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Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Yasmine Galenorn
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Vampir war, wohl eine Bluthure – bedeutete uns, ihr zu folgen.
    Ich hätte geglaubt, dass man uns in Geoffreys Arbeitszimmer bringen würde, aber sie führte uns stattdessen zu einer Tür zur Rechten der imposanten Treppenflucht und öffnete sie, ohne ein einziges Wort zu sagen. Als ich hineinspähte, sah ich Geoffrey, der uns winkte einzutreten, und die Frau schloss die Tür hinter uns wieder.
    Ich sah mich um. Den Raum, in dem wir uns befanden, Salon zu nennen, wäre ihm kaum gerecht geworden; er war so pompös hergerichtet, als fänden hier regelmäßig königliche Audienzen statt, und der Stuhl, auf dem Geoffrey saß, hätte mit dem dicken, blutroten Samtbezug durchaus ein Thron sein können.
    Der Blutfürst war nicht besonders groß, aber die Macht, die er ausstrahlte, traf mich wie ein Ziegelstein vor den Kopf. Er troff vor Autorität. Er hatte sein langes schwarzes Haar zu einem Zopf geflochten und trug eine Lederhose und ein purpurfarbenes Jackett mit Rüschenärmel, unter dem die nackte Brust zu sehen war.
    Als er sich nun zurücklehnte und die Beine übereinanderschlug, huschte ein schwaches Lächeln über seine Lippen. Eins musste ich Geoffrey lassen: Er war der höflichste und vernünftigste aller mir bekannten Vampire. Ja, ich wusste, dass er uns in Sekundenschnelle niedermetzeln konnte, aber falls er es je tun sollte, hatte er es vermutlich gründlich durchdacht und würde dabei um Verzeihung bitten.
    »Bitte setzt euch und macht es euch bequem.« Er deutete auf den Halbkreis aus Stühlen, der seinem gegenüberstand. »Willkommen. Unsere anderen Gäste sollten gleich hier eintreffen.«
    Wenn ich es genauer bedachte, erinnerte Geoffrey mich an eine noch verführerischere und gefährlichere Vampirversion von Kaylin. Laut Geschichtsbuch war er während der Xiongnu-Periode in einer Region, die später zur Mongolei wurde, ein mächtiger Kriegsherr gewesen.
    Ich nickte und ließ mich auf den Stuhl ihm direkt gegenüber nieder. Leo und Rhiannon setzten sich rechts von mir. In diesem Moment öffnete sich die Tür, und Regina und Lannan Altos schlenderten herein. Nun ja, Lannan schlenderte. Reginas Absätze klackten rasch und rhythmisch auf dem Holzboden des Saals. Die beiden Geschwister, Zwillinge und Liebende, waren so schön, wie sie schrecklich waren, obwohl Regina sich offenbar besser im Griff hatte als ihr Bruder. Sie war Abgesandte des Karmesin-Hofs und hatte dadurch im Augenblick hier das Sagen.
    Ich öffnete den Mund, um zu sprechen, doch Geoffrey hielt die Hand hoch, und ich klappte den Mund rasch wieder zu. Wenn ein Blutfürst Stille anordnet, sollte man tunlichst gehorchen.
    »Wir warten noch auf Lainule, also spar dir den Atem, bis sie hier eingetroffen ist.«
    Und so saßen wir eine Weile schweigend da, bis sich die Tür erneut öffnete und die Sommerkönigin hereinschwebte. Selbst im dämmrigen Licht überstrahlte sie alles, und ohne nachzudenken erhob ich mich und kniete vor ihr nieder.
    Lainule lächelte auf mich herab, beugte sich zu mir und umfasste sanft mein Kinn. »Setz dich wieder, Cicely.«
    Ich tat es.
    Geoffrey räusperte sich. »Willkommen, Eure Majestät. Die Königin von Schilf und Aue ehrt mein Haus mit ihrer Anwesenheit …«
    Sie wischte seine Worte mit einer Geste beiseite. Wir drei Sterblichen konnten nur verdattert starren. Niemand schnitt Geoffrey das Wort ab, außer vielleicht Regina. Oder die Karmesin-Königin selbst.
    »Spart Euch das Geplauder, Regent. Weder haben wir Zeit für den Austausch von Nettigkeiten, noch bin ich in der Stimmung für Smalltalk.« Ihre Ungeduld ließ sie wachsen. »Habt Ihr herausgefunden, ob das Konsortium weiß, was vor sich geht?«
    Er nickte. »Das habe ich, Eure Majestät. Dort weiß man nichts, soweit wir es sagen können, und unsere Quellen sind verlässlich.«
    Sie dachte einen Moment darüber nach, dann zuckte sie mit den Achseln. »Sehr gut. Und dabei muss es auch bleiben. Ich möchte mir nicht ausmalen, was sie tun würden, wenn sie von den Schattenjägern erfahren. Vor allem wenn man bedenkt, was unser Plan bewirkt hat.« Sie wandte sich zu mir. »Hast du schon vom Konsortium gehört, Cicely?«
    Ich blinzelte. »Das Konsortium? Natürlich – hat das nicht jeder?«
    Mit einem leisen Lachen lehnte sich Geoffrey zurück, und seine Obsidianaugen folgten jeder noch so kleinen Bewegung, die ich machte. »O Cicely, du kannst wirklich sehr amüsant sein.«
    »Unsere Cicely ist in vieler Hinsicht eine Freude.« Lannans Stimme glitt satt
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