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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment
Autoren: Dinah McCall
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Washington D.C. einen Zwischenstopp gegeben hatte. Der Zeitplan war ein wenig geändert worden, als man erfuhr, was sich in Karnoffs Haus zugetragen hatte. Nachdem Dan die Meldung bekommen hatte, Karnoff habe sich etwa um neun Uhr auf den Weg ins Krankenhaus gemacht – vermutlich um seine Frau abzuholen –, war somit niemand zu Hause, dem er den Durchsuchungsbefehl hätte zustellen können.
    Nach der Anspannung, dem Mann gegenüberzutreten, der so viele Leben vernichtet hatte, war diese Entwicklung für Ginny enttäuschend. Jetzt saßen sie in einem Van auf der anderen Straßenseite von Karnoffs Haus und warteten darauf, dass er endlich zurückkehrte. Ginny musste an die Frau denken, die er aus dem Krankenhaus holte. Sie hatte ihren Sohn verloren, und in Kürze würde sie auch ihren Mann verlieren.
    Sully und Dan saßen auf den Vordersitzen des Vans und unterhielten sich über die bevorstehende Durchsuchung, während die Chee-Brüder schweigend hinter Ginny sitzend darauf warteten, dass etwas geschah.
    Noch vor zwei Monaten war sie völlig sorglos durchs Leben gegangen.
    Dass sie jetzt im Begriff war, mit einem Mörder konfrontiert zu werden, war fast mehr, als sie ertragen konnte. Sie wollte, dass es endlich vorüber war. Sie wollte nicht länger in dieser Anspannung leben.
    Als sie seufzte, drehte sich Sully nach ihr um.
    „Alles in Ordnung? Du musst ihm nicht gegenübertreten, wenn du es nicht willst.“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Okay, aber du musst es wissen“, sagte er.
    „Ich weiß.“
    Er zwinkerte ihr zu. Sie lächelte ihn an, dann ging ihr ein anderer Gedanke durch den Kopf.
    „Sully?“
    „Ja, Schatz?“
    „Dass sich sein Sohn umgebracht hat, finde ich eigentlich sehr tragisch.“
    „Ich würde das eher als Ironie des Schicksals bezeichnen. Karnoff hat sechs Frauen dazu gebracht, Selbstmord zu begehen. Und dann macht sein Sohn das Gleiche. Ich hoffe, dass er für den Rest seines Lebens nicht darüber hinwegkommt.“
    „Ich meinte eigentlich mehr, welche Last die Mutter mit sich herumtragen muss.“
    Einen Moment lang herrschte völlige Stille, dann nickte Sully und sah wieder auf die Straße.
    Franklin Chee beugte sich vor. „Das ist der Lauf der Welt“, sagte er. „Die Mutter hat immer die schwerste Last zu tragen. Vom Tag der Zeugung ihrer Kinder bis zu dem Tag, an dem man sie beerdigt, ist die Liebe für ihre Kinder ihre größte Freude und ihr ärgster Kummer.“
    „Das ist traurig“, sagte Ginny.
    „Ja, aber Sie müssen sich dem Leben stellen, um es zu genießen.“
    Ginny saß da und nahm die Weisheit seiner Worte in sich auf.
    „Danke, Franklin.“
    Er berührte sie leicht an der Schulter als Geste des Verstehens.
    „Nichts zu danken.“
    Wieder machte sich Stille breit, bis Franklin fragte: „Möchte jemand hören, wie Webster John Wayne imitiert?“
    Dan lachte laut los, während Sully breit grinste.
    Ginny genoss die Kameradschaft der Gruppe und wusste, dass sie ihr sehr fehlen würde, wenn das alles einmal vorüber war.
    Lucy Karnoff zupfte abwesend am Stoff ihres Kleides. Es war Emiles Lieblingskleid, und seine Hoffnung war, dass sie in ihre Rolle als pflichtbewusste Ehefrau zurückfiel, wenn sie es bei der Heimkehr trug. Doch Lucys Verstand hatte sich zu sehr zurückgezogen, als dass ein lilafarbenes Kleid daran etwas hätte ändern können.
    „Wir sind fast zu Hause“, sagte Emile.
    „… unter dem Bett“, murmelte sie.
    „Jetzt nicht mehr“, erwiderte er leise. „Jetzt nicht mehr.“
    Einen Moment kehrte die alte Lucy zurück, als sie sich ihm zuwandte.
    „Nicht mehr?“
    Er lächelte sie an. „Nein. Nicht mehr.“
    „Nicht mehr … nicht mehr … nicht mehr.“
    Emile seufzte. Er hatte eine Hürde überwunden und stand sofort vor der nächsten.
    „Wir sind da, Sir“, sagte der Taxifahrer und fuhr vor das Haus. Dann stieg er aus, um dem alten Mann und dessen Frau die Tür aufzuhalten. Als Emile ihm einen Zwanziger gab, steckte er ihn lächelnd ein. „Vielen Dank, Sir. Und Ihrer Frau wünsche ich gute Besserung.“
    „Ja, danke“, sagte Emile und nahm Lucy an der Hand. „Komm mit, meine Liebe, lass uns ins Haus gehen. Hier draußen ist es zu heiß.“
    „Zu heiß … zu heiß … zu heiß.“
    Er hatte soeben den Schlüssel ins Schloss gesteckt, als er hörte, dass sich mehrere Fahrzeuge näherten. Aus Angst, die Journalisten könnten sich auf ihn stürzen, schob er Lucy rasch vor sich her ins Haus, um sie vor den Kameras zu schützen. Als er sich aber
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