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Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)

Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)

Titel: Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)
Autoren: Rudi Klausnitzer
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dem Markt oder haben demnächst ihren Markteintritt. Der große Unterschied zu gestern: Daten entwickeln Eigenleben. Sie werden nicht mehr nur für den Zweck verwendet, für den sie eigentlich gegeben wurden. Um bei Amazon oder iTunes Musikempfehlungen zu bekommen, um Freunden auf Twitter zu sagen, was man vom letzten Brad-Pitt-Film hält, um einem Hotel eine Bewertung zu geben, weil es ein angenehmer Urlaub war, oder um einfach nur eine Rechnung zu bezahlen. Daten leben, wandern und werden akkumuliert. Von Google, von Facebook, von Amazon, von eBay und vielen hundert anderen Companies. Dann werden sie wiederaufbereitet, ausgetauscht und mit anderen Daten kombiniert und in den großen Maschinen der Datenhändler entstehen plötzlich umfangreiche Profile, von denen wir keine Kenntnis haben. Und was nur ein simpler Klick auf einen bevorzugten Musiktitel oder Film war, wird plötzlich zu einem Mosaikstein eines kompletten menschlichen Psychogramms. Dieses Profil wächst und wächst, weil das Internet kein Vergessen kennt, und wird immer präziser und präziser. Es gewinnt an Details und ist die Basis, um mithilfe von „Predictive Analytics“ Vorhersagen jeder Art zu tätigen und damit unser Leben vorausberechenbar zu machen. Ob es der nächste Aufenthalt im Spital ist, der Einkauf im Supermarkt – oder die Wahrscheinlichkeit, einen Steuer- oder Versicherungsbetrug zu begehen. Das Problem dabei: Es werden Wahrscheinlichkeiten berechnet oder genauer gesagt Muster, die eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Verhalten erwarten lassen. Das bedeutet, dass man sehr schnell zum „Vor-Betroffenen“ werden kann. Man hat noch keine Krankheit, aber man gehört zu denen, die eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, sie zu bekommen. Besonders problematisch wird das im Bereich der Straftaten. Recht schnell kann man zum „Vortäter“ werden. Man hat nichts getan, man wird auch nichts tun, aber man gehört zur Gruppe derer, die in das Muster der potenziellen Täter fallen.
    Bis jetzt haben viele mit gutem Recht auf den gnädigen Zufall gehofft, bei manchen Dingen einfach nicht erwischt zu werden. So wie die britischen Abgeordneten mit ihren Spesenabrechnungen, die überzeugt waren, dass es schon mit dem Teufel – also mit dem Zufall – zugehen müsste, wenn jemand in dem Millionenwust an Papieren gerade ihre kleinen Betrügereien entdeckt. Sie haben darauf gewettet, dass dieser Zufall nicht eintreten wird. Und verloren. Weil der Zufall durch rigorose Datenauswertung ausgeschaltet wurde. Wenn ich vorhersagen kann, wo eine höhere Wahrscheinlichkeit für Einbrüche sein wird oder wer ins Spital gehen muss, dann kann ich auch viele andere Dinge vorhersagen. Einfach ein Profil zu erstellen und mit dem Datenschleppnetz auf die Jagd zu gehen wird nun für viele machbar. Rasterfahndung wurde das bisher genannt. Eine vom Gesetz zu regelnde Angelegenheit, die nur Behörden vorbehalten war. Im Zeitalter von Big Data kann das aber nun von privaten, oft globalen Unternehmen per Algorithmus durchgeführt werden, auf Knopfdruck und in Sekundenschnelle. Und in Zukunft wird es nicht einmal mehr des Knopfdrucks bedürfen. Algorithmen entscheiden künftig selbst darüber, ob eine Rasterfahndung, zu welchem Thema auch immer, gerade opportun ist, um das gesetzte Ziel zu erreichen. Die harmlosen Fälle, in denen es dabei um die Identifizierung von schwangeren Frauen im Supermarkt geht, sind nur eine Lappalie gegen das, was technisch schon möglich ist. Wir erinnern uns an die Beispiele von Palantir und Recorded Future. Auch IBM hält mit seinem „InfoSphere Identity Insight“ einen beachtlichen Scanner für persönliche Daten zur Evaluierung von „kriminellem oder sonstigem schädlichen Potenzial“ bereit. 197
    Sind wir auf diesen Zusammenprall der großen Chancen und der möglicherweise dramatischen negativen Folgen gerüstet? In der Einleitung zu diesem Buch habe ich die Frage gestellt: Können wir einen gesellschaftlichen Konsens zum Umgang mit Big Data und den Konsequenzen finden? So, wie wir ihn für den Umgang mit Messer und Gabel, Feuer und Licht und bis zu einem gewissen Grad auch für die Atomkraft gefunden haben? Haben wir die Gesetze und Regeln, nach denen diese Entwicklung laufen soll? Die Antwort lautet Nein. Nach vielen Gesprächen mit Politikern und Wirtschaftsleuten und der Arbeit an diesem Buch befürchte ich: Wir haben in großen Teilen der Gesellschaft und auch der Politik noch nicht einmal das Verständnis
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