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Das Café am Rande der Welt: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens (German Edition)

Das Café am Rande der Welt: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens (German Edition)

Titel: Das Café am Rande der Welt: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens (German Edition)
Autoren: John Strelecky
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erneut zu sprechen. »Sie haben gesagt, sobald jemand weiß, warum er hier ist – sobald er seinen ZDE kennt –, kann er seine Zeit damit verbringen, Dinge zu tun, die ihn erfüllen. Sie sagten außerdem, dass Menschen, die ihren ZDE nicht kennen, ihre Zeit ebenfalls mit einer Menge von Dingen ausfüllen. Ich schloss daraus, dass sie ihre Zeit mit Dingen verbringen, die ihnen nicht dabei helfen, gemäß ihres ZDE zu leben.«
    »So weit, so gut überlegt! Ich glaube, Sie stehen unmittelbar vor einer größeren Erkenntnis«, sagte Casey.
    »Da könnten Sie Recht haben«, antwortete ich und schmunzelte über ihren freundlichen Sarkasmus.  
    »Ich glaube, die Schildkröte … die grüne Meeresschildkröte … hat Sie Folgendes gelehrt: Wenn man nicht auf das ausgerichtet ist, was man gerne tun möchte, kann man seine Energie mit einer Menge anderer Dinge verschwenden. Wenn sich dann die Gelegenheit bietet, das zu tun, was man möchte, hat man möglicherweise nicht mehr die Kraft oder die Zeit dafür.«
    »Sehr gut«, sagte Casey. »Und ich weiß zu schätzen, dass Sie erkannt haben, dass es sich um eine grüne Meeresschildkröte handelt, anstatt lediglich um eine Schildkröte.« Dann wurde sie ernster. »Es war wirklich ein bedeutender Moment für mich, definitiv eins der ›Aha-Erlebnisse‹ in meinem Leben.«
    »Jeden Tag versuchen so viele Menschen, uns zu überreden, Zeit und Energie für sie aufzubringen. Denken Sie nur einmal an Ihre Post. Wenn Sie sich auf jede Aktivität, jede Verkaufsaktion und jedes Dienstleistungsangebot einlassen würden, worüber Sie informiert werden, hätten Sie keine freie Zeit mehr. Und das ist lediglich Ihre Post. Wenn Sie zudem alle Menschen dazurechnen, die Ihre Aufmerksamkeit auf etwas lenken wollen – beispielsweise auf das Fernsehprogramm, auf Restaurants, Reiseziele … – dann tun Sie möglicherweise bald das, was alle anderen auch tun oder von Ihnen erwarten.
    Als ich zum Strand zurückkam, nachdem ich die Schildkröte den zweiten Tag beobachtet hatte, war ich erfüllt von all diesen Erkenntnissen. Ich setzte mich und hielt diese Gedanken in meinem Notizbuch fest. Ich erkannte, dass die hereinrollenden Wellen in meinem Leben aus all den Leuten, Aktivitäten und Dingen bestehen, die versuchen, meine Aufmerksamkeit, Energie und Zeit für sich zu gewinnen, die aber nichts mit meinem ZDE zu tun haben. Die zurückströmenden Wellen sind die Menschen, Aktivitäten und Dinge, die mir dabei helfen können, meinen ZDE zu   erfüllen. Je mehr Zeit und Energie ich daher auf hereinrollende Wellen verschwende, desto weniger Zeit und Energie bleibt mir für die zurückströmenden Wellen. Seit ich dieses Bild in meinem Kopf habe, betrachte ich die Dinge aus einer anderen Perspektive. Ich entscheide viel bewusster, wie viel ich ›herumpaddele‹ und aus welchem Grund.«
    »Das ist interessant«, sagte ich und dachte über ihre Geschichte nach sowie darüber, wie ich Tag für Tag den Großteil meiner Zeit verbrachte. »Ich verstehe nun, was wir von einer grünen Meeresschildkröte lernen können.«
    Casey stand vom Tisch auf. »Ich dachte mir, dass Sie es wohl verstehen würden. Aber ich glaube, ich halte Sie von Ihrem Frühstück ab. Wie wär’s, wenn ich Sie in Ruhe weiteressen lasse und in einer Weile wiederkomme, um zu sehen, wie es Ihnen geht?«
    »Casey, würden Sie mir ein Stück Papier geben und Ihren Stift leihen, bevor Sie gehen?«
    »Gerne.« Sie nahm den Stift aus ihrer Schürze, riss ein Blatt von ihrem Bestellblock ab und legte beides auf den Tisch.
    »Die Antwort wird Sie verblüffen«, sagte sie augenzwinkernd.
    »Woher wissen Sie …«, wollte ich sie fragen, aber sie war schon auf dem Weg in die Küche.
    Ich begann, verschiedene Zahlen auf das Papier zu schreiben. Durchschnittliche Lebenserwartung von 75 Jahren … Universitätsabschluss mit 22 Jahren … an 6 Tagen pro Woche erhalte ich Post … 16 Stunden bin ich pro Tag wach … 20 Minuten verbringe ich jeden Tag mit der Post …
    Als ich mit meinen Berechnungen fertig war, konnte ich das Ergebnis nicht glauben. Ich rechnete die Zahlen erneut durch und erhielt das gleiche Ergebnis.
    Ich stellte fest, dass Casey mit der Wirkung der hereinrollenden Wellen nicht übertrieben hatte. Wenn ich für die Zeit zwischen meinem Universitätsabschluss und meinem fünfundsiebzigsten Lebensjahr 20 Minuten täglich veranschlagte, um die Post zu öffnen und durchzusehen, die mich eigentlich nicht interessierte, ergab meine Rechnung,
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