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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin
Autoren: Monika Felten
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Schwert zerbrechen, wüsste er, welch grausames Regiment sein hinterhältiger Spross führt.«
    »Aber er weiß es nicht!«, konterte der Jüngling in triumphierendem Tonfall. »Er schläft. Er und all die anderen hier, die sich wie beleidigte Kinder zurückzogen, als ihre Macht zu bröckeln begann.« Seine Stimme wurde eine Spur schärfer. »Warum haben sie nicht darum gekämpft, sie wieder zu erlangen? Warum nicht? Ich werde es dir sagen: weil sie ihr Dasein leid waren. Sie waren müde und gelangweilt. Die Sterblichen kümmerten sie wenig. Wen wundert es da, dass diese sich von ihnen abwandten? Woran hätten sie denn auch glauben sollen? Ich habe ihnen nur gegeben, wonach sie sich sehnten. Ein Land, das …«
    »… im Chaos versinkt. Eine Welt, in der Unterdrückung und Mord regieren und in der die Schwachen gnadenlos ausgebeutet werden«, warf der Wanderer voller Verachtung ein. »Eine Welt, die im Blut ihrer Völker ertrinkt.«
    »Ich gebe den Sterblichen nur, wonach es sie verlangt«, erwiderte der Jüngling gelassen und beschrieb mit der Hand eine ausschweifende Geste. »Die Alten haben nie verstanden, dass die dunkle Seite der Sterblichen die stärkere ist. Blind wie sie waren, haben sie immer nur das Gute in ihnen gesucht. Gnade und Barmherzigkeit … Wie oft habe ich diese Worte aus dem Mund meines Vaters gehört. Der alte Narr! Wahre Macht erwächst niemals aus höflichem Geplänkel. Neid, Habgier, Missgunst und Hass sind die Kräfte, welche die Sterblichen antreiben. Ich habe ihnen lediglich den Weg gewiesen, diesen Quell wahrer Macht für sich zu nutzen.«
    »Indem du friedliche Königreiche der Barbarei preisgabst?« Der Wanderer ballte die Fäuste. »Ist es das, was du unter göttlicher Herrschaft verstehst?« Er trat einen Schritt auf den Jüngling zu. »Du bist zu weit gegangen«, entgegnete er mit richterlicher Miene. »Du willst es nicht wahrhaben, aber die Ära deiner Herrschaft neigt sich bereits dem Ende entgegen. Ein neuer Ton schwingt mit im Lied der Macht. Ein Ton der …«
    »Ach ja, ich erinnere mich …« Der Jüngling legte gespielt nachdenklich die Hand an das Kinn. »Wie sagtest du doch? Die Knoten der Macht werden neu geknüpft … Aber wer sagt dir, dass sie nicht zu meinen Gunsten geknüpft werden? Diese lächerlichen Nebel sind für mich kaum mehr als ein Nadelstich im Gewebe des Schicksals. Die Freigläubigen haben einen Aufschub erwirkt; aufhalten können sie mich nicht. Am Ende werden auch sie sich meiner vollkommenen Macht unterwerfen.«
    »Bei meinem Schwur! Ich werde es zu verhindern wissen!«, verkündete der Wanderer mit zornbebender Stimme.
    »Du? Ausgerechnet du?« Der Jüngling brach in schallendes Gelächter aus. Sein Lachen brach sich an den Wänden der Halle, die es hundertfach zurückwarfen, als stimmten die schlafenden Götter selbst in seine Verachtung mit ein. »Du?«, rief er noch einmal, um Atem ringend. »Du willst dich mir in den Weg stellen?« Nur ganz allmählich fand er seine Fassung wieder und führ zynisch fort: »Wie willst du das anstellen, alter Narr?« Wie aus dem Nichts erschien ein blitzendes Schwert in seinen Händen. »Willst du mich damit erstechen?« Das Schwert verwandelte sich in ein Seil. »Oder erdrosseln?« Das Seil wurde zu einem Messer. »Mich des Nachts heimtückisch meucheln?« Das Messer verschwand, und eine gewaltige Flammensäule züngelte rings um ihn herum aus dem Boden. »Oder willst du mich gar im Feuer brennen sehen?« Er breitete die Arme aus und drehte sich lachend inmitten des Feuers. »Worte! Nichts als hohle Worte!«, spottete er aus dem Innern der lohenden Flammensäule heraus. »Du hast keine Macht über mich, du nicht und auch nicht diese feigen schlafenden Götter hier.« Mit einem leichten Sprung trat er aus den Flammen heraus auf den Wanderer zu. »Du lebst gefährlich«, zischte er ihm drohend zu. »Solltest du es wagen, dich mir in den Weg zu stellen, wirst du das Schicksal deiner Brüder teilen.« Er schnippte mit den Fingern, und das durchscheinende Bildnis eines sterbenden Mannes in dunklem Gewand formte sich in der Luft vor dem Wanderer. Dem Anblick des grausam Ermordeten folgten blitzartig weitere Todesszenen. Das Bild eines Gefesselten, der mit durchschnittener Kehle über einem Abgrund hing, wandelte sich übergangslos in den Anblick eines Ertrinkenden mit Todesfurcht im Blick, der mit den Fäusten verzweifelt an die Unterseite einer klaren Eisfläche schlug, um dann wieder das grausige Angesicht eines Mannes
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