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Das Fest der Zwerge

Das Fest der Zwerge

Titel: Das Fest der Zwerge
Autoren: Carsten Polzin
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Kampf fallen könntest?«
    »Solange du in meinem Rücken stehst, wird das niemals geschehen.« Ingrimmsch lächelte unvermittelt besonnen und zugleich voller Überzeugung. Ein lichter Moment, obwohl er sich bereits zu einem guten Teil im Kriegsrausch befand. Er wandte sich um und schritt voran. »Komm schon! Es gibt Feinde zu töten und Ruhm zu ernten!«
    Boëndal verspürte bei den Worten gleichermaßen Rührung und Stolz. Er folgte seinem Bruder.
     
    *
     
    Die blutigen Schleifspuren hatten den Steinboden rot gefärbt, sie glitzerten frisch. Im gesamten Gang roch es nach dem Lebenssaft der Menschen und des Zwergs.
    Boëndal hatte einen Schuhabdruck entdeckt. »Zu breit für einen Alb und zu lang für einen Zwerg«, sagte er zu Ingrimmsch, der ihm Deckung gab, solange er kniete. »Aber Menschen können es auch nicht gewesen sein.« Er richtete sich auf. »Es würde keinen Sinn ergeben.«
    »Folgen wir ihnen einfach«, drängte Boïndil. »Auf dass meine Beile endlich etwas zu tun bekommen.« Er sog die Luft ein. »Bäh! Wenn Schweineschnauzen das hier riechen, sind sie rasch hier.« Er öffnete den Mund und gab ein weithin hörbares Oink, oink, oink von sich.
    »Hör auf mit dem Unsinn! Es gibt hier keine Orks.«
    »Sollte es hier auch keine Menschen und Dritten geben?«, entgegnete er gut gelaunt. »Ich spüre, dass ich in diesem Umlauf noch etwas zu tun bekomme.« Er wetzte die Klingen aneinander. »Es gab schon zu lange keine Gelegenheit mehr, mich richtig auszutoben. Bevor ich mich mit anderen Kriegern während der Wache prügele, spalte ich lieber die Köpfe von ein paar …«
    Ein lautes Geräusch erklang, als sei eine schwere Tür ins Schloss geworfen und gleich danach verriegelt worden.
    »Dieser Stollen verwirrt mich immer mehr«, beschwerte sich Boëndal halblaut und eilte weiter, Ingrimmsch rannte neben ihm her. »Wieso bei allen Kreaturen Tions haben die Ahnen Türen eingebaut?«
    »Um hinter sich absperren zu können?«, schlug Boïndil lachend vor.
    Sein Bruder schüttelte den Kopf. »Einmal möchte ich dein Gemüt haben.«
    Der Gang führte sie zu einem Portal, so breit und hoch wie drei Zwerge; der Durchgang war von einem eisenbeschlagenen Tor versperrt. Die Blutspuren führten über die Schwelle.
    »Die Runen sagen, dass dahinter das Reich der Gebirgsgeister beginnt«, las Boëndal im Schein der Laterne vor. »Sie hätten den Arbeitern so lange qualvollen Tod durch Ersticken und Hirngespinste gesandt, bis sie den Stollen aufgegeben hätten. Das muss vor einhundert Zyklen geschehen sein.«
    »Aha. Gebirgsgeister«, meinte Ingrimmsch vieldeutig. »Dann wollen wir die Geister mal wecken.«
    Boëndal prüfte die Beschaffenheit des Tors. »Du glaubst der Inschrift ebenso wenig wie ich, habe ich recht?« Er wischte über die Beschläge. »Das Metall ist keine zwei Zyklen alt, und der Rost«, er kratzte mit dem Krähenschnabel über die Stelle, »wurde aufgemalt. Das Mauerwerk um die Einfassungen ist frisch. Das alles wurde geschaffen, um uns zu täuschen.« Er sah seinen Zwilling an. »Was denkst du?«
    »Dass wir reingehen sollten.« Boïndil kniff das rechte Auge zu. »Das ist niemals im Leben eine massive Eisentür. Ein Schmu, wie alles hier.«
    »Also doch die Zyklenprüfung!« Boëndal pochte behutsam gegen das Hindernis, es klang hohl. »Was soll's. Brechen wir durch und sehen nach.« Er drosch das stumpfe Ende des Krähenschnabels beidhändig gegen das Schloss, und die große Tür gab einen Spaltbreit nach.
    »Wusst ich's«, schnaubte Ingrimmsch und warf sich mit seinem gesamten Gewicht dagegen, das Portal öffnete sich.
    Dahinter standen die verdutzten Menschen, die Bierkrüge in den Händen hielten und mit Balirgon anstießen. Es roch kaum nach Blut, und in einer Ecke hatten sie Lederbeutel abgestellt, die vor Rot geradezu trieften. Einer der Männer war gerade damit beschäftigt, sie in eine Truhe zu packen. In einer Ecke standen ein Bierfass, Humpen und ein Tisch mit Essen, das für fünfzig hungrige Zwerge ausgereicht hätte.
    »Ho, eine Feier! Erscheinen wir rechzeitig, um noch etwas abzubekommen?«, rief Boïndil fröhlich. »Ist das Schwarzbier?«
    Balirgon verschluckte sich an seinem Getränk, die Tätowierungen auf seiner Stirn waren vollkommen verwischt und unkenntlich. »Ihr? Wie habt ihr denn das so schnell hinbekommen?«
    Boëndal hatte im Gegensatz zu seinem Bruder schlechte Laune. »Was bei Vraccas soll diese Posse? Wir haben uns schon Sorgen gemacht, welche üblen Mächte am Werk
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