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Das Café am Rande der Welt: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens (German Edition)

Das Café am Rande der Welt: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens (German Edition)

Titel: Das Café am Rande der Welt: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens (German Edition)
Autoren: John Strelecky
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ihre Betreuerin an die Grenzen des Wahnsinns. Ich konnte diese Frau beinahe denken hören, dass sie sich zum letzten Mal freiwillig zu irgendetwas bereit erklärt hatte. Ich selbst war also nur ein kleines Glied in einer langen Kette der Unzufriedenheit.
    Nach weiteren 25 Minuten, in denen nichts vorwärts gegangen war, kam schließlich ein Polizeiauto auf dem grasbewachsenen Mittelstreifen entlanggefahren. Alle paar Hundert Meter blieb das Auto stehen, vermutlich, um den Menschen mitzuteilen, was los war.
    »Ich hoffe für den Fahrer«, dachte ich bei mir, »dass er für einen Aufstand gerüstet ist.«
    Äußerst gespannt warteten wir alle darauf, an die Reihe zu kommen. Als das Auto schließlich bei uns anlangte, erzählte uns eine Polizistin, dass ein Tanklastwagen mit potenziell toxischer Ladung ein paar Meilen vor uns umgekippt und die Straße komplett gesperrt war. So hätten wir nun die Möglichkeit, umzudrehen und eine andere Strecke zu nehmen – obwohl es eigentlich keine echte Alternative gab – oder aber zu warten, bis die Aufräumarbeiten beendet wären. Das würde wahrscheinlich eine weitere Stunde dauern.
    Ich beobachtete, wie die Polizistin zur nächsten Gruppe untröstlicher Fahrer ging. Als der Mann aus dem Minibus erneut damit anfing, dass er sich Sorgen um seine Sechs-Uhr-Reservierung mache, war ich mit meiner Geduld am Ende.
    »So was passiert immer dann, wenn ich versuche, eine Weile von allem wegzukommen«, murmelte ich vor mich hin.
    Ich erklärte meinen neuen Freunden – die im Kindersinne Freunde waren, weil sie sich zufällig in meiner Nähe befanden –, dass meine Frustrationsgrenze erreicht war und ich nun einen anderen Weg suchen würde. Nach einer letzten Bemerkung über seine Sechs-Uhr-Reservierung machte der Minibusbesitzer den Weg für mich frei, ich fuhr über den Mittelstreifen und schlug die entgegengesetzte Richtung ein.
    Vor meiner Abreise hatte ich mir aus dem Internet die Wegbeschreibung ausgedruckt. Dabei war ich mir besonders schlau vorgekommen. »Ich brauche keine Karte«, dachte ich. »Ich muss lediglich diesen einfachen, verständlichen Angaben folgen.« Nun sehnte ich mich nach dem Straßenatlas, der mich früher bei all meinen Fahrten begleitet hatte.
    Ich fuhr also in Richtung Süden los, wobei ich eigentlich nach Norden musste, und meine Frustration wuchs. Aus fünf Meilen ohne Ausfahrt wurden erst 10, dann 20, dann 25 Meilen.
    »Bis ich zu einer Ausfahrt komme, werde ich endgültig keine Ahnung mehr haben, wie ich an mein Ziel kommen soll«, sagte ich laut zu mir selbst – ein Zeichen für meine zunehmend desolate Stimmung.
    Nach 28 Meilen tauchte schließlich eine Ausfahrt auf.
    »Das darf nicht wahr sein«, dachte ich, als ich abbog. »Dies ist wahrscheinlich die einzige Highwayausfahrt auf der ganzen Welt, an der es keine Tankstelle, kein Fast-Food-Restaurant oder irgendetwas anderes gibt.« Ich sah nach links. Da war nichts. Der Blick nach rechts bot die gleiche Leere.
    »O.k.«, sagte ich, »es sieht so aus, als sei es egal, in welche Richtung ich fahre.«
    Ich bog rechts ab und machte mir einen geistigen Vermerk, dass ich nun nach Westen fuhr und bei der nächsten größeren Kreuzung wieder rechts abbiegen musste. Auf diese Weise würde ich zumindest wieder in Richtung Norden fahren. Die Straße hatte zwei Spuren. Die eine brachte mich weiter von dort weg, woher ich gekommen war, die andere brachte mich zurück. Ich war mir wirklich nicht sicher, auf welcher Spur ich sein sollte. Es gab nur sehr wenig Verkehr. Andere Zeichen der Zivilisation waren noch spärlicher gesät. Gelegentlich sah ich ein Haus, ein paar Farmen und sonst nichts als Wälder und Grasflächen.
    Eine Stunde später hatte ich mich heillos verfahren. Die einzigen Kreuzungen, die ich überquert hatte, waren klein und mit der Sorte Straßenschilder markiert, die einem sofort klarmachen, dass man ein Problem hat. Wenn man 40 Meilen lang keinen anderen Menschen gesehen hat und die Straße, auf der man sich befindet, mit dem Wort »Alte« beginnt, wie bei »Alte Landstraße«, dann sieht es gar nicht gut aus.
    Bei der nächsten Kreuzung, die keinesfalls größer war als alle anderen, die ich überquert hatte, bog ich rechts ab. Es war ein Akt der Verzweiflung. Zumindest würde ich in die richtige Himmelsrichtung fahren, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wo ich mich befand. Zu meiner Bestürzung begann der Name dieser Straße ebenfalls mit »Alte«.
    Es ging auf acht Uhr zu, und die Sonne senkte
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