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Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)

Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)

Titel: Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
Autoren: Elisabeth Schieferdecker
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er ihr zuliebe zustimmend nickte.
    „Ich friere so! Bitte bring mich zum Auto“, sagte die Kleine und zog an Tills Hand. „Ist bestimmt offen. Los, wir rennen um die Wette!“
    „Auf dem Friedhof darf man nicht rennen!“, sagte Lilly, die hinzugetreten war und schüttelte dabei ihr langes Haar keck über die Schulter. „Das schickt sich nicht!“
    „Ich will ja auch niemandem was schicken! Komm Till, komm!“
    Der Junge schaute sich um und als er sah, dass das Händeschütteln und Umarmen immer näher rückte, stimmte er zu und rannte mit Flora zum Auto. Das fehlte noch, dass er all diesen fremden Leuten vorgestellt würde! Trotz ihrer Einwände folgte Lilly ihnen.
    Mit lautem Knall schlug die Fahrzeugtür zu. Im Inneren war es warm, trocken und still. Erschöpft ließ er sich in den Rücksitz fallen, doch seine Cousine hatte nicht vor, ihn ungestört seiner Trauer zu überlassen.
    „Zuhause haben wir schon soooo viel zu Essen vorbereitet. Mama und Omi haben gekocht und gebacken, aber Papa wollte nicht, dass die ganzen Leute mitkommen. Er hat gesagt, dass das nicht nur eine Beerdigung, sondern vor allem eine Begrüßungsfeier für dich ist.“
    Flora zupfte ihre Mütze vom Kopf und Till sah, dass sie leuchtend rotes Haar hatte, das ordentlich in zwei dicke lange Zöpfe geflochten war. Über ihrer Stupsnase prangten ein paar vorwitzige Sommersprossen und wenn sie lachte, sah man die nachwachsenden Schneidezähne, die vorübergehend ein sympathisches Lispeln hervorriefen. Sie wartete nicht auf Tills Antwort, sondern plapperte munter weiter. „Hast du deine ganzen Sachen in dem einen Koffer? Das ist ja nicht gerade viel! Aber wir haben bestimmt genug Anziehsachen für dich. Mutter schimpft immer, dass Oskar so schnell wächst.“
    „Hm“, machte Till nachdenklich. Er war ein Einzelkind und alles, was er bisher an Kleidung bekommen hatte, war neu und nur für ihn gekauft worden, aber im Grunde interessierte ihn das im Augenblick nicht. Onkel Philipp hatte ihn aus dem Waisenhaus geholt und beim überstürzten Umzug dorthin hatte er nur das Allernötigste mitgenommen. Das meiste seiner persönlichen Sachen war noch in der elterlichen Wohnung, die in den nächsten Wochen aufgelöst werden musste.
    „Mama hat gesagt, dass sich alles finden wird“, sagte die 16-jährige Lilly, ausnahmsweise mal weniger naseweis. Sie empfand echtes Mitgefühl für ihren Cousin, der nur wenige Monate jünger war als sie. Scheu betrachtete sie ihn von der Seite. Es war lange her, dass sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Wann war das nur? Ja richtig, jetzt erinnerte sie sich, es war zu Floras Taufe gewesen, also vor fünf langen Jahren. Eigentlich sieht er ganz hübsch aus, dachte sie. Wenn man es genau nahm, sah er Oskar sogar ein bisschen ähnlich, die gleiche, kleine gerade Nase, die das charakteristische Aussehen aller Rudloffs prägte, die klaren grau-grünen Augen unter schmalen, kühn geschwungenen Augenbrauen und der weiche Mund, um den jetzt allerdings ein bitterer Zug lag. Wer es nicht besser wusste, würde sie für Brüder halten.
    Till hatte sich müde zurückgelehnt und schloss die Augen, während Flora mit dem Finger ein Muster an die angelaufenen Autoscheiben malte und dabei ein Herbstlied summte. Beinahe wäre er eingeschlafen und schreckte zusammen, als die Autotür abermals ins Schloss fiel. Onkel Philipp und Tante Lucie waren eingestiegen und brachten einen Schwung kalte Herbstluft mit.
    „Mach schnell Phil, dreh die Heizung hoch! Die Kinder sehen halb erfroren aus! Bring uns nach Hause“, sagte Lucie und strich sich eine Locke des nassen, kurzen Haares aus der Stirn. Sie hatte sich umgedreht und lächelte den drei Kindern auf der Rückbank freundlich zu. Als sie die schwarzen Ringe um Tills Augen sah, streichelte sie liebevoll seine Hand. „Du siehst erschöpft aus, aber du hast dich tapfer gehalten. Deine Eltern wären stolz auf dich!“
    „Hm!“, machte Till erneut, da er nicht wusste, was er erwidern sollte, aber irgendwie freute er sich über das unerwartete Lob, das seine so mühsam aufrechterhaltene Standhaftigkeit bestätigte.
    Er schaute aus dem Fenster und versuchte sich an das Haus seines Onkels zu erinnern, aber alles, was ihm dazu einfiel, war, dass es sich um ein kleines Anwesen in der Nähe des Waldes handelte.
    Der alte Opel Astra schnaufte die Sonneberger Straße hinauf. Für einen kurzen Moment dachte Till an den schnittigen Audi seines Vaters, aber was hatte ihm der moderne Wagen
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