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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe
Autoren: Thomas Kastura
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der Villa rekonstruiert. Über Eva und Gustav von Barth sagten Sie uns ja schon einiges, das war sehr hilfreich. Wenn Sie gestatten, begeben wir uns noch einmal in der Zeit zurück.«
    Sie nahm ihren Hut ab und legte die Arme auf die Lehnen ihres Sessels. »Bitte sehr.«
     
    RAUPACH VERSCHWIEG fast nichts. Im Wechsel mit Photini schilderte er so gut wie alles, was sie über die Vorbesitzer der Villa herausgefunden hatten. Über David Springmann, Ernst Wenzel, Graham Marsh, Gustav von Barth.
    Sie ergänzten sich wie ein seit Jahren eingespieltes Team. Dabei verfolgten sie eine Strategie. Zuerst hatten sie ihrer Gastgeberin ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Dann hatten sie angedeutet, dass im Zuge der Ermittlung noch weitere Ergebnisse zu erwarten waren. Jetzt gaben sie Viktoria Brehm zu verstehen, wie umfassend der Kenntnisstand der Polizei war. Dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis sie noch mehr erfuhren. Nur Heinrich Brehm schlossen sie von ihren Darlegungen aus.
    »Da wäre also dieser Schatz«, fasste Raupach zusammen. »Anfangs zweifelten wir daran, ob er wirklich existiert. Doch dann tauchten immer mehr Teile davon auf. Ein jüdisches Gebetbuch. Bilder von Pechstein, einem expressionistischen Maler. Eine Zuckerdose mit einer ganz speziellen Widmung.«
    Draußen brach die Abenddämmerung an. Viktoria Brehm hielt die Hände im Schoß verschränkt. So hatte sie die ganze Zeit über dagesessen, hatte interessiert genickt oder kleine Ausrufe des Erstaunens von sich gegeben. Auch jetzt zuckte sie nicht mit der Wimper.
    »Es handelt sich um ein Geschenk von Adolf Hitler«, erklärte Raupach. »Ein Antiquitätenhändler aus Bonn namens Golonka nimmt es in seine nächste Versteigerung.«
    »Die Zuckerdose stammt aus dem Besitz von Kenneth Marsh, dem Sohn des britischen Generals«, sagte Photini. »Dieser Mann hat solche Präsente gesammelt.«
    »Hitler beschenkte häufig Personen aus seinem Umfeld.« Raupach lehnte sich zurück. »Davon sind eine Menge Objekte erhalten geblieben. Kenneth Marsh macht sie gelegentlich zu Geld.«
    »Besitzen Sie etwas aus jener Zeit?«, fragte Photini.
    »Ich habe viele Erbstücke«, sagte Viktoria Brehm.
    »Von Ihrem Vater?«
    »Auch.«
    »Dürfen wir sie sehen?«
    »Da ist nichts dabei, was Ihnen weiterhilft.«
    Photini versuchte, höflich zu bleiben. »Davon würden wir uns gern selbst überzeugen.«
    Viktoria Brehm machte keine Anstalten aufzustehen. Sie schien zu ahnen, worauf dieser Besuch hinauslief. »Warum haben Sie mir das alles erzählt?«
    »Das war nicht die ganze Geschichte«, sagte Raupach. »Wir interessieren uns für die fehlenden Kapitel.«
    Sie starrte ihn an, ihre Hände umklammerten die Lehnen. »Ich möchte, dass Sie beide jetzt gehen.«
    Raupach nahm sein Glas, das immer noch mit Eistee gefüllt war, und betrachtete es, als sei der Inhalt eine unbekannte Flüssigkeit. »Ich habe schon viele Befragungen durchgeführt, Frau Brehm. Es ging immer um Mord. Das Warum und Wieso. Sie können sich nicht vorstellen, aus welch banalen Gründen die Menschen Verbrechen begehen. Aus welch nichtigen Anlässen Gewalt hervorbricht. Welche Zwänge eine unglückselige Wirkung entfalten.« Er stellte das Glas auf den Tisch zurück. »Für gewöhnlich nehme ich das alles nur zur Kenntnis. Aber in diesem Fall bin ich auf die Erklärung wirklich gespannt.«
    »Auf solche Vorträge kann ich verzichten.«
    »Sie haben mehrere Möglichkeiten in dieser Sache. Sie bestimmen, wie es ausgeht.«
    »Darf ich das?«, fragte sie spöttisch.
    Raupach entschloss sich zum nächsten Schritt, er hielt es für falsch, den Durchsuchungsbefehl abzuwarten. »Meine Kollegin sieht sich bei Ihnen jetzt ein wenig um. Wir müssen der Vernichtung von Beweismitteln zuvorkommen, dazu brauchen wir keinen richterlichen Beschluss.«
    Photini stand auf und schickte sich an, im Inneren des Hauses mit der Suche zu beginnen.
    Viktoria Brehm fuhr hoch. »Was sind das für Methoden?«
    »Möchten Sie Fräulein Dirou begleiten?«, fragte Raupach. »Ich kann auch meine Kollegen verständigen, dann wird es hier bedeutend ungemütlicher.«
    »Wo will sie hin?« Unschlüssig blickte die Frau von dem Kommissar zur Terrassentür, durch die Photini verschwunden war.
    »Eva von Barth kannte Ihren Vater recht gut, oder?«
    Ihr Gesicht glättete sich, wurde ausdruckslos.
    Raupach bückte sich und strich prüfend über den neuen Holzboden. Er klopfte zweimal darauf. Es klang massiv.
    Widerstrebend nahm sie wieder Platz.
    »Die
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