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Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte
Autoren: Peter Heller
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Ich war fasziniert.
    So schnell. Erstaunlich, wie schnell Stahlträger verrosten, wenn sie Luft und Wasser ausgesetzt sind, wie schnell Baumwurzeln Mauern sprengen. Alles stürzt ein. Ach ja, die Pisten: neun Jahre scheinen keine lange Zeit zu sein, aber dem verwahrlosenden Asphalt und dem weichgekochten Menschenhirn, das sie überstehen muss, kommen sie verdammt lang vor. Ich könnte eine endlose Liste anlegen. Neun Jahre sind eine verdammt lange Zeit.
    Wenn man Bangley ertragen muss.
    Wenn man die provisorische Grippestation nicht vergessen kann und.
    Wenn man seine Frau vermisst.
    Wenn man angeln gehen möchte und nicht kann.
    Solche Sachen halt.
    Aber. Einmal habe ich südlich von Bennet einen Kolben verloren. Ich war über der Stadt im Tiefflug, so mache ich das hin und wieder, nur um zu gucken, und dann … bumm bumm bumm, und es schüttelt mich nur so durch. Schnell notlanden und das Problem suchen, vielleicht nur eine kaputte Dichtung? Ich hätte keinen Garmin gebraucht, um zu wissen, dass der Air-Force-Stützpunkt Buckley nur zwanzig Kilometer entfernt war. Ich riss die Maschine rum und hatte im Sinkflug die goldene Sonne im Gesicht, während das Klopfen immer lauter wurde, es klang alarmierend, so als würde gleich ein Kugellager explodieren. Ich war wegen der Sonne praktisch blind und konnte mich nur noch am linken Rollfeldrand orientieren, und selbst dreißig Meter nach der Landung waren wir immer noch in einem Affenzahn unterwegs, mindestens hundertzehn Sachen, und auf einmal macht es RUMS, und hätte es das Bugfahrwerk erwischt und nicht das Hauptfahrwerk, wären das Biest und ich zermatscht worden. Und Jasper auch. Ich lief zurück, um es mir anzusehen. Das Loch war fast hüfttief und hübsch rechteckig, so als hätten die Präriehunde es mit kleinen Schaufelbaggern ausgehoben. Scheiße. Mein Rücken. Was für ein Schlag. Ich setzte mich an die Kante und ließ die Beine ins Loch baumeln. Jasper setzte sich neben mich und lehnte sich an, wie es so seine Art ist, und er warf mir einen mitfühlenden und sehr besorgten Blick zu. Wie wir da saßen, musste ich an das japanische Restaurant denken, in das Melissa mich einmal eingeladen hatte und wo es statt der Stühle nur Matten und Kissen gab – mit Ausbuchtungen unter dem Tisch, für unsere Beine. Geschummeltes Bodensitzen für steife Westler. Die Sonne warf unsere Schatten einen halben Kilometer weit über die Rollbahn. Der Aufschlag hatte tatsächlich einen Riss in den Bug der Cessna gehauen. Bei der Gelegenheit lernte ich zu schweißen. Man braucht dazu nichts weiter als ein bisschen Solarenergie.
    Ich saß da, mit den Füßen im Loch, und schüttelte mich und fragte mich: Was ist los mit dir? Ist das Ganze für dich nur ein Spiel?
    Die Antwort fiel mir nicht sofort ein.
    Willst du heute leben?
    Ja.
    Denkbar, dass du auch morgen leben willst? Und auch am Tag danach?
    Ja.
    Dann überleg dir eine vernünftige Strategie. Zeit hast du mehr als genug.
    Also verschaffte ich mir einen Überblick. Ich schnappte mir die Karte, die ich zur Flugnavigation benutzte, unterteilte sie in gleich große Abschnitte und flog alle Landebahnen im Umkreis von hundertfünfzig Kilometern ab. Ich flog zum Kreisflughafen Centennial, ich flog nach Colorado Springs und zur Air Force Academy, ich flog nach Kirby an der Grenze zum ehemaligen Nebraska, ich flog nach Cheyenne. Ich überflog sie alle in ungefähr zehn Metern Höhe bei gutem Licht, und dann machte ich mir Notizen. Erstaunlich, auf wie vielen dieser Pisten ich zu Tode gekommen wäre. In Cranton wäre es fast so weit gewesen: Als ich für meine Erkundung tiefer ging und parallel zur Landebahn flog, ballerte mir irgendein Fremdenhasser ein fettes Loch in den Rumpf. Ich merkte es nur, weil die Kugel durch mein Seitenfenster wieder austrat. Auf diese Weise erfuhr ich, dass wir in Cranton Nachbarn hatten.
    Der Nächstliegende -Knopf funktioniert also noch, aber die Hälfte der Landemöglichkeiten fällt weg. Da landet man besser auf einem alten Acker. Was früher einmal der nächstgelegene sichere Hafen war, ist heute die nächstgelegene Todesfalle. Gut zu wissen.
    *
    Den Funkverkehr überwache ich immer noch. Alte Gewohnheit von mir. Jeder Flughafen hat eine eigene Frequenz, auf der die Piloten sich verständigen können, falls kein Lotse im Tower sitzt. Man will ja schließlich wissen, wo die anderen gerade sind, bevor man startet oder in den Landeanflug geht. Zumindest war das früher so. Natürlich kam es trotzdem zu
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