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Das Feuer von Innen

Das Feuer von Innen

Titel: Das Feuer von Innen
Autoren: Carlos Castaneda
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Kindern jeden Alters, und anderen unvorstellbaren Geister-Erscheinungen, die in einem blendenden weißen Licht strahlten.
    Ich sah Don Juan neben mir gehen, der mich, und nicht jene Erscheinungen anstarrte, aber im nächsten Augenblick sah ich ihn als eine Kugel leuchtender Strahlung, nur ein paar Schritt vor mir auf und ab schwebend. Die Kugel machte plötzlich eine erschreckende Bewegung, rückte näher an mich heran, und ich sah in ihr Inneres.
    Don Juan hatte um meinetwillen seine Glut der Bewußtheit angefacht. Die Glut leuchtete plötzlich auf vier oder fünf fadenähnlichen Fasern an seiner linken Seite. Sie blieb dort fixiert. Meine ganze Konzentration richtete sich daran aus. Irgend etwas zog mich, gleichsam wie durch eine Röhre, und ich sah die Verbündeten - drei dunkle, lange, starre Figuren, von einem Schütteln erfaßt, wie Blätter im Winde. Sie standen vor einem beinah fluoreszierenden rosa Hintergrund. Im gleichen Moment, als ich sie ins Auge faßte, kamen sie zu mir her, nicht etwa schreitend oder gleitend oder fliegend, sondern indem sie sich an Fasern von etwas Weißem heranzogen, die von mir ausgingen. Das Weiße war kein Licht oder Leuchten, sondern es waren Striche, wie mit einer dicken Tafelkreide gezogen. Sie lösten sich rasch auf, aber nicht rasch genug.
    Schon waren die Verbündeten über mir, bevor die Striche verblaßten.
    Sie bedrängten mich. Ich wurde ärgerlich, und die Verbündeten ließen sofort von mir ab, als hätte ich sie gezüchtigt. Sie taten mir leid, und mein Gefühl zog sie augenblicklich wieder an mich. Wieder kamen sie und rieben sich an mir. Dann sah ich etwas, das ich an jenem Bach im Spiegel gesehen hatte. Die Verbündeten besaßen keine innere Glut. Sie hatten keine innere Bewegung. Es war kein Leben in ihnen. Und doch waren sie offensichtlich lebendig. Sie waren groteske Gestalten, die Schlaf säcken mit zugezogenem Reißverschluß ähnelten. Die feine Linie in der Mitte ihrer länglichen Gestalt ließ sie wie zusammengenäht aussehen. Sie waren keine angenehmen Gestalten. Das Gefühl, daß sie mir absolut fremd waren, machte mich gereizt und ungeduldig. Ich sah, daß die drei Verbündeten sich irgendwie auf und ab hüpfend fortbewegten. Ein schwacher Glanz lag auf ihnen. Der Glanz wurde stärker, bis er schließlich, bei einem der Verbündeten, ganz hell strahlte.
    Im gleichen Moment, als ich dies sah, erblickte ich eine schwarze Welt. Ich sage nicht, sie wäre dunkel gewesen wie die Nacht. Vielmehr war alles um mich her pechschwarz. Ich blickte zum Himmel auf und entdeckte nirgends Licht. Auch der Himmel war schwarz und buchstäblich mit Linien und unregelmäßigen Kreisen in verschiedenen Abstufungen von Schwarz überzogen. Der Himmel sah aus wie ein schwarzes Stück Holz, an dem reliefartig die Maserung zu sehen ist.
    Ich blickte auf den Boden. Er war faserig. Er schien aus Agar-Agar-Flocken zu bestehen. Es waren keine stumpfen Flocken, aber sie glänzten auch nicht. Es war irgend etwas dazwischen, was ich noch nie im Leben gesehen hatte: schwarzes Agar-Agar. Dann hörte ich die Stimme des Sehens. Sie sagte, daß der Montagepunkt eine ganze Welt aus anderen großen Emanationen-Bändern montiert habe: eine schwarze Welt. Ich versuchte, jedes Wort in mich aufzunehmen, das ich hörte; dazu mußte ich meine Konzentration spalten. Die Stimme setzte aus. Mein Blick wurde wieder scharf. Ich stand neben Don Juan, ein paar Straßenecken vom Marktplatz entfernt. Ich wußte sofort, daß ich keine Zeit zu verlieren hatte, daß es sinnlos wäre, mich meinem Schock hinzugeben. Ich nahm alle meine Kraft zusammen und fragte Don Juan, ob ich getan hätte, was er von mir erwartete.
    »Du hast genau das getan, was ich von dir erwartete«, versicherte er mir. »Laß uns zur Plaza zurückgehen und dort noch einmal umherschlendern, zum letzten Mal in dieser Welt.« Ich wollte nicht an Don Juans Abschied denken, darum befragte ich ihn nach jener schwarzen Welt. Ich hatte auch die unbestimmte Erinnerung, sie schon einmal gesehen zu haben. »Sie ist die am leichtesten montierbare Welt«, sagte er. »Und von allem, was du bisher erlebt hast, ist die schwarze Welt das einzige, über das es sich lohnt, nachzudenken. Sie ist die einzige echte Ausrichtung eines anderen großen Bandes, die dir jemals gelungen ist. Alles andere waren nur SeitwärtsVerschiebungen über das Band des Menschen, aber gleichwohl innerhalb desselben großen Bandes. Die Nebelwand, die Ebene der gelben Dünen, die
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