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Das Dante-Ritual (German Edition)

Das Dante-Ritual (German Edition)

Titel: Das Dante-Ritual (German Edition)
Autoren: André Lütke-Bohmert
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schaufeln.“
    „Du bist verrückt“, war alles, was ich sagen konnte. „Du bist vollkommen wahnsinnig.“
    „Schon als Kind habe ich mir geschworen, dass ich es der Welt heimzahlen werde. Dass ich es Gott heimzahlen werde. Du hast nicht die geringste Ahnung, wie es ist, wenn das Schicksal dir ins Gesicht spuckt.“
    Keiner der Brüder sagte auch nur ein Wort. Alle lauschten sie ehrfürchtig den Worten ihres Anführers.
    Stefan breitete die Arme aus, als wollte er mich und die anderen Anwesenden segnen. „Und jetzt sag mir, Philip, gibt es ein besseres Oberhaupt für einen Geheimbund als einen Toten?“
    „Damit kommst du niemals durch. Die Leiche aus dem Aasee wird nicht bestattet werden, bevor man sie nicht zweifelsfrei identifiziert hat.“
    „Wir werden sehen. Im Moment haben die Bullen ganz andere Sorgen.“
    „All die Morde, der ganze Aufwand, alles nur, um diese Handvoll Irrer zu befehligen? Wo ist der Rest deines Karnevalvereins?“
    „Die werden noch bekommen, was sie verdienen. Hinter mir stehen Legionen. Ich habe Kontakte zu allen großen Universitäten geknüpft. Wir werden die Hochschulen übernehmen. Nicht morgen, nicht in einem Jahr, vielleicht auch nicht in zwanzig Jahren. Wir sind wie ein Krebsgeschwür, Philip. Irgendwann werden alle wichtigen Positionen mit meinen Brüdern besetzt sein. Niemand wird uns aufhalten. Du nicht, dieser Rensing nicht, und auch diese Abtrünnigen nicht!“
    Seine Stimme hallte donnernd durch den Raum, als ob die letzten Worte einer besonderen Betonung bedurft hatten.
    Als ob …
    „Die anderen Mitglieder. Sie sind hier, habe ich Recht?“
    Das kaltblütige Grinsen in Stefans Gesicht ließ mich erschaudern.
    „Das kann nicht dein Ernst sein!“
    „Das Jüngste Gericht, Philip. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Wie wird es für die Bullen wohl aussehen, wenn sie in diesem Haus, niedergebrannt bis auf die Grundmauern, einen Haufen verkohlter Leichen findet? Es wäre nicht der erste Massenselbstmord einer Horde verrückter Sektenmitglieder.“
    „Das ist Wahnsinn! Tu das nicht, Stefan! Das ist doch verrückt!“
    Er begann, mich zu umkreisen. „Du kannst das nicht verstehen. Ich habe lange gebraucht, um meinen Platz in dieser Welt zu finden. Die Bruderschaft ist ein Surrogat, Philip. Sie ist das Methadon für die akademisch vergiftete Seele. Frank hat es gesagt: Die Universität ist zu einem Bienenstock verkommen. Bevölkert von einfältigen Drohnen.“
    „Du bist einer der Gaukler, vor denen Frank gewarnt hat. Du spielst Gott. Das steht dir nicht zu.“
    „Auf eine gewisse Art bin ich ein Gott. Wir leben nicht in der besten aller möglichen Welten, und ich habe sehr wohl das Recht, mir mein Paralleluniversum zu erschaffen. Ich werde allgegenwärtig und allmächtig sein. Ich bin kein Gaukler, Philip. Ich bin der Übermensch.“
    „Du bist nicht der Erste, der von Elitebildung phantasiert. Das haben andere vor dir getan. Alle sind sie gescheitert. Du bist krank, Stefan.“
    Zwischen dem Aufblitzen der Klinge und ihrem schmatzenden Eindringen in meinen rechten Oberschenkel, verging nur ein Sekundenbruchteil. Ich starrte den Griff des Messers fassungslos an. Die Spitze war bis in die Sitzfläche des Stuhls durchgedrungen. Mein Bein war festgenagelt.
    „Wenn die Betäubung nachlässt, dürfte das überaus schmerzhaft sein. Du wirst nicht lange leiden müssen. Hol das Mädchen her“, wandte Stefan sich an Thomas Geller.
    Geller verließ den Raum. Nach wenigen Minuten war er zurück und trug Eva herein. Er wuchtete sie auf die Tischkante. Als ihr die Decke, in die man sie provisorisch gehüllt hatte, von den Schultern rutschte, konnte ich erkennen, dass auch aus ihrem Rücken eine dünne Nadel ragte. Eva trug nichts außer ihrer Unterwäsche und konnte die Beine ebenso wenig rühren wie ich. Zwei zur Bewegungslosigkeit Verdammte, die demütig auf ihre Hinrichtung warten.
    „Zieh ihr die Kanüle raus“, wies Stefan Carsten an. „Die werden wir nicht mehr brauchen.“
    Evas Atem ging stoßweise. Sie drohte zu hyperventilieren.
    „Lass sie in Ruhe, Stefan, bitte!“, flehte ich.
    „Ist dir mal aufgefallen, dass du über das zweifelhafte Talent verfügst, Menschen, die dir am Herzen liegen, mit in den Abgrund zu reißen? Was ist das für ein Gefühl, wie gelähmt dasitzen zu müssen und zu warten, was passiert? Sag es mir, Philip. Was ist das für ein Gefühl?“
    Eva schrie auf, als Carsten ihr ohne Vorwarnung mit einer raschen
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