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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen
Autoren: Richard Dawkins
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vorziehe, keine scharfe Trennungslinie zwischen der Wissenschaft und ihrer „Popularisierung“ zu ziehen. Gedanken allgemein verständlich zu erklären, die bisher nur in der Fachliteratur Ausdruck gefunden haben, ist eine schwierige Kunst.
    Sie verlangt eine einsichtsvolle neue Handhabung der Sprache und aufschlußreiche Beispiele. Wenn wir die Neuheit von Sprache und bildhaftem Vergleich weit genug treiben, können wir zu einer neuen Betrachtungsweise gelangen. Und eine neue Art, die Dinge zu sehen, kann, wie ich gerade ausgeführt habe, ein eigenständiger schöpferischer Beitrag zur Wissenschaft sein. Einstein selbst hatte ein ausgeprägtes Talent, Wissenschaft zu popularisieren, und ich habe den Verdacht, daß seine plastischen Vergleiche nicht nur uns anderen halfen.
    Waren sie nicht auch Nahrung für sein schöpferisches Genie?
    Die Sicht des Darwinismus mit den Augen des Gens ist in den Schriften von R. A. Fisher und den anderen großen Pionieren des Neo-Darwinismus in den frühen dreißiger Jahren implizit enthalten, explizit dargestellt wurde sie jedoch von W. D. Hamilton und G. C. Williams in den sechziger Jahren. Für mich hatten die Erkenntnisse dieser Wissenschaftler visionäre Qualität. Aber ich fand, daß sie ihnen zu lakonisch, nicht lauthals genug, Ausdruck verliehen. Meiner Überzeugung nach konnte eine ausgebaute und weiterentwickelte Version dafür sorgen, daß sich alles, was man über das Leben wußte, richtig zusammenfügte, sowohl im Herzen als auch im Gehirn. Ich wollte ein Buch schreiben, in dem die Evolution mit den Augen des Gens gesehen wurde. Die Beispiele darin sollten vor allem aus dem Bereich des Sozialverhaltens stammen und dazu beitragen, den unbewußten Einfluß der Gruppenselektionstheorie zu korrigieren, der zu jener Zeit den populären Darwinismus durchdrang. Ich begann das Buch im Jahre 1972, als Stromausfälle meine Forschungsarbeiten im Labor unterbrachen. Unglücklicherweise hörten die Stromunterbrechungen schon nach zwei Kapiteln auf, und ich ließ das Projekt ruhen, bis ich 1975 in den Genuß eines lehrfreien Forschungsjahres kam. Inzwischen war die Theorie erweitert worden, vor allem von John Maynard Smith und Robert Trivers. Heute sehe ich, daß dies eine jener geheimnisvollen Zeiten war, in denen neue Ideen in der Luft liegen. Ich schrieb Das egoistische Gen   in einem Zustand, der fieberhafter Erregung ähnelte.
    Als Oxford University Press mit dem Vorschlag an mich herantrat, eine zweite Auflage herauszubringen, bestand der Verlag darauf, daß eine herkömmliche, umfassende Überarbeitung Seite für Seite nicht angebracht sei. Es gibt einige Bücher, die vom Konzept her offensichtlich dazu bestimmt sind, eine Reihe von Auflagen zu erleben, aber Das egoistische Gen   ist nicht so angelegt. Die erste Auflage verdankte ihre jugendliche Qualität der Zeit, in der das Buch geschrieben wurde. In einer Reihe von Ländern gab es damals einen frischen Luftzug von Revolution, einen Streifen von Wordsworths wonnevoller Morgenröte.
    Es wäre zu schade, ein Kind jener Zeit zu verändern, es mit neuen Fakten zu mästen oder mit Komplikationen und Warnungen zu verknittern. Daher sollte der ursprüngliche Text stehenbleiben, trotz seiner Schwächen, sexistischen Pronomen und so weiter. Nachbemerkungen würden für Korrekturen sorgen, Antworten geben und neue Entwicklungen aufzeigen.
    Und es sollte völlig neue Kapitel geben, deren Themen heute so neu sind, daß sie die damalige Stimmung der revolutionären Morgenröte weitertragen. Das Resultat waren die Kapitel 12 und 13. Dabei ließ ich mich von den beiden Büchern meines Forschungsgebiets inspirieren, die für mich in den Jahren seit Erscheinen der ersten Auflage am aufregendsten waren: Robert Axelrods Die Evolution der Kooperation,   weil darin eine gewisse Hoffnung für unsere Zukunft durchscheint, und mein eigenes Buch The Extended Phenotype,   weil es mich in jenen Jahren völlig beherrschte und weil es – was auch immer es wert sein mag – wahrscheinlich das Beste ist, was ich jemals schreiben werde.
     
    Die Überschrift „Nette Kerle kommen zuerst ans Ziel“ ist einer Sendereihe des BBC namens Horizon   entliehen, die ich 1985 präsentierte. In einem 50 Minuten langen Dokumentarfilm dieses Titels, der von Jeremy Taylor produziert worden war, ging es um spieltheoretische Erklärungsansätze für die Evolution der Zusammenarbeit. Die Herstellung dieses und eines weiteren Films, The Blind Watchmaker,   durch
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