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Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Titel: Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1
Autoren: Arena
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alle Freunde verloren.
    In diesem Augenblick ging die Tür zur Krankenstation auf, und Tom Pigrato, seines Zeichens Statthalter der Erdregierung auf dem Mars, kam herein.
    Carl bemerkte, dass auch die Erwachsenen zusammenzuckten. Sie kamen einigermaßen mit Pigrato aus, aber richtig leiden konnte ihn niemand. Was nur gerecht war, da Pigrato seinerseits auch niemanden leiden konnte.
    Der Statthalter lebte seit zwei Jahren auf dem Mars, aber er schien sich immer noch nicht an dessen niedrigere Schwerkraft gewöhnt zu haben. Er bewegte sich mit seltsam schlurfenden, ab und zu hopsenden Schritten fort – was den Vorteil hatte, dass man ihn in den Gängen der Stadt schon von weitem hörte und ihm rechtzeitig aus dem Weg gehen konnte. Dem Blick seiner kleinen, stechenden Augen zu entgehen war meistens ratsam, wenn man ein Kind war und in Frieden leben wollte. Denn Mister Pigrato war der Ansicht, dass die Marskolonie keine Siedlung, sondern eine Forschungsstation sei und Kinder deswegen hier grundsätzlich nichts verloren hätten. Und dass es der größte Fehler von Präsident Sanchez gewesen sei, zu erlauben, dass auf dem Mars Kinder geboren wurden. Was nach Ablauf von dessen nur vier Jahre dauernder Amtszeit ja zum Glück wieder anders geworden war. Sein ständiger Spruch, den er bei jeder sich bietenden Gelegenheit von sich gab, lautete: »In der Antarktis existiert seit 150 Jahren eine Forschungsstation, aber dort sind nie Kinder zur Welt gekommen und aufgewachsen. Und im Vergleich zum Mars ist die Antarktis ein warmes, lauschiges Plätzchen.«
    Was so nicht stimmte. Im Tharsis-Vorland, wo die Marsstadt lag, kletterten die Temperaturen im Marssommer an warmen Tagen bis auf vierzehn Grad Celsius. Davon konnten die Forscher in der Antarktis nicht einmal träumen.
    Dafür ging es in kalten Winternächten hinab bis minus 130 Grad. Das konnte bisweilen schon heftig werden, vor allem wenn sich Sandstürme dazugesellten.
    Beides gab es, zugegeben, in der Antarktis auch nicht.
    Die Kinder sahen sich an. Jetzt musste es kommen, das große Donnerwetter.
    Doch Pigrato sagte erst mal nichts. Er wirkte fast, als sei nichts von Bedeutung geschehen. Seine Augen blickten nicht stechender drein als sonst auch, seine dicken Lippen waren eher etwas weniger fest zusammengepresst als sonst. Man hätte fast glauben können, Pigrato habe so etwas wie gute Laune, aber da ihn bisher noch niemals jemand auch nur annähernd gut gelaunt erlebt hatte, war das schlecht zu beurteilen.
    Er nickte den Erwachsenen grüßend zu. »Mrs Faggan? Doktor DeJones?« Er nickte sogar, sie konnten es kaum glauben, den Kindern zu. »Hallo, Kinder.« Dann hatte er, schlurfend und hoppelnd, das Bett erreicht, umfasste mit der rechten Hand den Bügel am Fußende. Der goldene Ring an dieser Hand sorgte seit Pigratos Ankunft auf dem Mars für Spekulationen: Konnte das ein Ehering sein? War eine Frau vorstellbar, die jemanden wie Pigrato heiratete? Und wenn – warum hatte sie ihn nicht begleitet?
    »Nun, junges Fräulein?«, wandte Pigrato sich an Elinn. »Wie geht es dir?«
    »Danke, gut, Mister Pigrato«, sagte Elinn leise und drückte sich unwillkürlich etwas tiefer in die Kissen.
    Carl blickte auf seine kleine Schwester hinab. Sie sah blass und zerbrechlich aus. Ohne ihre wilde Lockenmähne, die so rostrot war wie der Marsboden, hätte man sie kaum gesehen auf den weißen Laken. Aber andererseits kannte er sie überhaupt nicht anders. So lange er denken konnte, hatte sie schon immer ausgesehen wie eine Fee aus dem Märchen, so, als sei sie nicht ganz von dieser Welt.
    Na ja, und so benahm sie sich manchmal ja auch.
    »Wie ich höre«, sagte Pigrato, »hast du gerade noch mal Glück gehabt, wie?«
    »Ja, Mister Pigrato.«
    »Sag mal, wie konnte denn das passieren?«
    Carl merkte, wie Ariana die Luft einsog und dann den Atem anhielt. Ronny machte tellergroße Augen. Sogar Doktor DeJones biss sich auf die Lippen. Jetzt kam es wahrscheinlich, das dicke Ende!
    Elinn sah jämmerlich hoch, setzte mehrmals zum Sprechen an und brachte schließlich nur heraus: »Ich weiß es nicht mehr genau, Mister Pigrato. Ich… ich habe wohl nicht bemerkt, dass der Sauerstofftank nur zum Teil geladen war.«
    »Hmm«, machte Pigrato. Seine Hand hatte den Bügel losgelassen, seine Finger trommelten einen unhörbaren Rhythmus auf dem glänzenden Metall. »Nun, ich schätze, in Zukunft wirst du besser aufpassen.«
    »Bestimmt«, sagte Elinn rasch.
    »Versprochen?«
    Elinn nickte heftig.
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