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Das Feenorakel

Titel: Das Feenorakel
Autoren: Jeanine Krock
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jedenfalls supernett und in Tom hatte sie sich später ein bisschen verliebt. Er war Brigittas Sohn aus erster Ehe und einige Jahre älter als Alva. Er hatte anfangs bei seinem Vater in Dubai gewohnt, der dort im diplomatischen Dienst tätig war. Später lebte er im Internat und kam nur selten zu Besuch. Inzwischen studierte er an einer renommierten Universität und besaß eine Wohnung in der Stadt, die ihm zweifellos sein Vater bezahlte. Er behauptete, das Landleben zu verabscheuen. Doch das nahm ihm niemand ab, denn wenn er mal zu Besuch war, lag er mit Vorliebe den ganzen Tag in der Hängematte – die eigentlich Alvas Lieblingsplatz war – und summte irgendwelche Melodien vor sich hin. Wahrscheinlich wollte er sich nur vorm Rasenmähen drücken oder irgendeiner anderen Arbeit, zu der ihn Brigitta verdonnerte, sobald er nur seine Nase durch die Haustür steckte.
    Brigitta war Landschaftsgärtnerin und kniete, wenn sie nicht gerade Parkanlagen oder Gärten für ihre gut betuchte Klientel entwarf, am liebsten den ganzen Tag in irgendeinem Beet. Das hätte Alva auch gern getan, aber leider hatte man ihr schon früh eine außerordentliche musikalische Begabung attestiert. Eine Klavierlehrerin wurde engagiert, die sogar bei ihnen einzog, und fortan war wenig Zeit für Blumen und geheime Gärten. Ihre Freundinnen sagten oft: «Toll, solch ein Talent würde ich auch gern haben!»
    Alva sagte nichts und dachte bloß: Denkt noch einmal darüber nach!
    Irgendwann klappte sie schließlich den Klavierdeckel zu und spielte nie wieder einen Ton, so sehr ihr Vater auch bat und drohte. Mit zwölf hielt sie es dann aber ohne Musik nicht mehr aus und versuchte sich an verschiedenen Instrumenten, bis sie das Cello für sich entdeckte. Fortan zogen dunkle, klagende Töne durchs Haus und Brigitta floh immer häufiger in den Garten, während Alvas Vater, der stets bemüht war, die positiven Seiten des Lebens zu sehen, nur lachte. «Zum Glück singt sie nicht dazu!»
    Dem drohenden Gesangsunterricht hatte sie sich ganz geschickt durch ausgesprochen schräges Jaulen entzogen, nachdem durch ein gedankenlos geträllertes Lied der Verdacht aufgekommen war, sie könnte eine gute Stimme haben. Alva freute sich diebisch über den Erfolg dieses schmutzigen, kleinen Tricks und achtete peinlich genau darauf, nie wieder zu singen.
    Alles andere in ihrem Leben funktionierte allerdings nicht so erfreulich. Mit ihrem Schulabschluss hätte sie ohnehin nicht studieren können, auch wenn er besser gewesen wäre. Und der örtliche Großgärtner wollte sie nicht ausbilden. Was vielleicht daran lag, dass er ein äußerst engstirniger Mann war, der es ihr übel nahm, als sie ihm zum Ende eines höchst unerfreulichen Praktikums erklärte, man müsse nicht einmal besonders talentiert sein, um zu hören, was seine Pflanzen von ihm dachten.
    Tom war ganz anders. Er spielte wunderbar Gitarre und ließ sich ständig neue Melodien einfallen. Zum Erstaunen der gesamten Familie hatte er zudem einen recht ordentlichen Abschluss gemacht.
    Alva hatte das sofort mit «Wahrscheinlich, weil man im Internat keine Gelegenheit zum Schwänzen hat!» kommentiert und ihm die Zunge herausgestreckt. Doch Tom hatte sie einen vorlauten Kobold genannt und am Zopf gezogen, den sie damals noch trug. Danach war er zu einer Rucksacktour rund um die Welt aufgebrochen, die statt der geplanten sechs Monate zwei Jahre gedauert hatte. Inzwischen hatte er zwar sein Studium beendet, aber offenbar keine Eile damit, einen Job zu finden.
    Nun stand er also da und grinste, als hätte er im Lotto gewonnen. Misstrauisch sah sie ihn an. «Was ist?»
    «Eine Überraschung. Du musst dich noch gedulden.» Er nahm ihr die Tasche ab und warf sie auf den Rücksitz seines Cabrios. Das Cello legte er obenauf. Weil sie keine Ruhe gab und nicht einsteigen wollte, bevor ihr geliebtes Instrument sicher verstaut war, befestigte er es schließlich sogar mit einem breiten Gummiband, das er irgendwo im Durcheinander, das im Auto herrschte, gefunden hatte. Danach brausten sie davon, und Alva hatte große Mühe, ihre Kappe festzuhalten. Starr sah sie nach vorne auf die Straße, fest entschlossen, sich nicht noch einmal umzudrehen.
    Als sie sich schließlich doch umblickte, war ihr Zuhause bereits außer Sicht. Vielleicht gar nicht schlecht , dachte sie und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel, die ihr der Fahrtwind dort hineingetrieben hatte.
    Tom schien glücklicherweise nicht dazu aufgelegt zu sein, sie mit
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