Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel
Autoren: Case John F.
Vom Netzwerk:
ein Flugzeug.«
    Frank schüttelte den Kopf. »Aber wie kommt es dann, dass in Madison nur Studenten erkrankt sind?«
    »Es waren aber nicht nur Studenten«, korrigierte Annie. »Dozenten sind auch krank geworden.«
    »Aber im Großen und Ganzen waren die Fälle auf den Campus beschränkt gewesen, richtig?«
    Annie nickte.
    »Also, wie kommt das?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Annie.
    »Aber ich glaube, ich weiß es«, sagte Frank nachdenklich. »Es lag an dem Verfahren, das sie angewendet haben.«
    »Und welches war das?«, fragte Annie.
    Frank nickte in Richtung auf den Nebel, der aus dem nächstgelegenen Kanaldeckel drang.
    »Dampf?«, fragte sie.
    »Todsicher«, erwiderte Frank. »Krankenhäuser und Universitäten nutzen Dampf. Zum Heizen, aber auch für ihre Klimaanlagen. Und die Hälfte der Gebäude in dieser Stadt werden mit Dampf beheizt. Vielleicht sogar noch mehr.«
    »Aber … das ist ein geschlossenes System«, wandte Annie ein. »Der Dampf gerät doch nicht in das Belüftungssystem der Häuser. Er erhitzt nur die Heizkörper –«
    »Er wird überall abgelassen«, sagte Frank mit Nachdruck. »Nicht in den Gebäuden, aber auf dem Weg zu den Gebäuden. Er wird an jeder Straßenecke dieser Stadt abgelassen. Sieh dich doch mal um.«
    Sie tat es. Überall sah sie kleine Dampffähnchen. Schließlich fragte sie: »Woher weißt du das?«
    »Mein Vater hat in einem Heizwerk gearbeitet«, erklärte Frank. »In Kerwick. Während der Sommerferien habe ich dort gejobbt.«
    »Aber …« Annie sah ihn verwirrt an. »Wie kriegt Solange das Virus in die Leitungen?«
    »In jedem Heizwerk gibt es eine Stelle, wo Chemikalien zugesetzt werden – zum Entmineralisieren. Die gehen direkt ins System.«
    »Aber sind die Werke denn nicht bewacht?«
    Frank nickte. »Doch, das sind sie.« Unvermittelt wirkte er verunsichert. »Es ist ja bloß eine Theorie. Und überhaupt – ich sehe kein Heizwerk hier in der Nähe, du etwa?«
    Sie blickten sich um. Es gab nichts, was auch nur annähernd so aussah wie ein Heizwerk. Bloß Slums.
    Annie nickte in Richtung Führerhaus. »Was sagt sie denn eigentlich?«
    »›Verpiss dich‹«, antwortete er, und als er ihren verstörten Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: »Das war ein Zitat. Keine Aufforderung.« Sein Blick glitt erneut über die Straße, suchte nach Solange. Er wusste, dass er hier irgendwo in der Nähe war. Er musste hier sein.
    Aber da war nichts. Ein paar Kneipen. Ein freies Grundstück mit einem Maschendrahtzaun drum herum und einer Art Hütte oder Blockhaus. Eine unscheinbare Kirche. Der Neubaukomplex, dessen Rasenflächen so abgetreten waren, dass sie nur noch aus hartem Boden bestanden. Kinder beim Seilspringen.
    Solanges Papierkorb. Die Hütte war dieselbe wie auf dem Foto, das er aus Solanges Papierkorb gefischt hatte. Das zerrissene Bild.
    »Er ist da drin«, sagte Frank und zeigte auf das Häuschen.
    Annie runzelte die Stirn. »Woher weißt du das?«, fragte sie.
    Frank überging die Frage. »Behalte du unsere Mutter Teresa im Auge«, erwiderte er und rannte los.
    Die Hütte war ein quadratisches Rechteck aus Schlackensteinen, das in der Mitte des freien Grundstücks stand, umgeben von einem Maschendrahtzaun, der oben mit Stacheldraht gesichert war. Frank ging am Zaun entlang, suchte nach der Öffnung, von der er wusste, dass sie da war, und als er sie fand, schlüpfte er hindurch.
    Er näherte sich der Hütte, als ginge er durch ein Minenfeld – schließlich rechnete er jeden Moment damit, dass Solange das Feuer auf ihn eröffnete. Aber es passierte nichts dergleichen. Ein aufgebrochenes Schloss lag auf dem Boden, und die Tür war angelehnt. Als Frank eintrat, stellte er fest, dass die Hütte leer war.
    Aber jetzt wusste er, wo er war, und er wusste auch, was die Hütte für eine Funktion hatte. Sie war ein ungeheiztes Gebäude, das über einem vertikalen Schacht erbaut war, über dessen Leiter die Wartungsmannschaften in den unterirdischen Bauch der Stadt einstiegen. Dabei musste es sich um ein faszinierendes, wenngleich unsichtbares Labyrinth aus Katakomben und Tunneln handeln, aus Gewölben und Kaminen, Abwasserkanälen und Schächten, die den Zugang zu allen Arten von Versorgungsleitungen ermöglichten – Strom und Gas, Wasser und Dampf, Kabel und Telefon. Frank wusste das, weil alle Dampfleitungssysteme mehr oder weniger gleich aussahen. Außerdem hatte einer der Installateure in Kerwick früher für die New Yorker Stadtwerke gearbeitet. Ebenso wie die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher