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Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Titel: Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft
Autoren: Peter Schaar
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werden kann. Soweit die Datenverarbeitung nur innerhalb der Europäischen Union vergeben werden soll, ist dies datenschutzrechtlich unproblematisch. Anders sieht es allerdings beim Outsourcing in sogenannte Drittstaaten aus. So bemühen sich derzeit viele weniger entwickelte Staaten um Datenverarbeitungsaufträge europäischer Unternehmen. Theoretisch besteht hier zwar die Möglichkeit, die Outsourcing-Partner vertraglich auf die Gewährleistung des Datenschutzes zu verpflichten; allerdings bleibt fraglich, wie die Einhaltung dieser Verpflichtungen effektiv kontrolliert werden soll.
    So ist im Jahr 2005 ein Fall bekannt geworden, in dem ein deutsches Unternehmen, das von Krankenkassen mit der Verarbeitung von Daten über chronisch Kranke beauftragt worden war, die Erfassung dieser Daten nach Vietnam verlagert und dabei weder vertragliche Vorkehrungen getroffen noch technische Sicherungen zum Schutz dieser sensiblen Informationen gewährleistet hatte. Als schließlich öffentlich bekannt wurde, dass sensible personenbezogene Informationen unverschlüsselt über das Internet übertragen wurden, war die Aufregung groß.
    Bedrohungen des Datenschutzes bei der internationalen Übermittlung personenbezogener Daten resultieren nicht allein aus dem Verhalten ungetreuer Firmenmitarbeiter oder den Aktivitäten von Hackern. Bei der dargestellten Datenübermittlung nach Vietnam waren lediglich Geschäftsinteressen des beauftragten Unternehmens ausschlaggebend, denn die Datenerfassung ist dort wegen der niedrigeren Lohnkosten weitaus billiger als in Europa.
    Außerdem ist festzustellen, dass staatliche Stellen in diesen Ländern immer häufiger den Zugriff auf die von Unternehmen gespeicherten Daten fordern und auch durchsetzen. So verlangten und erhielten chinesische Behörden von westlichen Unternehmen personenbezogene Daten über demokratische Dissidenten und verwendeten sie zu deren Verfolgung (vgl. 2.2).
    Nicht nur Unternehmen arbeiten international zusammen, sondern auch Staaten. Diese Zusammenarbeit betrifft verschiedene Bereiche. Besonders bedeutsam sind dabei die seit dem 11. September 2001 unternommenen Bemühungen zur Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und Nachrichtendiensten. Auch hier gibt es – wie immer wieder zu konstatieren ist – erhebliche Defizite.
    Während sich beim wirtschaftlichen Handeln die Erforderlichkeit der Übermittlung zumeist aus den vertraglichen Vereinbarungen ableiten lässt, stellt sich die Situation bei der polizeilichen Zusammenarbeit völlig anders dar. Zum einen unterscheiden sich die Rechtsordnungen ganz erheblich voneinander. Eine Verhaltensweise, die in einem Land erlaubt ist, wird von den Rechtsordnungen anderer Staaten als illegal betrachtet (zum Beispiel Abtreibung, Propagandadelikte, Pornografie). Besonders problematisch ist eine Bewertung, wenn die Daten zur Verfolgung politischer Delikte übermittelt werden. Selbst die Einordnung eines bestimmten Handelns als Terrorismus hängt in starkem Maße von der politischen Orientierung des jeweiligen Staats und der als terroristisch eingeschätzten Bewegung ab. Eine Organisation, die in einem Land als Freiheitsbewegung angesehen wird, gilt in anderen Staaten als Terrorgruppe. Nicht vertretbar ist die Datenübermittlung auch anlässlich von Verfahren, in denen möglicherweise die Todesstrafe verhängt wird.
    Für die Zukunft des Datenschutzes werden weltweit anerkannte Datenschutzstandards von entscheidender Bedeutung sein. So betonte die 27. Internationale Konferenz der Datenschutzbeauftragten 2005 in ihrer Erklärung von Montreux, »dass das Recht auf Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in einer demokratischen Gesellschaft unabdingbare Voraussetzung für die Gewährleistung der Rechte der Personen, des freien Informationsverkehrs und einer offenen Marktwirtschaft« sei und dass es sich dabei um ein »grundlegendes Menschenrecht« handele, das auf »globaler Ebene« durchgesetzt werden müsse. 57
     
    In den meisten Ländern der Erde gibt es immer noch keine gesetzlichen Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten, darunter so bedeutende Staaten wie China und Indien. In einer Welt der globalisierten Datenverarbeitung in Netzen ist jedoch der globale Datenschutz dringender denn je. Vielleicht ist dies ja eine neue Aufgabe für die Vereinten Nationen, denn nicht nur die Umwelt braucht nachhaltigen Schutz, sondern auch die Privatsphäre. Es ist zu hoffen, dass nicht erst eine
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