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Das Feuer der Zeit

Das Feuer der Zeit

Titel: Das Feuer der Zeit
Autoren: Kathrin Brueckmann
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Forum an und schrieb Gewitterhex eine Nachricht. Ich erzählte ihr von ihm, meinen Träumen, und dass auch ich versucht hatte, in die andere Zeit zu gelangen. Ich fragte sie, welche Lösung sie gefunden und ob es funktioniert habe. Allerdings machte ich mir wenig Hoffnung, von ihr eine Antwort zu bekommen, denn ich konnte sehen, dass dieser Eintrag ihre letzte Aktivität in dem Forum gewesen war.
    Meine Gedanken begannen zu rasen. Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder war Gewitterhex der Zeitsprung gelungen, und sie lebte nun in der Vergangenheit, oder aber sie war bei dem Versuch verschwunden, vielleicht sogar umgekommen. Wenn ich nur mehr wüsste!
    Das Telefon klingelte. Ich sah auf dem Display, dass es Arne war. Der hatte mir gerade noch gefehlt. Ich ließ den Anrufbeantworter anspringen.
    »Hallo Rena. Tut mir leid, dass du krank bist. Ich mache mir Sorgen um dich. Melde dich doch mal.«
    Ich starrte in den Spiegel, während ich dieser Stimme aus meiner Vergangenheit lauschte. Arne gehörte nicht mehr zu meinem Leben. Ich gehörte nicht mehr zu meinem Leben. Seit ich meinen Germanen kannte, gab es nur noch die dichten Wälder, den harten Kampf ums Überleben und die Flammen. Entschlossen drehte ich meinem Abbild den Rücken zu und machte mich wieder auf den Weg zur Feuerstelle.
     
    Munter knisterte die Glut. Ich starrte nun schon so lange hinein, dass meine Augen vor Trockenheit brannten. Doch so sehr ich mich abmühte, da war nichts. Und ich hatte fest darauf gehofft, dass das Feuer der Katalysator sein werde – sein müsse –, der die Zeitbarriere durchbrechen könne. War ich einfach nicht betrunken genug? Ich schenkte mir nach, obwohl sich bereits alles um mich drehte.
    An die Traumbilder dieser Nacht konnte ich mich am nächsten Morgen nicht erinnern. Mein Schädel brummte, und ich fühlte mich elend und verloren.
    Was hatte Gewitterhex herausgefunden, das ich übersehen hatte? Plötzlich sehnte ich mich heftig nach den Annehmlichkeiten der Zivilisation: Eine Tasse Tee, eine Kopfschmerztablette und ein entspannendes Bad wären jetzt genau das Richtige.
    Ich hatte mich kaum in die Wanne gelegt, als mich auch schon wieder das alte Germanien heimsuchte.
    »Lass mich endlich in Ruhe!«, brüllte ich, als ich Stunden später bibbernd aufwachte. Ich konnte es kaum noch ertragen, ihm ständig so nah und doch so fern zu sein. Ich teilte sein Leben, doch er nicht meines.
    Ich schlüpfte in den Bademantel und hinterließ nasse Abdrücke auf dem Holzfußboden, als ich zum Computer ging. Mein Postfach war so leer wie mein Magen. Gewitterhex hatte sich nicht gemeldet, wie ich es bereits befürchtet hatte. Tränen verschleierten meinen Blick, denn ich wusste, dass ich diese Qual nicht mehr lange würde aushalten können. Ich fühlte mich, als würde ich langsam schwinden, fortgeweht werden von der lauen Brise der Sommernächte. Sie gaukelte mir eine Illusion vor, die für mich allzu real geworden war.
    › Zeitbarriere‹, tippte ich aufs Geratewohl ein. Auf der ersten Seite mit Treffern war ein Eintrag lila; dort musste ich schon einmal etwas gelesen haben. Ich öffnete ihn und fand mich in einem Artikel über Sonnwendfeuer wieder. Dieses Mal las ich etwas aufmerksamer und folgte einem weiterführenden Link. Die neue Seite handelte von Mythen und Glaubensvorstellungen verschiedener Völker über Zeitsprünge. Und da sah ich es. Nicht nur Orte, sondern auch bestimmte Tage boten der Überlieferung nach Öffnungen in der Zeitbarriere. War es das? Hatte ich ihn sehen können, weil es ein Sonnwendfeuer war? Musste ich also einfach nur auf die nächste Sonnenwende warten? Gewitterhex hatte von einem Osterfeuer geschrieben. Ich schlug das Datum nach. Ostern war in jenem Jahr am 22. März gewesen.
    › Germanische Feiertage‹. Mit fliegender Hast klickte ich den ersten Link an und sah, dass das Feuer der unbekannten Forumsbenutzerin sich vermutlich mit der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche überschnitten hatte. War es die Stellung der Erde zur Sonne, die Zeitsprünge ermöglichte? Schon bald stand das Herbst-Äquinoktium bevor! Mein Herz pochte unregelmäßig. Würde es klappen?
    › Wenn ich ihn in den Flammen sehe, werde ich es wissen‹, dachte ich.
     
    Fast schon gelassen konnte ich ihn im Schlaf nun bei seinen Streifzügen begleiten. Ich erholte mich zusehends. Der gehetzte Ausdruck in meinen Augen verschwand, ich hatte wieder Appetit und ging zur Arbeit, auch wenn ich fühlte, dass diese funktionierende Rena nichts mehr
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