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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps
Autoren: Ron Goulart
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eine eigene Zielscheibe aufgestellt und getroffen wird, und nicht, weil man Ihnen sagt, die Geschichte im Kontext mit einer anderen zu lesen. So verfährt Ellery Queen’s {1} nach wie vor. Ich verkaufte früher Parodien an Ellery Queen’s, und sie pflegten die Geschichte, die ich parodierte, mit abzudrucken, ein rechter Wink mit dem Zaunpfahl für den Leser. Außerdem ist es eine einfache ökonomische Frage. Damals bekam ich 25 oder 30 Dollar für eine Parodie von etwa drei Seiten. Ich sagte, warten Sie mal, wenn ich eine Kurzgeschichte für drei oder vier Cents pro Wort schreiben würde, käme ich auf das Doppelte. Allmählich begann ich zu experimentieren und mich umzutun, ob ich andere Arten von Humor beherrschte, die mich ebenfalls befriedigten. So verfaßte ich mehr und mehr Kurzgeschichten. Nach und nach führte das dann zum Roman. Es ist aber sehr schwer, die Komik einen ganzen Roman lang durchzuhalten.
     
    Schweitzer: Aber Ihre Schwanke entstammen alle der zeitgenössischen Kulturszene, wie etwa in Cowboy Heaven, wo es um Hollywood geht, oder Garbage, wo sechs Tom-Mix-Clone vorkommen. Könnte es nicht eine vergleichbare Beschränkung darstellen, daß die Dinge sich verändern und keiner mehr weiß, wer Tom Mix war?
     
    Goulart: Ja, ich habe in Sam Lundwalls Geschichte der Science Fiction gelesen, daß Goulart Dutzende und aber Dutzende von Romanen verfaßt hat über Roboter, die nicht funktionieren, und daß das ja allmählich langweilig würde. Man kann dem Mann keinen Vorwurf machen, auch wenn er unrecht hat, denn ich habe keine Dutzende und aber Dutzende Romane über irgendein Thema verfaßt. Ich habe neunzig Romane geschrieben, von denen nur die Hälfte zur SF gehört, in denen dann jeweils ein Roboter vorkommt, wie ich zugeben muß, aber wie’s nun mal beim Schwank so ist – wenn’s lustig ist, warum nicht? Wenn man mal David Copperfield, Tom Jones oder einen Jeeves-Roman nimmt, dann bleibt der auch noch lustig, selbst wenn man keine Ahnung von der Kultur hat, auf deren Boden Dickens , Fielding oder Wodehouse arbeiteten. Es muß einen natürlichen Ursprung geben. Ich meine, ein Narr bleibt in jedem Jahrhundert ein Narr, und ein Arschloch bleibt ein Arschloch, und wenn ein Kerl geil ist, dann ist er es halt – oder was auch immer. Und wenn einer großkotzig und arrogant ist, so ändern sich mit den Kulturen vielleicht Sprache und Sprechweise, aber man freut sich doch immer, wenn ein Arschloch baden geht. Ich meine, daß in Cowboy Heaven, mit dem herkömmlichen Charakter im Blickpunkt – Held möchte ich ihn nicht nennen –, der Mittler, der den Androiden in den Cowboyhimmel bringen muß, ein naives Kerlchen ist, auch wenn er als Hollywood-Agent agiert, und es klingt vielleicht großtuerisch, aber er ist naiv in der Tradition von Candide und ähnlichen Figuren. Er ist immer noch auf gewisse Weise unschuldig. Cowboy Heaven ist ein gutes Beispiel für die Mechanismen, die ich einsetze: eine mittelmäßige Hauptfigur zu nehmen – keinen Helden, sondern einen Burschen mit seinen menschlichen Beschränkungen – und ihn in eine von Natur aus peinliche Situation zu stellen. Es liegt an der Dummheit eines anderen, doch er ist darin verstrickt. Ich habe das immer und immer wieder angewandt, denn ich glaube, daß die Gesellschaft das mit den meisten Menschen macht. Da sitzen Sie und müssen erklären, warum Ihr Chef ein fehlerhaftes Produkt herstellt, oder Sie arbeiten in einem Restaurant, wo das Essen nicht schmeckt. Sie stehen vorne und müssen es für irgendeinen im Hintergrund einstecken. Ich nehme an, daß das eine Art Komische-Oper-Variante dessen ist, was Phil Dick zum Ausdruck bringen möchte, jene Art von Verschwörung, bei der man sich fragt, wer wem eigentlich was antut. So hat der Bursche in Cowboy Heaven sich in etwas grundlegend Dummes hineinmanövrieren lassen und kommt nicht mehr davon los; es kann jederzeit alles passieren, und das tut es dann für gewöhnlich auch. Das offenkundige Symbol ist die Ähnlichkeit des Roboters mit einem Albatros, der all das symbolisiert, was in seinem Leben schiefgelaufen ist. Schließlich begreift er das und ändert sich, aber ob es dem Leser überlassen bleibt, in welcher Hinsicht er sich ändert, oder ob ich das in einem weiteren Buch ausführe, weiß ich jetzt noch nicht .
     
    Schweitzer: Wenn diese Mechanismen zu Voltaires Zeiten funktionierten und dies auch heute noch so ist, so liegt das wohl vielfach daran, daß man mit einem naiven Charakter die
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