dürfen?«
    »Und die Liebe«, kam
Frauke auf seinen Schwachpunkt zurück.
    »Ja«, gestand er.
»Darüber bin ich gestolpert. Aber jetzt, wo die Liebe unwiederbringlich ein
Ende gefunden hat, lohnt auch der Rest nicht mehr. Und darum, mein Mädchen,
habe ich dich mit vollem Hass verfolgt, wollte dich töten lassen, so wie du
meine Zukunft zerstört hast.« Er sackte in sich zusammen. Sein Blick glitt ins
Unendliche, als würde dort das Bild seiner Liebe erscheinen. Es hatte lange
gedauert, bis die Polizei diese Frage gelöst hatte. Frauke hatte immer geahnt,
dass es ein Schlüssel des ganzen Falls sein könnte. Und sie hatte recht
behalten.
    »Sie hingen sehr an
Ihrem Neffen, Dottore Carretta?«, fragte sie.
    Der alte Anwalt nickte
müde. »Wie ein Sohn. Nachdem die Polizia di Stato meinen Bruder erschossen
hatte, habe ich meinen Neffen an Kindes statt angenommen. Er war mein Blut,
nachdem mir keine eigenen Kinder vergönnt waren. Er war das Einzige, was ich
noch hatte. Man muss die italienische Seele kennen, um das verstehen zu
können.«
    Der Anwalt nahm die
Hand von Fraukes Unterarm. Zunächst begann er zu schluchzen, dann flossen die
Tränen aus dem faltenreichen Gesicht. Frauke schien es nicht gespielt. Dottore
Carretta zeigte echte Trauer.
    Das war der Grund,
weshalb er sie auf die Todesliste gesetzt hatte und weshalb er jetzt
resignierte. Michele Carretta war von der Organisation in einer bedeutsamen
Mission nach Saudi-Arabien geschickt worden. Wenn Marcello Manfredi nicht auf
eigene Rechnung Geschäfte mit dem gefälschten Parmaschinken unternommen hätte,
wäre der Rauschgifthandel nicht aufgeflogen. Dafür hatte Manfredi sterben
müssen. Bis dahin hatte die Organisation im Verborgenen gewirkt. Doch den
Befehl zum Töten hatte Dottore Carretta, der sonst so nüchtern die Fäden aus
dem Hintergrund zog, allein aus persönlichen Gründen erteilt.
    Durch die
Ermittlungen der Polizei wurden die Saudis gewarnt. Dafür gab der Advokat
Frauke die Schuld. Als erfahrener Jurist wusste er, dass es für seinen Neffen
keine Gnade gab. Wer in diesem arabischen Land beim Rauschgifthandel erwischt
wurde, dem drohte die Todesstrafe, die zudem auf eine besonders schmähliche
Weise nach dem Gesetz der Scharia vollstreckt werden würde. Daraus resultierte
sein Hass gegen Frauke.
    Sie hatte kein
Mitleid mit dem alten Mann, der zusammengesunken im Nebensessel kauerte und
dessen Leben hier endete. Es war auch kein Gefühl des Triumphes. Die Polizei
hatte das Recht durchgesetzt.
    Frauke nickte
unmerklich zur Galerie empor. Mehrere Beamte des Mobilen Einsatzkommandos kamen
mit der Rolltreppe abwärts.
    »Abführen«, sagte
sie in geschäftsmäßigem Ton.
    Zwei Beamte hakten
Dottore Carretta unter, der sich widerstandslos aus den Schloss-Arkaden
abführen ließ, ohne Frauke noch eines Blickes zu würdigen. Sie sah dem alten
Mann nach, der gebeugt davonschlich, dessen aberwitziger Lebenstraum von Macht
gebrochen war.
    »Dank Ihres
Mikrofons haben wir das ganze Gespräch aufgezeichnet«, sagte der Einsatzleiter
und gratulierte Frauke.
    Sie gab das Lob gern
zurück. Die Beamten des MEK hatten den Einsatz
vorbildlich gemeistert.
    Ihre drei
Mitarbeiter waren herangetreten. Putensenf streckte ihr die Hand entgegen.
»Großartig, Chefin«, sagte er, und es klang ehrlich. »Obwohl Sie eine Frau
sind«, fügte er leise an und zeigte dabei ein schelmisches Lächeln.
    Es war allen
anzumerken, dass die Spannung von ihnen abgefallen war.
    Putensenf stupste
Madsack in die Seite.
    »Los, Nathan. Davon
kommst du nicht los.«
    Madsack zierte sich;
als Putensenf ihn aber am Sakkoärmel packte und mitzog, folgte ihm der
schwergewichtige Hauptkommissar.
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