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Das Erbe des Atoms

Das Erbe des Atoms

Titel: Das Erbe des Atoms
Autoren: A. E. van Vogt
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letzten Jahren seltener geworden, aber für ihn hatten sie noch immer jenes erregende Flair von Abenteuer, das er liebte. Wie immer, verfolgte er mit seinem Gang eine bestimmte Absicht. Nur so konnte er vor sich selbst den Zeitaufwand rechtfertigen.
    Er hatte die gewohnte Zahl von Leibwächtern bei sich, aber sie waren für diese privaten Ausflüge ihres Herrn besonders ausgebildet und gingen in unauffälligem Zivil und in kleinen Gruppen zu zweit oder zu dritt vor und hinter ihm, als interessierten sie sich nicht im mindesten für den mageren, blassen, hartgesichtigen Mann, dessen Wort auf der Erde und auf Teilen ihrer Nachbarplaneten Gesetz war.
    Der Oberherr suchte mit Vorliebe die dichtbevölkerten Straßen und Marktplätze der Altstadt auf. Der Anblick der vielen Menschen, der Waren und Farben erinnerte ihn an seine Jugendzeit, als dieser Teil der Stadt düster und heruntergekommen ausgesehen hatte. Damals war auch die Qualität der angebotenen Waren minderwertiger gewesen. Händler und Handwerker hatten gegrollt und gewütet, als er in den ersten Jahren seiner Regierung dekretiert hatte, daß künftig nur jene ihren Gewerbeschein behalten würden, die bereit wären, ihre Häuser, Ladengeschäfte oder Verkaufsstände zu streichen und zu renovieren und die überdies willens wären, nur noch Waren von einwandfreier Qualität herzustellen und zu handeln. Es war eine vergessene Krise. Unter dem Konkurrenzdruck hatten die farbenfroh gestrichenen Häuser eine Verbesserung auch im Aussehen der Buden und Marktstände bewirkt; und die verbesserte Qualität der verkauften Waren hatte auch zu einer Vergrößerung der Auswahl und Vielfalt der Güter geführt.
    Der Oberherr mußte sich durch das Gedränge der Käufer und Verkäufer wühlen. Leute aus dem Bergland und von jenseits des Sees waren in großer Zahl auf dem Markt, und jeder hatte Zeit für einen Meinungsaustausch; nirgendwo war es schwierig, ein Gespräch in Gang zu bringen.
    Er sprach nur mit Menschen, die nicht durch irgendein Zeichen zu erkennen gaben, daß sie in dem unrasierten, schlecht gekleideten Zivilisten ihren Herrscher wiedererkannten. Bald wurde deutlich, daß die tausend Propagandisten, die er ausgesandt hatte, damit sie der Bevölkerung seinen Standpunkt in der Frage der Hinrichtung klarmachten, gute Arbeit leisteten. Die fünf Bauern, drei Händler und zwei Arbeiter, mit denen er sprach, beantworteten seine unverblümte Kritik am Oberherrn und seiner Politik mit regierungsfreundlichen Redensarten, die sie nur von seinen eigenen Männern gehört haben konnten.
    Es war erfreulich, daß die erste Krise, die er erzwungen hatte, so gut auszugehen versprach. Das Reich war erst vor einer Generation aus dem Bürgerkrieg hervorgegangen, der die Sippe der Linns endgültig an die Macht gebracht hatte. Seine Steuereinnehmern klagten noch immer über geringe Einnahmen. Einer der Gründe war der finanzielle Aderlaß durch die Tempel. Tempelgelehrten scheuten sich nicht, den Gläubigen die genaue Höhe der gewünschten Spenden vorzuschreiben, und gewisse hypnotische Tempelriten taten das Ihre, die Menschen opferbereit zu machen. Tausende von Menschen, überwiegend Frauen, standen so im Bann des Glaubens, daß die Tempelgelehrten ihnen sogar zur Zurückhaltung raten mußten, weil sie sonst all ihre Besitztümer gegeben hätten. Die Männer, die häufig im Krieg waren, zeigten solche Besessenheit nicht. Von den gewaltigen Einnahmen, die ihnen aus allen Schichten der Bevölkerung zuflossen, unterhielten die Tempel Legionen von Gelehrten, Assistenten und Tempelschülern. So enorm war diese Tempelarmee, daß fast jede Familie wenigstens einen Verwandten hatte, der »studierte«, um Gelehrter zu werden.
    Der Oberherr war längst zu der Überzeugung gelangt – und es hatte wirklich nicht Lydias bedurft, ihn darauf hinzuweisen –, daß ein Versuch unternommen werden mußte, die hypnotische Beherrschung der Bevölkerung durch die Tempelgelehrten zu brechen. Bis dieses Ziel erreicht wäre, würde die Belastung der Volkswirtschaft andauern, und der Wohlstand konnte nur mit einer minimalen Wachstumsrate zunehmen. In Linn selbst hatte der Handel eine kräftige Belebung erfahren, doch in anderen Städten, die weniger begünstigt waren, erholte er sich viel langsamer von den katastrophalen Einbußen des Bürgerkriegs.
    Hinzu kam, daß mehrere Eroberungskriege im Gang waren, drei von ihnen auf der Venus. Das Ziel der Vereinigung des Sonnensystems, das er sich gesetzt hatte,
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