Das Doppelspiel
Moskau.«
»Danke, Brüderchen.« Plenjakow war sichtlich glücklich. Wassja Grigorjewitschs Anwesenheit bewies, daß man das Problem Dunja lösen konnte. Wenn Moskau den Major Shukow nach Los Alamos schickte, würde man hier den Schwerpunkt des Einsatzes in den USA aufbauen. »Wird das eine Überraschung für Dunja geben!«
»Du triffst sie?«
»Heute um zwanzig Uhr bei den neun Tannen. Das ist ein Tal hinter der Stadt. Ich werde sofort …«
»Du wirst sofort den Mund halten, Andrej Nikolajewitsch.« Bob Miller holte eine Packung Zigaretten heraus und hielt sie Plenjakow hin. »Ich bin plötzlich da … das hat eine Schockwirkung, die wir ausnutzen müssen. Ich habe meine klaren Anweisungen.«
»Du … du könntest Dunja liquidieren?« stotterte Plenjakow.
»Nein. Das wäre deine Aufgabe, John.«
»Nie, Wassja, nie!« Plenjakow rauchte so hastig, daß es aussah, als fräße er seine Zigarette auf. »Ich kann es nicht.«
»Vor allem wartet Moskau auf Erfolgsmeldungen.«
»Die Zeit ist noch zu kurz.« Plenjakow stieß den Rauch aus mit einem Seufzen. »Aber ich bin im Besitz einer Konstruktionsformel für einen neuen Flüssigkeitstreibstoff für Raketen. Was aber noch brisanter ist: Sie laborieren in unterirdischen Bunkern an einem atomgetriebenen Treibsatz. In zwei Jahren wird jede Rakete ein kleines Atomlabor sein und Entfernungen im Weltraum werden schrumpfen, als laufe man von einer Straßenseite zur anderen. Nur weiß man noch nicht, wie man die große Reibungshitze innerhalb der Atmosphäre abfangen soll. Da gibt es noch keine Metall-Legierung …«
Bob Miller sah Plenjakow mit stiller Bewunderung an. Er ist Moskaus bester Mann, dachte er ehrlich. Andrej Nikolajewitsch, du könntest Amerika eliminieren.
»Das wird ein interessanter Abend bei den neun Tannen«, sagte Bob mit eisiger Ruhe. »Daß ich dich gefunden habe, Brüderchen, ist wirklich ein Wunder.«
»Und ich bin glücklich wie eine Jungfrau nach dem ersten Tanz. Dunja, Wassja und Andrej sind wieder zusammen … was kann da noch passieren?«
»Nichts von Bedeutung«, sagte Bob trocken. »Heute abend … Junge, das wird ein Familienfest!«
Eine Stunde später hatte Bob wieder General Orwell am Draht. Die Verständigung mit Fort Thompson war erneut vorzüglich. Bob sagte in einem vertraulichen Ton, den er sich nur in einem Privatgespräch mit Orwell leisten konnte:
»Sie können beruhigt nach Miami in Urlaub fahren, Sir, im heißen Sand braten und sich einen Fußpilz holen. Ich liefere Ihnen Plenjakow frei Haus …«
»Wo ist er?« schrie Orwell. Zum erstenmal, seit Bob ihn kannte, verlor er die sprichwörtliche Kühle und Überlegenheit, die immer ein Vorbild für alle seine Schüler war. Orwell, auch wenn sie ihn alle heimlich ›Vater Jack‹ nannten, war das, was man als knallhart bezeichnet. Ihn zu erschüttern, wäre selbst dann nicht möglich gewesen, wenn man Mary, seine Frau, gekidnappt hätte, mit der er erstaunlicherweise seit 32 Jahren glücklich verheiratet war, und die er – auch das unterschied Orwell von fast allen Männern – noch nie betrogen hatte.
»Bob!« brüllte Orwell geradezu unbeherrscht für seinen Charakter. »Sie haben John Barryl?«
»Wir haben uns vor einer Stunde hinter einem weißen Lieferwagen als gute sowjetische Freunde mit drei Wangenküssen verabschiedet …«
»Sie sind ein gottloser Sauhund, Bob!«
»Nein. Plenjakow ist wirklich mein Freund. Das kompliziert alles, Sir. Andrej Nikolajewitsch hat bereits Kenntnisse von US-Geheimnissen, die genau das beweisen, was ich schon immer wußte: Er ist Moskaus bester Mann! Er ist ein Genie! Aber er ist auch mein bester Freund …«
»Bob! Sie sind Amerikaner und CIA-Topmann!«
»Erlauben Sie mir, Sir, auch ein Mensch zu sein?«
»Wenn es Ihnen gelingt, Plenjakow umzudrehen …«
»Das kann nie gelingen, Sir. Plenjakow ist so vollkommen Russe, wie ich vollkommen Amerikaner bin.«
»Dann gibt es keinen Ausweg. Bob – Sie müssen zuschlagen!« Orwell räusperte sich laut. Aha, jetzt kommt er dahinter, dachte Bob zufrieden. Jetzt geht ihm eine Bogenlampe auf.
»Hat … hat Ihre Dunja etwas damit zu tun?« fragte Orwell sanft. Wenn der General wie ein romantischer Schauspieler sprach, wurde es gefährlich.
»Darüber wollte ich mit Ihnen reden, Sir.«
»Bob! Sie sind Soldat und im Dienst!«
»Ich liefere Ihnen Plenjakow, wenn ich Norma Taylor heiraten kann. Als Norma Taylor. Ohne Umwege und Schwierigkeiten. Ihr falscher Paß wird als echter
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