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Das Feuer der Zeit

Das Feuer der Zeit

Titel: Das Feuer der Zeit
Autoren: Kathrin Brueckmann
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schießen. Ob auch andere Menschen schon so etwas erlebt hatten? Ich eilte ins Haus und ließ den Computer hochfahren, während ich mir rasch ein Brot abschnitt und eine Scheibe Käse darauf legte. Im Zeitalter der modernen Kommunikation wurden so viele Erfahrungen, so viel Wissen mit allen geteilt, im Internet würde ich sicher etwas herausbekommen können.
    Ich gab ›Sonnwendfeuer‹ in das Suchfeld des Browsers ein und seufzte. So viele Treffer! In einem allgemein gehaltenen Eintrag erfuhr ich, dass der Brauch tatsächlich in alte Zeit zurückreichte. Ich verfeinerte die Suche und stieß auf zunehmend mehr Hinweise. Die Sommersonnenwende galt scheinbar schon immer als Nahtstelle zwischen den Welten. Die Germanen waren überzeugt, im Drogen- oder Alkoholrausch durch das Feuer an diesem Tag eine Verbindung zu den Göttern herstellen zu können. In solchem Glauben mochte ein Körnchen Wahrheit stecken. Vielleicht waren die vermeintlichen Götter Menschen aus anderen Zeitaltern? Hatte ich also tatsächlich durch die Zeit geblickt? Was ich las, ließ mich ratlos zurück.
     
    Entgegen meiner Erwartung schlief ich später sofort ein, und wieder begleitete ich meinen Germanen auf verschlungenen Pfaden durch den Urwald. Am nächsten Morgen waren die Erlebnisse noch ganz präsent. Ich war ihm wie ein Schatten gefolgt, hatte gesehen, was er sah, sogar den Wind auf meiner Haut gespürt, der in den Baumkronen rauschte. Allein, er hatte mich nicht bemerkt. So sehr ich mich im Schlaf abgemüht hatte, für ihn blieb ich unsichtbar. Wie sehr ich mich danach sehnte, von ihm berührt zu werden!
    Auf dem Weg zur Arbeit wurde mir bewusst, dass ich mich rettungslos verliebt hatte. Der Moment, in dem sich unsere Leben miteinander verbunden hatten … Er hatte ebenso gespürt wie ich, dass wir füreinander bestimmt waren, da war ich mir sicher.
    Ich war so in Gedanken versunken, dass ich fast ein Schulkind umgefahren hätte. Erstaunt sah ich, dass ich schon angekommen war.
    »Guten Morgen, Rena.«
    Ich stöhnte. Arne, ausgerechnet.
    Er musterte mich prüfend. »Alles klar bei dir?«
    »Könnte nicht besser sein«, nuschelte ich und eilte in den Personalraum, wo ich meine Tasche im Schließfach verstaute.
    »Was ist dir denn über die Leber gelaufen?«, wollte auch Miriam wissen.
    »Arne.«
    »Ach je, du Arme.« Sie verzog mitleidig das Gesicht. »Ich dachte, du bist über ihn hinweg.«
    »Bin ich auch. Wirklich. Er nervt. Du, ich hab da grad gar keinen Kopf für. Lass uns später reden, ich will etwas nachschlagen«, stieß ich hervor und eilte in den zweiten Stock. Bevor ich meinen Platz an der Entleihstelle einnahm, wollte ich mir rasch ein paar Bücher über das alte Germanien heraussuchen. Der Tag verging quälend langsam.
     
    Er muss den Kopf einziehen, um die Hütte zu betreten. Meine Augen folgen ihm und müssen sich erst an das Dämmer gewöhnen. Nur eine fast erloschene Glut spendet ein wenig Licht, doch er findet seinen Weg auch im Dunkeln, denn es ist sein Zuhause. Er legt Holz auf die Glut und wartet, bis die Flammen daran zu lecken beginnen. Suchend blickt er ins Feuer, und ich weiß, dass es mein Gesicht ist, das er zu sehen hofft. Schließlich legt er sich auf sein Lager aus Fellen. Ich versuche, mein körperloses Bewusstsein in eine Gestalt zu zwingen, mich neben ihn zu legen.
     
    Wieder war ich sofort eingeschlafen, sobald ich mich ins Bett begeben hatte. Seit sechs Wochen bestand mein Leben nur noch aus Schlaf, den ich widerwillig für die Arbeit unterbrach. Sobald ich die Augen schloss, befand ich mich bei ihm, und ich merkte, dass es mir mit jedem Tag schwerer fiel, überhaupt aufzustehen. Er war wie eine Sucht. Nur wenn ich an seinem Leben teilhatte, fühlte ich mich selbst lebendig. Jeder Moment, da ich nicht bei ihm sein konnte, war für mich sinnlos vertane Zeit. Vergeblich versuchte ich, ihn meine Gegenwart spüren zu lassen. Gelegentlich sah es aus, als ob er nach mir suche, mich an Quellen oder in heiligen Hainen zu finden hoffe. Hielt er mich für eine Göttin? In jedes Feuer warf er forschende Blicke, schien manches Mal sogar die Flammen zu beschwören.
    Ich war mittlerweile fest davon überzeugt, dass er wirklich war, kein Traumgespinst. Es musste doch einen Weg geben, wie ich zu ihm gelangen konnte! Während der Arbeit studierte ich fieberhaft alles, was ich über die alten Germanen im Bibliotheksbestand finden konnte. Inzwischen hatte ich mich auch auf die Esoterik-Abteilung verlegt, obwohl mir das
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