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Das Erwachen: Dunkle Götter 1

Das Erwachen: Dunkle Götter 1

Titel: Das Erwachen: Dunkle Götter 1
Autoren: Michael G. Manning , Jürgen Langowski
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Tag finden sollte. Nahe am Fluss wanderte ich durch einen dichten Wald. Kurz vor dem Gewässer stieg das Land noch einmal an, weshalb ich die Ufer zunächst nicht einsehen konnte. Allerdings hörte ich auf einmal die Laute eines verzweifelten Pferdes. Es schnaubte schwer und wieherte, und die schrillen Untertöne verrieten mir, dass es in Panik geraten war. Wer viel Zeit mit Pferden verbracht hat, wird sicher verstehen, was ich meine. Ich rannte sofort los, alle jugendlichen Tagträume waren vergessen. Bis heute bereue ich nicht, was ich an jenem Tag getan habe, aber im Rückblick frage ich mich doch, wie alles verlaufen wäre, wenn ich einen anderen Weg eingeschlagen und den Fluss gemieden hätte.
    Hinter der Anhöhe erblickte ich einen jungen Mann, der etwa im gleichen Alter war wie ich. Er stand am Flussufer und fluchte laut über das brodelnde Wasser hinweg. Man könnte sagen, dass er eigentlich an einem ganz anderen Flussufer stand, denn ein großer Teil der alten Uferböschung war vom tosenden Wasser unterspült und fortgeschwemmt worden. Das Pferd konnte ich immer noch nicht entdecken, aber den Jungen kannte ich. Es war mein bester Freund – Marcus. Schon aus der Ferne sah ich, dass sein Gesicht bleich vor Angst war. Nach kaum einer halben Minute hatte ich ihn erreicht. Obwohl ich ihn an der Schulter schüttelte, starrte er mich abwesend an, als wüsste er nicht, wer ich war. Er brauchte einen Augenblick, um mich zu erkennen und sich so weit zu sammeln, dass er zusammenhängend antworten konnte. »Mort!« Ich sollte an dieser Stelle wohl erwähnen, dass ich zwar Mordecai heiße, doch die meisten Freunde nannten mich damals einfach Mort. »Da bekomme ich sie nie wieder heraus, Mort! Sie wird sterben, und das ist ganz allein meine Schuld!«
    Damit meinte er die preisgekrönte Stute seines Vaters. Sie hieß Dawnstar, aber meistens riefen wir sie nur »Star«. Sie war ein schöner Rotfalbe mit einer Blesse in der Gestalt eines Sterns auf der Stirn und außerdem die teuerste Erwerbung in den väterlichen Stallungen. Der Herzog von Lancaster hatte sie nur wegen ihrer Herkunft gekauft, um die eigene Zucht zu verbessern, denn sie stammte von einer Ahnenreihe berühmter Rennpferde ab. Ich war sicher, dass Marcus sie eigentlich nicht reiten durfte, aber solche Kleinigkeiten wie Verbote konnten meinen Freund nicht aufhalten, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte.
    Es war nicht schwer, sich zusammenzureimen, was geschehen war. Er hatte sie nahe ans Ufer gelenkt, um den dahinschießenden Fluss zu beobachten. Schließlich war er abgestiegen und hatte sie führen müssen, da das Tier klug genug war, sich nicht so nahe an dem rauschenden Wasser reiten zu lassen. Dann war es geschehen. Die geschwächte Böschung war unter dem Gewicht des Pferdes eingebrochen. Marcus hatte sich krabbelnd in Sicherheit bringen können, das Pferd hatte jedoch weniger Glück gehabt. Die Stute saß nun im Fluss fest und mühte sich verzweifelt, den Kopf über Wasser zu halten. Die Strömung hatte sie gegen einen umgestürzten Baum gespült, vor dessen Stamm sie jetzt verharren musste, da sie sich nicht mehr fortzubewegen vermochte. Von dort aus konnte sie auch nicht zum schlammigen Ufer hinaufklettern. Stars panische Schreie, während sie gegen die Wellen ankämpfte, zerrissen mir das Herz.
    Ohne nachzudenken, kletterte ich die glitschige Böschung hinab, um ihr so nahe wie möglich zu sein. Unnötig zu betonen, dass ich in diesem Augenblick nicht mehr klar denken konnte, denn es gab auch für mich keine Möglichkeit, das gefangene Pferd zu befreien. Die abbröckelnde Böschung war steil und unten am Wasser zu schmal, sodass das Pferd gar nicht aus dem Wasser steigen konnte, selbst wenn ich stark genug gewesen wäre, es bis dorthin zu leiten. Im Augenblick war die Stute sogar in Gefahr, unter das niedrigere Ende der umgestürzten Eiche gezogen zu werden. Dort wäre sie rasch ertrunken, denn sie hätte sich im Handumdrehen vollends in den großen Ästen, die teilweise ins Wasser eingetaucht waren, verfangen. Trotzdem und ohne überhaupt einen Plan zu haben, näherte ich mich ihr weiter, einfach weil ich sie nicht leiden sehen konnte.
    »Mort! Du wirst dich noch selbst umbringen!« Gewöhnlich war Marcus der Mutigere von uns beiden, aber an diesem Tag zeigte er deutlich mehr gesunden Menschenverstand als ich. »Komm wieder rauf, ehe ich auch noch deinen Tod erklären muss!« Ich dachte einen Moment über seine Worte nach und fand, dass
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